Читать книгу Die große Halloween Horror Sammlung November 2021 - Alfred Bekker - Страница 25
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Robert Malloy war in einem dunklen Anzug beerdigt worden. Genau die richtige Garderobe für ein Hotel wie das Shapiro.
Trotzdem fiel er dem Nachtportier viel mehr auf als Mike Tensold mit seiner abgetragenen Lederjacke und der fleckigen Jeans. Tensold hatte als Beruf 'Musiker' ins Gästebuch eingetragen. Das Hotelpersonal war in dieser Hinsicht einiges gewohnt.
Malloy fiel wegen seines eigenartigen Ganges auf. Er wirkte zögernd, unsicher.
Zusammen mit Madeleine betrat er die Eingangshalle des Shapiro.
"Hier sind sie!", sagte er.
Madeleine nickte. "Ja."
"Du spürst ihre Anwesenheit auch, nicht wahr?"
"Ja", hauchte sie. Ein eigenartiger Glanz trat in ihre Augen.
Seine Lippen zuckten, formten etwas, das sehr entfernte Ähnlichkeit mit einem Lächeln hatte.
Der Portier runzelte die Stirn.
Was ist das denn für einer?, ging es ihm durch den Kopf. Irgendetwas stimmte mit dem Mann nicht... Und für die Frau galt dasselbe!
Sie traten an die Rezeption heran.
Der Nachtportier hob die Augenbrauen.
"Sie wünschen?"
Malloy und Madeleine wechselten einen kurzen Blick.
Als keine Antwort kam, meinte der Portier: "Bei Gästen, die ohne Gepäck kommen, muss ich allerdings auf Vorkasse bestehen. Ich denke, dafür haben Sie Verständnis."
Mit einer Schnelligkeit, die der Portier keinem der beiden zugetraut hatte, wurde sein Handgelenk von Malloy gepackt.
"Heh..."
Der Portier verstummte.
Malloys Griff war wie ein Schreibstock.
Er schien über eine geradezu unmenschliche Kraft zu verfügen.
Seine Hand verwandelte sich, ihre Form floss auseinander. Die Finger wurden zu Tentakeln, die den Arm hinauf wuchsen. Innerhalb einer Sekunde reichten sie bis zu den Achseln des Portiers, einen Augenblick später waren sie bereits zum Kopf emporgewachsen. Sie teilten sich. Ein kleineres etwa einen halben Finger dickes Tentakel saugte sich an der Schläfe fest. Ein Zischlaut entstand. Der Blick des Portiers wurde leer und starr.
Die Tentakel zogen sich blitzschnell wieder zurück.
Malloys Hand bekam ihre alte Form zurück.
Er ließ den Portier los.
Dieser wirkte orientierungslos und verwirrt. Er starrte Malloy an, öffnete die Lippen, brachte aber nicht ein einziges Wort heraus.
Er wirkte wie zur Statue gefroren, starrte scheinbar ins Nichts.
Malloy wandte sich an Madeleine.
"Ich weiß jetzt, was >er> wusste!", stellte er fest. "Im dritten Stock wohnen die, auf die die Merkmale zutreffen..."
"Dann hat uns unser >Sinn> nicht im Stich gelassen..."
"Er funktioniert auch hier... Seltsam..."
"Was?"
"Die Bewohner dieser Welt scheinen nichts von der Existenz der Vampire zu wissen..."
"Lass uns keine Zeit verlieren!"
"Ja."
Sie gingen die Treppe hinauf. Weder Madeleine noch Malloy kamen auf den Gedanken, den Lift zu benutzen.
"Eine unvollkommene Art der Verständigung", sagte Malloy plötzlich.
Madeleine sah ihn fragend an.
"Was?"
"Reden."
"Das stimmt."
Sie nahmen immer mehrere Stufen auf einmal. Die Suite im vierten Stock, auf deren gegenwärtige Bewohner die Vampirmerkmale zutrafen, hatten sie schnell erreicht.
Malloy zögerte, bevor er versuchte die Tür zu öffnen.
"Dieser Körper...dieses Gehirn..."
"Hast du es nicht originalgetreu genug nachgebildet?"
"Doch..." Die Karikatur eines Lächelns erschien auf Malloys Gesicht. Es verzog sich zu einer schwer deutbaren Grimasse. "Da sind einige Bewegungsreflexe... Warte!"
Im nächsten Moment trat Malloy die Tür ein, so wie es der Lieutenant Detective bei zahllosen heiklen Einsätzen getan hatte.
Die Tür flog zur Seite.
Die beiden Vampire wirbelten herum.
Ein Ausdruck vollkommener Überraschung stand ihnen ins Gesicht geschrieben.
"Hier sind wir richtig!", sagte Malloy an Madeleine gewandt.
Die beiden betraten die Suite. Sie bewegten sich nicht mit besonderer Eile. Dazu bestand auch kein Grund. Sie wussten, dass die beiden Blutsauger ihnen nicht entkommen konnten.
Der Fluchtweg war ihnen schließlich abgeschnitten.
Tensold wich einen Schritt zurück. McCall erhob sich aus dem Sessel, kaute noch auf ein paar Chips herum.
"Du hättest mir auch sagen können, dass dir Radvanyis Brut so nahe auf den Fersen ist!", beschwerte sich McCall.
Tensold ging derweil zum Angriff über.
Er machte einen Schritt zur Seite, griff sich einen Spieß aus dem Kaminbesteck und stürmte damit auf Malloy zu. Malloy wich blitzschnell zur Seite. Der Stoß ging ins Leere.
Malloy packte den Spieß, riss ihn dem Vampir aus der Hand und schleuderte ihn zur Seite. Das Metall kratzte über den edlen Parkettboden. Tensold wich zurück.
Malloy setzte nach, streckte den Arm nach dem Vampir aus. Und dabei verwandelte er sich in ein langes kräftiges Tentakel, dessen dünnes Ende sich wie eine Peitschenschnur um Tensolds Hals legte.
Tensolds Augen quollen vor Schrecken aus ihren Höhlen.
Malloy - dessen Gestalt jetzt nur noch teilweise menschlich war - zog den Vampir zu sich heran. Auch der andere Arm verwandelte sich in ein Tentakel. Malloy setzte es an der Schläfe ein. Ein Zischlaut war zu hören. Tensold schrie laut auf, als sich ein fingerdickes Tentakelende in seinen Schädel hineinbohrte.
Er ließ das Knie hochfahren, schlug mit aller Kraft auf seinen Gegner ein und versuchte ihn von sich zu stoßen.
Malloy taumelte zurück.
Tensold keuchte. Aus der Wunde an seinen Kopf blutete es.
Gleichzeitig fühlte er eine unheimliche Schwäche. Eine Schwäche, die nichts mit dem zu tun hatte, was mit seinem Körper geschehen war... Die Gedanken wurden langsamer, es fiel ihm schwer, sich zu konzentrieren.
Malloy war durch den Stoß des Vampirs fast bis zur Tür zurückgeschleudert wurden. Er stöhnte auf, erhob sich dann langsam. Einige Augenblicke lang bildete sein Körper eigenartige Formen aus. Tentakelartige Gliedmaßen, die keinen speziellen Zweck zu erfüllen schienen. Dann stabilisierte sich seine Form wieder. Mit einem vollkommen menschlichen Körper erhob sich Malloy wieder. In seinem Gesicht zuckte es. Er warf einen kurzen Blick zu Madeleine, die inzwischen auch zum Angriff übergegangen war. Aber McCall wich ihr aus. Offenbar war der Chips essende Vampir kein großer Kämpfer.
Tensold schnellte ein paar Schritte seitwärts, bückte sich und griff nach dem Kaminspieß.
Er schleuderte ihn wie einen Speer.
Der Spieß bekam durch die übermenschlichen Kräfte des Vampirs eine ungeheure Wucht.
Die Spitze drang durch Malloys Brustkorb hindurch.
Es war ein Akt der Verzweiflung. Natürlich wusste Tensold, dass er einen vampirischen Gegner auf diese Weise nicht zu töten vermochte. Aber immerhin konnte er ihn möglicherweise schwächen. Und in der Zeit, in der er sich regenerierte, war er verwundbar. Verdammt, warum musste dieser Kaminspieß auch aus Gusseisen sein - anstatt aus Holz!
Inzwischen zweifelte Tensold jedoch dran, es überhaupt mit einem Vampir zu tun zu haben. Zwar gab es durchaus auch Vampire, die ihre Körperform zu ändern vermochten, aber von einem tentakelbildenden Monstrum unter seinen Artgenossen hatte der Vampir noch nie etwas gehört.
Er fühlte Schwindel. Alles drehte sich vor seinen Augen.
Mit letzter Kraft hatte er sich aus den Tentakelfängen seines Gegenübers befreit. Er atmete schwer. Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. Er hat dir einen Teil deiner Kraft genommen!, wurde es ihm klar. Auf welche Weise das auch immer geschehen sein mochte...
Der Schmerz an seinem Kopf war höllisch.
Malloy hingegen schien das in seinen Brustkasten eingedrungene Wurfgeschoss wenig auszumachen.
In seinem Gesicht zuckte wieder die Verhöhnung eines menschlichen Lächelns. Er kam näher, ging unerbittlich auf Tensold zu.
Der Vampir ahnte, dass sein Gegenüber die besseren Karten auf seiner Seite hatte.
"Im Gegensatz zu dir kenne ich keinen Schmerz!", sagte Malloy dann gedehnt. Er öffnete den Mund. Eine Art Lachen drang über seine Lippen. Er riss dabei den Mund auf wie ein heulender Wolf.
Dann packte er den Kaminspieß, zog ihn sich aus der Brust heraus.
Blut und grüner Schleim flossen aus der Wunde, die sich schon wieder zu schließen begann. Malloy schleuderte den Spieß in Tensolds Richtung. Er durchbohrte den Vampir, ließ ihn zurücktaumeln und nagelte ihn förmlich an die Wand. Die Spitze steckte in der Holzvertäfelung fest. Tensold schrie laut auf. Einen Augenblick später war Malloy bei ihm. Seine Arme wurden zu Tentakeln, die sich immer wieder teilten. Blitzschnell wuchsen sie und schnürten Tensold regelrecht ein. An mehreren Stellen bohrten sich die Tentakelenden in den Schädel. Aber da hatte Tensold schon gar nicht mehr genug Kraft, um zu schreien. Sein Blick erstarrte wie unter einem Anfall von Katatonie.
Malloy stieß unterdessen ein wohliges Brummen aus.
"Ja, das tut gut!", murmelte er, während er den Strom an mentaler Energie genoss, der jetzt über ihn hereinbrach. Pure Lebenskraft!, dachte Malloy ergriffen. Und in einer Vampirseele war so unvergleichlich viel mehr davon vorhanden als es bei einem der ach so verletzliche anderen Bewohner dieser Welt der Fall war.
Als Malloy schließlich von ihm abließ, hing der Körper des Vampirs schlaff an der Wand. Sein eigenes Gewicht zog schließlich die Spitze des Kaminspießes aus der Wand und ließ den Körper zu Boden fallen. Sehr bleich war er. Die Haut wirkte ausgetrocknet und fast wie mumifiziert. Eine grässliche Veränderung war mit Tensold vor sich gegangen.
Der Blick war gefroren.
Malloy atmete tief durch, wandte sich um und sah Madeleine zu, die es gerade geschafft hatte, Zach MacCall zu Boden zu reißen. Ihre Arme und Beine waren zu Tentakeln geworden und schnürten McCall zusammen. Der Vampir hatte zu langsam reagiert. Sein Kampfstil taugte wohl nur etwas gegen schwache Sterbliche.
Sein Kopf war noch frei.
Verzweifelt versuchte er damit, den sich immer weiter teilenden und verzweigenden Tentakeln auszuweichen. Aber schließlich fixierten diese formlosen Gliedmaßen, die entfernt an Krakenarme erinnerten, den Kopf des Vampirs. An mehreren Stellen setzten sie an. Der Vampir schrie. Aber nicht lange. Dann war auch sein Blick erstarrt.