Читать книгу extra 3. Deutschland - Der reale Irrsinn ist überall - Alicia Anker - Страница 13
ОглавлениеDer Kletterfelsen von Bad Segeberg
Liebe Leserin, lieber Leser, an dieser Stelle wenden wir uns direkt an Sie. Wir bei extra 3, wir Satiriker, wir jonglieren häufig mit schwierigen und schwer verdaulichen Sachverhalten. Das ist unser Job. Steuerverschwendungen, Behördenirrsinn und Ärger, Ärger, Ärger – wichtig und richtig, darüber zu berichten und zu schreiben. Aber ganz selten, von Zeit zu Zeit, da freuen wir uns über die einfachen Dinge. Wie zum Beispiel über den Kletterfelsen von Bad Segeberg in Schleswig-Holstein. Denn manche Realsatiren erschließen sich sofort, da reicht ein einziges Bild. Und deswegen – ohne weitere Worte zu verlieren – hier für Sie der von der Wohltätigkeitsorganisation Lions Club für einen Kinderspielplatz gestiftete Kletterfelsen von Bad Segeberg. Bitte schön:
Bad Segebergs bestes Stück – der Lions Club hat diesen ganz besonderen Kletterfelsen gesponsert.
Ja, so haben wir auch geguckt, als wir ihn zum ersten Mal gesehen haben. Und die Bad Segeberger auch. Und natürlich die Touristen. Oder wie sagt der Bürgermeister Dieter Schönfeld so schön: »Ich wurde schon gefragt: ›Wo geht’s zum Penis von Bad Segeberg?‹«.
Der Bürgermeister selbst besteht übrigens darauf, dass er in dem Klettergerät keinen Lümmel sieht. Vielleicht hat er einfach noch nicht genau hingesehen. Es ist nämlich eine Frage der Perspektive:
Nur von der Seite betrachtet wirkt der Beton-Koloss wie ein Phallus-Koloss. Trotzdem ist ganz Bad Segeberg in freudiger Erregung. So was hat es hier noch nie gegeben. »Er wird schon der Dödel von Segeberg genannt«, sagt eine Passantin.
Von vorne sieht der Kletterfelsen ganz normal aus. Ausschließlich von der Seite betrachtet ist er ein Objekt der Erregung.
Kai Gräper vom Lions Club gesteht zu, dass man in dem von seinem Verein gestifteten Kletterfelsen durchaus ein männliches Körperteil sehen kann.
Die Stadt ist somit um ein Gesprächsthema reicher, der ortsansässige Lions Club hingegen um rund 20.000 Euro ärmer. So viel hat das Klettergerüst samt Dödel-Imitat nämlich gekostet. Und Kai Gräper, der Präsident vom Lions Club Bad Segeberg, gibt rundheraus zu: »Man kann da auch ein männliches Körperteil, sprich einen Penis, draus sehen.«
»Schleswig-Holstein ist laut Glücksatlas 2016 das glücklichste Bundesland Deutschlands. Die Menschen in Schleswig-Holstein sind am glücklichsten. Warum auch immer. Ich vermute, es ist der große Abstand zu Bayern.«
Sprich: einen Penis, einen Pimmel, Lümmel, Dödel, Schniedel und so weiter. So sieht er nämlich aus. Dass das Ganze so nicht gewollt und ein Missgeschick war, liegt natürlich auf der Hand. Oder wie Gräper sagt: »Wir wollten ein einmaliges Spielgerät schaffen, was es sonst so nicht gibt.«
Das ist ihnen zweifelsfrei gelungen! Trotzdem will der Lions Club noch mal Hand anlegen an das gute Stück. Zu groß ist die Aufregung in Bad Segeberg. Und deswegen kommen extra zwei Spritzbetonexperten (ja, so heißen die tatsächlich) aus Süddeutschland, um den Penis zu beschneiden und so die phallische Seite des Klettergerüsts umzumodellieren. Denn für Gräper ist klar: »Der Penis-Eindruck soll weg!«
Schade! Denn damit verliert Bad Segeberg leider seinen größten touristischen Höhepunkt.
Anreise
Der ehemalige Kletterpenis kann im Zentrum Bad Segebergs bestiegen werden. Er steht auf einem Spielplatz auf der Backofenwiese unweit des Großen Segeberger Sees, erreichbar über die Straße An den Kirchhöfen, 23795 Bad Segeberg. Direkt vor der Wiese befindet sich ein großer Parkplatz.