Читать книгу Die Rosa-Hellblau-Falle - Almut Schnerring - Страница 16

2VON BEGINN AN ZWEI WELTEN

Оглавление

Warum wir schon vor der Geburt Unterschiede machen

Annette habe ich kennengelernt, als wir beide noch studierten. Wir waren Mitte zwanzig, hatten erste Arbeitserfahrungen gesammelt und bereiteten uns auf unsere Prüfungen vor. Auf der Geburtstagsfeier einer Freundin, die nach der Geburt ihres Sohnes wieder zu ihren Eltern gezogen war, diskutierten wir über unsere Vorstellungen von Familie und Karriere. Wir waren uns einig, dass sich Beruf und Kinder nicht ausschließen, denn Hausarbeit und Kindererziehung wollten wir natürlich mit unseren zukünftigen Partnern teilen. Wir waren überzeugt, dass die Männer unserer Generation, mit denen wir uns eine Beziehung vorstellen konnten, diese Haltung längst teilten, sodass wir kein Hindernis sahen, das unseren Plänen im Weg stehen könnte. Zehn Jahre später zog Annette mit ihrem Partner nach New York um. Sie war fertig ausgebildete HNO-Ärztin und hatte in Deutschland eine eigene Praxis, aber sein Arbeitgeber hatte ihm dort eine auf drei Jahre befristete Stelle angeboten, die er nicht ablehnen konnte. Sagt sie. Außerdem, wer sage schon Nein zu einem dreijährigen Auslandsaufenthalt mit bezahltem Umzug, Sprachkurs und allem Drum und Dran? Es sei sowieso ein Fehler gewesen, sich mit einer eigenen Praxis schon so früh auf Beruf und Wohnort festzulegen. In New York kam dann ihr erstes Kind zur Welt. Annettes Mann ist immer noch beim selben Arbeitgeber, die nächste Stufe der Karriereleiter führte ihn nach Hamburg, die Familie zog mit. Heute lebt Annette in München, mit ihrem dritten Kind ist sie gerade in Elternzeit. Ab und zu helfe sie in der Praxis eines Bekannten aus, was leider nur schwer zu organisieren sei, da ihr Mann selten vor 21 Uhr nach Hause komme.

Annettes Geschichte habe ich in den letzten Jahren so und in Variationen immer wieder gehört. Nicht eine der Frauen wurde gezwungen, ihre eigene berufliche Entwicklung der ihres Mannes unterzuordnen, natürlich nicht. Immer haben die Paare einvernehmlich entschieden, dass es so am besten sei für alle Beteiligten, vor allem für die Kinder. Die Gründe dafür sind jeweils andere, aber jede dieser Geschichten endet mit einer längeren Stille, in der die Erzählerin neben mir auf einer Spielplatzbank sitzt, vor einem Schultor steht oder in einer Küche eine Tasse festhält und nachdenklich ins Leere blickt.

Die Rosa-Hellblau-Falle

Подняться наверх