Читать книгу Die große Halloween Horror Sammlung November 2021 - Alfred Bekker - Страница 39
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Als Moses Jordan seine Garderobe betrat, bekam er einen heftigen Schlag vor der Brust. Einen Sekundenbruchteil später einen zweiten gegen den Kopf. Er wurde zu Boden geschleudert.
Chase hatte auf ihn gewartet. Er verschloss von innen die Garderobentür. Draußen würden Joe Carlito und Fred Lazarre dafür sorgen, dass er sich hier ungestört mit dem Prediger unterhalten konnte.
Jordan erhob sich wieder.
Er hatte die Schläge erstaunlich gut verdaut.
Chase hatte seine Kraft dosiert.
Schließlich wäre ein Sterblicher sofort tot gewesen, wenn der Vampir etwas härter hingelangt hätte.
Und Chase' Absicht war es, sich mit dem selbsternannten Kämpfer gegen die Verdammnis zu unterhalten.
"Erzählen Sie mir alles, was Sie über eine gewisse Nacht zu sagen haben, in der Sie offenbar auf dem Trinity Cemetery geschlafen haben!", forderte Chase. "Andernfalls sehe ich mich gezwungen..."
Ein wütender Knurrlaut war die Antwort von Jordan.
Er streckte die Arme aus. Sie verwandelten sich zu peitschenartigen Fangarmen, die er durch die Luft schleuderte.
Moses Jordan - ein Komori!, durchzuckte es Chase. Du hättest es ahnen können, dachte er. In dem Moment, als er ohne ein einziges weißes Haar auf der Bühne stand, hätte bei dir der Groschen fallen müssen.
Chase duckte sich.
Einer der Fangarme zischte über ihn hinweg, schlug dann in einen der Spiegel hinein, der zu Bruch ging.
Den zweiten tentakelartigen Fangarm fing Chase mit den Händen. Er packte ihn, riss daran. Der Jordan-Komori taumelte auf ihn zu. Chase holte zu einem wuchtigen Tritt aus, der Jordan mit voller Wucht erwischte.
Der bärtige Prediger mit den peitschenartigen Krakententakeln wurde mit unglaublicher Gewalt gegen die Wand geschleudert. Ein halb gurgelnder, halb ächzender Laut kam aus seinem Mund. Chase zögerte keine Sekunde.
Zu gegenwärtig war ihm noch der Kampf mit den beiden Komori, die die Körper von Madeleine und Robert Malloy nachgebildet hatten.
Chase setzte nach, schlug auf den Prediger ein. Seine Fäuste trommelten auf dessen Kopf. Das Geräusch zerbrechender Knochen vermischte sich mit den dumpfen Schlägen.
Moses Jordans Gesicht wurde von Chase regelrecht zu Brei geschlagen. Blut schoss aus der Nase und dem Mund. Blut vermischt mit grünlicher Flüssigkeit. Ein Röcheln ertönte. Das Gesicht veränderte seine Form. Ein konturloser Krakenkopf entstand. Und auch ansonsten begann der Körper seine menschliche Form nicht mehr halten zu können. Die Kleidung zerplatzte an mehreren Stellen.
Der Komori schien stark angeschlagen zu sein.
Aber Chase wusste, dass er noch nicht nachlassen durfte.
Ein Tentakel wuchs plötzlich aus der Körpermitte des Jordan-Komori heraus. Ein heftiger Stoß traf Chase genau vor den Solar Plexus. Er wurde zurückgeschleudert, klatschte gegen die Tür. Der Hinterkopf kam hart gegen das Holz. Eine Platzwunde begann zu bluten.
Das Tentakelwesen schien sich wieder etwas erholt zu haben. Es hatte die menschliche Gestalt nun nahezu komplett aufgegeben, kroch auf Chase zu.
Ein Tentakel zischte wie eine Peitsche durch die Luft, schloss sich um seinen Hals. Ein Ruck, der dem Vampir beinahe das Genick brach, zerrte ihn an das Monstrum heran.
Chase trat um sich. Seine Stiefel trafen mit voller Kraft auf den amorphen Körper seines Gegners. Der Vampir spürte, wie sich der Griff des Tentakelarms um seinen Hals lockerte. Es gelang Chase, sich aus der Umklammerung zu befreien. Er rollte auf dem Boden herum, sprang auf.
Sekundenbruchteile später war Chase wieder in Kampfhaltung. Aber sein Gegenüber war noch nicht wieder bereit. Chase machte ein paar Schritte zur Seite. An der Wand neben dem Waschbecken waren ein paar schwenkbare Handtuchhalter aus Metall an einem Gelenkstück verschraubt.
Chase brach einen davon aus seiner Verankerung.
Er brauchte jetzt eine Waffe, um diesen Kampf endlich für sich entscheiden zu können. Und auch wenn ihm eine Shotgun oder eine Machete in diesem Moment entschieden lieber gewesen wäre.
Manchmal konnte man es sich eben nicht aussuchen.
Chase packte den Handtuchhalter wie einen Dolch mit beiden Händen.
Einer der Tentakel zuckte vor.
Chase wich aus, dann trat er mit dem Stiefel drauf. Ein schmatzendes Geräusch entstand dabei. Blut und grüner Schleim quollen auf den Boden, während Chase mit dem Handtuchhalter zustieß.
Er rammte die Metallstange in den Körper seines Gegners. Die Außenhaut platzte auf und das Metall drang ins Innere. Blut und grüner Schleim spritzten bis zur Decke. Chase riss die Metallstange wieder heraus und stieß erneut zu. Immer wieder. Bis das Wesen aus dem Limbus keine Gegenwehr mehr zeigte. Ein zischendes Geräusch ließ ihn zur Seite springen. Die Säure aus dem Körperinneren des Komori begann, ihn zu zersetzen. Ätzende Dämpfe stiegen auf. Chase rümpfte die Nase, versuchte so wenig wie möglich davon einzuatmen.
Von dem Komori, der Moses Jordans Gestalt angenommen hatte, blieb nichts weiter als ein eigenartiger Abdruck im Fußboden.
Chase ging zur Tür, entriegelte sie und trat hinaus auf den Flur. Die Metallstange ließ er in der Garderobe zurück.
Der Vampir atmete tief durch.
Am Ende des Flurs standen Joe Carlito und Fred Lazarre in der Uniform des Security Service. Wenigstens das hat geklappt!, ging es Chase durch den Kopf. Die beiden hatten ihm zweifellos den Rücken freigehalten. War nur zu hoffen, dass sie schlau genug gewesen waren, um ein gutes Versteck für die Leichen der echten Security Service-Leute gefunden zu haben. Aber es gab hier jede Menge Nebenräume, in denen sie fürs erste nicht gefunden werden würden.
Der Klang eines Gospel-Chors drang aus dem Auditorium. Die Gemeinde sang etwas schief und nicht ganz im Tempo, aber dafür leidenschaftlich mit. Eine ganze Stunde dauerte die Moses Jordan-Show noch. Bald würde man ihn wieder auf der Bühne erwarten. Spätestens dann mussten Chase und seine Freunde auf und davon sein.
Innerlich fluchte Chase.
Die Aktion hatte nicht viel gebracht. Er war kaum schlauer als zuvor.
"Hi Folks! Alles klar?", meinte Chase an Joe Carlito und Fred Lazarre gerichtet.
Die beiden drehten sich zu ihm um, sahen ihn an.
Fred machte einen Schritt auf Chase zu.
"Hallo", sagte er.
"Mein Gesprächspartner war leider nicht sehr redefreudig!", sagte Chase zynisch.
Aus irgendeinem Grund wanderte Chase' Blick zu Boden. Dort waren einige Flecke, die aussahen, als wären sie erstens frisch und zweitens als hätte man versucht, sie in aller Eile zu entfernen.
Das kann alles mögliche sein!, ging es Chase durch den Kopf. >Vielleicht - Blut!>
Er sah in Joe Carlitos kalt glitzernde Augen. Sein Gesicht war starr bis auf ein eigenartiges, unkontrolliertes Zucken unterhalb des linken Auges.
Als Chase die Erkenntnis dämmerte, war es zu spät.
Die Arme der beiden verwandelten sich in Tentakel. Sie verlängerten sich innerhalb von Sekundenbruchteilen, schossen regelrecht auf Chase zu. Es war ein koordinierter Angriff. Eines der Tentakel umfasste seinen Hals, nahm Chase beinahe die Luft zum atmen. Ein anderes umschlang den Oberkörper, ein weiteres schnürte ihm die Beine regelrecht zusammen. Innerhalb von Augenblicken war Chase eingewickelt wie in einem Kokon. Er versuchte sich loszureißen, aber der vereinten Kraft seiner Gegner hatte er nichts entgegenzusetzen. Sie hatten den Vorteil des Angreifers auf ihrer Seite gehabt. Vor wenigen Augenblicken noch, bei dem Kampf in Moses Jordans Kabine, war dieser Vorteil auf Chase' Seite gewesen.
Joe Carlitos Uniform platzte auseinander. Ein Tentakel wuchs aus seinem Brustbein heraus und steuerte zielstrebig auf Chase' Kopf zu. Es teilte sich. An der Schläfe und an verschiedenen anderen Stellen des Kopfes saugten sich die Enden fest.
Nur das nicht!, ging es Chase schaudernd durch den Kopf. Ein mental entleerter Dämmerzustand, aus dem es keine Rettung mehr gab, es sei denn ein barmherziger Vampirjäger machte sich die Mühe, einem den Kopf abzuhacken.
Etwas Schlimmeres konnte Chase sich nicht vorstellen.
Die Tentakelenden begannen, sich in Chase' Kopf hineinzubohren.
Das erste Blut spritzte.
Verdammt!, dachte Chase.
Denn das war er nun wirklich im wahrsten Sinn des Wortes.