Читать книгу Twice - Alfred Broi - Страница 7

IV

Оглавление

Er lebte, soviel wusste er gerade noch.

Denn er spürte zum ersten Mal in seinem Leben wirklich alle Knochen in seinem Leib.

Und er musste eine irrsinnige Menge davon in sich haben, denn die Schmerzen, die sie aussendeten, waren absolut überwältigend, brachten ihn fast um die Besinnung.

Aber nur fast.

Denn da war noch immer die furchtbare, alles überschattende Frage, was zum Teufel nur passiert war, dass diese schreckliche Katastrophe ausgelöst hatte?

Und diese Frage trieb ihn an, ließ ihn nicht ruhen, obwohl sein Körper ganz eindeutig gegen jede Art von Bewegung rebellierte und tierische Schmerzen verursachte.

Doch diese Schmerzen nahm er gern in Kauf, denn neben der Frage nach dem Ursprung des Absturzes, empfand er es als großes Wunder, sich überhaupt bewegen zu können.

Bei all den gewaltigen, irrsinnigen Kräften jeglicher Art, die in den Momenten vor dem Aufschlag, aber ganz speziell danach, auf ihn und seinen Körper gewirkt hatten - haben mussten - wäre es nur mehr als verständlich gewesen, wenn er zerquetscht, zermatscht, zerstört in alle Winde verstreut worden wäre.

Aber ganz im Gegenteil: Je mehr er sich bewegte, desto schneller verschwanden seine Schmerzen und er musste überrascht feststellen, dass er diese Katastrophe bis auf einige Prellungen, Schürf- und Schnittwunden leichter Art beinahe unverletzt überstanden hatte.

Er erhob sich vollständig, versuchte sich in dem Halbdunkel zu orientieren.

Der Aufprall hatte ihn einige Meter aus der Maschine geschleudert.

Überall sah er die zerstörte Hülle des Jumbos, aus der Funken sprühten, Rauch stieg.

Sofort schaute er sich intensiv um, doch außer den lebendigen Flammen der Hölle konnte er kein Lebenszeichen, keine weitere Bewegung erkennen.

Doch das konnte nicht sein. Er hatte überlebt und er wusste nur zu genau, dass dies drei andere auch getan haben mussten.

Er musste sie finden, dann gemeinsam mit Ihnen den Koffer suchen, in dem sich ihre Hoffnungen, ihre Zukunft - ihr Leben - befand, um nach so unendlich langer Zeit endlich sicher zu sein, den Weg allen Irdischen gehen zu können.

Er begann zu laufen, sich von der Unglücksstelle zu entfernen, strebte einem kleinen Hügel entgegen, um von dort aus eine bessere Übersicht zu haben, wurde dabei hektischer, sein Atem ging stoßweise und schwer, er begann zu stöhnen.

Als er die Spitze des Hügels erreicht hatte, gaben seine Beine unter ihm nach und er krachte wuchtig gegen einen Felsbrocken.

Er schrie einmal schmerzhaft auf, atmete dann tief durch und drehte sich wieder in Richtung Absturzstelle.

Und erst jetzt, von dieser etwas erhöhten Position aus, konnte er das gesamte Ausmaß dieser furchtbaren Katastrophe überblicken, als er die völlig zerfetzten, lichterloh brennenden, erzitternden, berstenden, sterbenden Überreste des einst so stolzen Jumbos sehen konnte, wie er systematisch ausgelöscht wurde.

Und beinahe augenblicklich begann er zu weinen, weil er seine Ohnmacht ganz einfach nicht mehr unter Kontrolle bekam, wusste er doch, dass ihre Suche nach dem Leben ein zweites Mal unendlich vielen Umschuldigen den Tod gebracht hatte.

Er hörte die Geräusche einige Meter neben sich mehr zufällig, als er sich ein wenig beruhigt und sein Tränenfluss nachgelassen hatte.

Dann aber registrierte er sie sehr deutlich.

Und war sofort wieder ängstlich, denn er konnte sie nicht einordnen.

Schnell huschte er hinter den Felsbrocken, verharrte dort ohne Atem, aber totaler innerer Anspannung.

Die Geräusche kamen näher. Schleppende Geräusche, so als würde etwas Schweres über den Boden gezogen. Und...und Stimmen!

Er lauschte genauer. Da waren Geräusche wie Husten, Stöhnen, schweres Atmen und dieses schleppende Geräusch. Sie alle übertönten die Stimmen.

Und doch! Je näher sie kamen, desto deutlicher war es.

Schnell erhob er sich, lief den Hügel wieder herunter und konnte kaum glauben, was er sah.

„Jonathan...!“ schoss es aus seinem Munde hervor.

Die beiden stehenden Gestalten hielten abrupt und ziemlich entsetzt in ihrer Bewegung inne. „...Marcus!“ Erst jetzt erkannte er die dritte Gestalt am Boden. Blutüberströmt. Leblos. Es war Carlos.

„Es hat ihn schwer erwischt!“ antwortete Marcus. Sein Blick war tieftraurig, erschöpft, erschlagen.

„Oh, Jonathan, was ist nur passiert?“ Er ging auf seine Freunde zu, die allesamt älter aussahen, als er.

„Ich weiß es nicht Max!“ Jonathan sank zu Boden, seine erschöpften Beine knickten einfach unter ihm weg. „Ich weiß es nicht!“

„Wir hatten es von Anfang an gewusst. Der Kristall war viel zu lange verschollen. Es musste etwas an ihm dran sein. Und unser Interesse war wohl zu offensichtlich. Dass erzeugte Gier. Und Gier macht blind. Wir hätten uns niemals auf diesen Flug einlassen dürfen!“ führte Jonathan weiter aus, während er sich um Carlos kümmerte. „Aber wer konnte denn schon ahnen, dass die Übergabe über den Wolken stattfinden sollte?“ Er zog seine Jacke aus und legte sie Carlos unter den Kopf. „Wir hatten nicht die geringste Chance!“

„Aber...!“ Maxwell wurde wieder nervös. „Was machen wir jetzt?“

Marcus lachte einmal resignierend auf, bevor er antwortete. „Was können wir schon noch tun?“ Er schaute Maxwell direkt in die Augen. „Wir haben verloren, junger Freund!“

„Hör auf so zu reden, Marcus!“ raunzte ihn Jonathan sofort rüde an. „Dein Selbstmitleid nützt Niemandem. Schon gar nicht Carlos. Wir müssen irgendetwas für ihn tun. Er kann zwar nicht sterben, aber er kann immer noch Schmerzen erleiden. Und so wie er aussieht, wäre der Tod für ihn vielleicht doch der bessere Weg, verdammt!“

Marcus schaute voller Mitleid auf seinen Freund, der dort vor ihm blutüberströmt mit halbzerfetztem Körper und unzähligen offenen Wunden lag, wollte Jonathan etwas entgegnen, als sich Carlos Brustkorb einmal deutlich hob und wieder senkte und er einen Wimpernschlag später zu husten begann.

„Scheiße, Mann, nicht husten!“ sagte Jonathan sofort, denn die Bewegung in den inneren Organen trieb nur noch mehr Blut aus ihm heraus.

„Was...?“ Carlos öffnete den Mund, formulierte Worte. „Jonathan? Bist du das?“

„Ja, alter Junge, ich bin es. Beruhige dich!“

„Wo...wo bin...ich?“

„Gute Frage. Keine Ahnung. Irgendwo in der Nähe der Rocky Mountains, schätze ich. Aber es gibt keinen Grund, sich Sorgen zu machen!“ Er lächelte Carlos strahlend an, drehte sich von ihm weg und starrte Marcus an. „Er braucht Hilfe!“

„Ich fühle mich beschissen!“

„Ha, wem sagst du das?“ Jonathan lächelte wieder. „Du siehst auch zum Kotzen aus. Zumindest hast du schon mal besser ausgesehen!“

„Ich hole ihm Medizin, Schmerzmittel, was auch immer. Irgendwas!“ sagte Maxwell plötzlich und erhob sich.

„Was?“ Marcus sprang auf. „Du kannst da nicht mehr hineingehen!“ Er warf einen Blick auf die unzähligen Flammen.

„Aber ich muss es tun!“

„Schon gut, Max!“ Jonathan erhob sich schnell, trat direkt zu ihm. „Ich verstehe dich. Aber wir müssen auch nach dem Kristall suchen. Wenn es noch eine Hoffnung geben sollte, dann nur, wenn wir alle zusammenbleiben!“

„Sucht ihr den Kristall, ich hole Schmerzmittel!“

„Nein, bitte...!“ Carlos hob seine Hand.

„Schon gut Carlos!“ Jonathan ergriff sie und umschloss sie fest. „Max geht deine Schmerzen lindern. Wir suchen den Kristall. Danach werden wir das Beste aus dieser Scheiße machen und endlich unser Ziel erreichen, das wir all die Jahrhunderte so ersehnt haben“

Carlos stöhnte auf. „Lasst mich nicht allein, bitte!“

Jonathan schaute ihm tief in die Augen, bevor er ihm antwortete. „Wir müssen nach dem Kristall suchen. Das weißt du. Andernfalls haben wir doch noch alles verloren!“

„Aber...!“ Tränen schossen ihm ins Gesicht. „Bitte...tut das nicht!“

„Los Max, mach so schnell du kannst!“ Er nickte dem Jüngeren zu, der schaute noch einmal voller Mitleid zu Carlos, dann rannte er davon in Richtung Flugzeugwrack, wo er hoffte, einen Notarztkoffer oder etwas Ähnliches zu finden. Bei all den Verletzungen, die Carlos erlitten hatte, musste er Schmerzen haben, die ihn wahnsinnig machen mussten. Er musste ihm deshalb einfach helfen. Ansonsten wäre der Tod sicherlich doch die bessere Lösung für ihn gewesen.

„Und du mach dir mal keine Sorgen!“ Jonathan wandte sich wieder an Carlos. „Kneif die Arschbaken zusammen und drück uns die Daumen, dann sind wir schneller wieder da, als dir lieb ist. Und dann kannst du endlich sterben, Carlos. Das verspreche ich dir! Wir werden bald sterben und glücklich sein. Mein Wort darauf!“

Ohne auf Antwort zu warten, erhob er sich schnell.

Im selben Moment rief Marcus seinen Namen und deutete in die Dunkelheit, wo man kleine, sich bewegende Lichtpunkte erkennen konnte.

„Was ist das?“ fragte er dann.

„Besuch!“ Marcus schaute ihm direkt ins Gesicht und deutete auf den beleuchteten Militärstützpunkt einige Meilen entfernt. „Wir müssen uns verdammt beeilen!“

„Dann los jetzt!“ Jonathan schob Marcus in Richtung Wrack.

„Wird es Carlos wirklich ohne Schaden überleben, Jonathan?“ fragte Marcus ihn, bevor sie sich trennten.

„Nein...!“ antwortete Jonathan ohne zu zögern, denn er war sehr sicher, dass sein Freund bei seinen Schmerzen den Verstand verlieren würde, bevor Maxwell ihm helfen konnte. „...und ich sei verflucht für diese Lüge!“

Twice

Подняться наверх