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Kapitel 4: Die Ermittlungen

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Wie vereinbart traf sich das Ermittlerteam in Kendras Büro. Eigentlich war der zweite Stock die,.für Touristen gesperrte, Büroebene. Um für die Gäste erreichbar zu sein, war das Büro der Sicherheitsabteilung im Erdgeschoss bei der Rezeption. So konnten sich Hotelgäste leichter an die zuständige Stelle wenden. Meistens machte Kendra die Arbeit Spaß. Sie mochte die unwichtigen Fälle, bei denen es nicht um Leben und Tod ging. Sie gab den Touristen stets das Gefühl, jede Kleinigkeit ernst zu nehmen. Kendra kümmerte sich gewissenhaft um diverse Anliegen die Sicherheit betreffend. Sie konnte mit fast allen Gästen gut umgehen und schenkte auch den ungehaltenen Touristen noch ein bezauberndes Lächeln, mit dem sie ihr Gegenüber leicht gewinnen konnte. Sie hatte ein hübsches Gesicht mit freundlichen, graublauen Augen. Ihre langen, dunkelbraunen Haare trug sie meist offen und reichten bis zu ihrer Hüfte. Kendra mochte das angenehme Leben auf Inaara und das bisher ruhige Arbeitsumfeld im Hotel Dimension. Jetzt musste sie mit ihren Kollegen einen Mord aufklären. Das machte sie nervös.

Sebastian ergriff als erster das Wort: „Alle Überwachungsbänder von gestern Nacht sind verschwunden! Der zuständige Wachmann hat festgestellt, dass die Bänder von letzter Nacht heute morgen weg waren.“

„Wie werden die Aufzeichnungen denn aufbewahrt?“, wollte Kelly wissen.

„Alle 6 Stunden werden die DV-Bänder gewechselt.....das System ist etwas veraltet. Einmal am Tag werden die gesammelten Bänder in einem separaten Raum zur Lagerung gebracht. Die Bänder von letzter Nacht sind unauffindbar. Das betrifft alle Bänder von fast allen Kameras. Der Überwachungsraum selbst wird nicht kameraüberwacht, ist aber abgeschlossen und den Schlüssel haben nur wenige. Vielleicht hilft uns das weiter...“ Sebastian war sichtlich beunruhigt. Er ahnte, dass sie sich alle in Gefahr befinden könnten. Sebastian fuhr sich nervös mit der Hand durch seine schwarzen Haare und sah die anderen ratlos an. Er sah sehr gut aus. Er hatte dunkelbraune Augen und einen dunklen Teint.

Kelly lächelte ihren Kollegen und guten Freund aufmunternd an und ergriff als nächste das Wort: „Die erste Untersuchung der Leiche hat ergeben, dass das Opfer zuerst niedergeschlagen worden ist. Es gibt einen deutlichen Abdruck in seinem Gesicht – von einer Faust. Ich konnte keine Abwehrverletzungen finden. Vermutlich war er bewusstlos, als ihm die Kehle durchgeschnitten wurde. Der Schlag ins Gesicht hatte ihn wahrscheinlich unerwartet getroffen. Allerdings könnten eventuelle Spuren oder Verletzungen auf den Händen gewesen sein. Die Hände wurden postmortem verbrannt – mit Feuerzeugbenzin übergossen und angezündet. Die Todesursache war jedenfalls verbluten und die Tatwaffe ein scharfes Messer“, beendete Kelly ihren Bericht.

Sandra ergänzte: „Fingerabdrücke oder andere Spuren konnten wir keine finden. Wir haben vorerst nur einen Faustabdruck, aber noch kein Tatwerkzeug. Gestern abend hat Frederick im indischen Restaurant gegessen und ist dann noch in sein Büro gegangen. Seit dem hat ihn niemand gesehen und seine Sekretärin ist unauffindbar.“

Nun begann Kendra zu berichten: „Ich habe den Familienmitgliedern hier auf der Insel gesagt, was passiert ist.“ Alle hörten ihr aufmerksam zu, als sie die Reaktionen der einzelnen Angehörigen schilderte.

Alec, der älteste Sohn des Opfers arbeitete im Management des Hotels. Kendra hatte ihn als ersten aufgesucht und von dem Mord erzählt – ohne genaue Einzelheiten zu nennen. Sie bemühte sich so vorsichtig und schonend wie möglich vorzugehen, aber sie wusste, dass es nichts gab, was sie sagen konnte, dass die Nachricht weniger schlimm machen würde. Sie musterte ihn kurz, als sie nach den richtigen Worten suchte. Alec war groß und sehr schlank. Er lebte mit seiner zweiten Frau und seinen beiden Kindern auf Inaara. Als Kendra ihn über den Tod seines Vaters informierte, war er schockiert. Es dauerte eine Weile bis er reagieren konnte. Er wirkte meist älter als 41 Jahre. In dem Moment fiel das Kendra besonders auf. Sorgenfältchen zeichneten sich deutlich um seine tiefblauen Augen ab. Alec bewahrte seine Fassung, wirkte aber dennoch mitgenommen und stellte Kendra alle möglichen Fragen zum Tathergang, die sie kaum beantworten konnte. Er war damit einverstanden, dass Kendra und Dustin, den Mord mit ihren Mitarbeitern vorerst ohne Hilfe von außen untersuchen sollten.

Dean war der jüngste Spross der Familie. Da er sich für Technik interessierte arbeitete er in der Hotelabteilung, die sich um technische Belange auf Inaara kümmerte. Seit er seinem Vater mitgeteilt hatte, dass er homosexuell war und dieser wenig aufgeschlossen reagiert hatte, war das Verhältnis zwischen den beiden noch angespannter. Die meisten kamen mit Dean trotz seiner verschlossenen und manchmal etwas schroffen Art gut aus. Lange Zeit hatte er eine Beziehung mit einem der U-Boot Piloten vom Hotel Dimension. Als diese in Brüche ging, hatte er sich noch mehr zurückgezogen. Obwohl er mit seinem Vater einige Differenzen hatte, hatte ihn die Nachricht tief erschüttert. Dean fuhr sich mit beiden Händen durch seine kurzen, hellbraunen Locken und hielt einen Moment seinen Kopf. Kendra drückte ihr Mitgefühl aus. Er stellte keine Fragen zum Tathergang, sondern wollte nur alleine gelassen werden.

Sarah war die einzige aus der Familie des Opfers, zu der Kendra eine freundschaftliche Beziehung hatte. Sie war erschrocken, als Kendra sie über den schrecklichen Tod informierte. Sarah konnte ihre Tränen nicht zurückhalten. Kendra legte tröstend einen Arm um ihre Schultern. Sarahs bernsteinfarbene Augen waren gerötet und sie vergrub ihr Gesicht in den Händen. Ihre langen hellbraune Haare, die zu vielen Zöpfen geflochten waren, fielen nach vor. Kendra erkundigte sich, wann Benjamin von seiner Geschäftsreise wieder zurückkommen würde. „Erst nächste Woche“, meinte Sarah. Sie hatte sehr früh ihre Jugendliebe Benjamin geheiratet. Kendra blieb noch eine Weile bei Sarah und schlug ihr vor, sie zu einem ihrer Brüder zu begleiten, damit sie nicht alleine sein würde.

Lisa, die Nichte des Opfers war ebenso überrascht, aber weniger betroffen. Sie legte viel Wert auf ein modisches Äußeres und trug stets teuren Schmuck. Sie hatte nicht gerade die Figur eines Models, aber ein hübsches Gesicht. Ihre hellblonden Haare waren immer dem neuesten Trend angepasst. Lisa wirkte fast kühl, als auch sie Kendra jede Menge Fragen stellte und auf die beunruhigende Tatsache hinwies, dass der Mörder wahrscheinlich noch auf der Insel war. Lisa machte keinen Hehl daraus, dass sie dem „zusammengewürfeltem Team von Amateuren“, wie sie es ausdrückte, nicht zutraute, einen Mord aufzuklären. Sie ließ Kendra noch wissen, dass sie ihren Bruder Niklas informieren werde, aber nicht ihren Vater, zu dem sie keinen Kontakt hatte. Gerade Anton Saarinen, den Bruder des Verstorbenen und Miteigentümer von Inaara, hätten Kendra und ihr Team aber gerne befragt.

„Isabelle kommt laut Lisa erst wieder morgen zurück“, schloss Kendra ihren Bericht.

„Wie schaut es jetzt mit den Besitzverhältnissen und eventuellen Motiven aus?“, wandte sie sich an Dustin.

Dustin sah jünger als 39 Jahre aus. Er war lange Zeit Anwalt gewesen, bevor er nach Inaara kam und die juristischen Abteilung übernahm. Er sah gut aus und legte großen Wert auf ein gepflegtes Erscheinungsbild. Er hatte braune Haare und braune Augen, war nicht besonders groß und sehr schlank. Er galt als intelligenter und zuverlässiger Mitarbeiter. Er leitete die Rechtsabteilung des Hotels, seit es den Betrieb aufgenommen hatte. Dennoch wurde er vom Chef nicht in alle Geschäfte eingeweiht.

„Ich habe mir die Unterlagen aus Fredericks Büro angesehen. Inaara und das Hotel gehören zu 55 % Anton Saarinen, Frederick hatte 45 %, die nun zu gleichen Teilen an seine Kinder gehen. Bisher hatten sie kaum Einfluss auf geschäftliche Entscheidungen und es gab oft Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Familie, darüber wie das Hotel geführt werden sollte. Vermutlich waren seine Söhne mit einigen Geschäftspartnern ihres Vaters nicht einverstanden. Natürlich bekommen sie mit den Anteilen auch mehr Geld… Macht und Geld waren schon oft ein Mordmotiv. Also sind – meiner Meinung nach – alle Kinder vom Direktor irgendwie verdächtig. Isabelle bekommt nur wenig Geld – laut Testament.“ Isabelle war eine umwerfende, wenn auch nicht ganz natürliche Schönheit, die mit den Angestellten wenig Kontakt pflegte. Auch zu den Kindern ihres reichen Liebhabers hatte sie kein besonders enges Verhältnis. Mit Lisa verband sie ein sehr teurer Geschmack und sie hatten eine oberflächliche Freundschaft.

„Das Testament ist zwar schon einige Jahre alt, aber es gibt kein anderes. Unser Direktor hatte auch einige dubiose Geschäftspartner wie es scheint. Theoretisch könnte auch ein Auftragskiller als Tourist auf die Insel gekommen sein und ist längst wieder weg oder sogar noch da. Das ist vorerst alles… Ach ja, seinen Safe konnte ich nicht öffnen und vielleicht sollten wir noch’mal seine Suite genau durchsuchen. Und Anton Saarinen, der Bruder von Frederick kommt nach Inaara. Ich habe ihn erreicht. Das ist jetzt wirklich alles“, sagte Dustin abschließend.

Sandra meinte nachdenklich: „Was machen wir eigentlich mit dem Mörder, wenn wir ihn haben?“

„Gute Frage“, gab Kendra zu. Daran hatte sie noch gar nicht gedacht.

„Bisher hatten wir hier ja höchstens kleinere Diebstähle und einmal eine leichte Körperverletzung. Da konnten wir immer eine Einigung erzielen. Somit hat sich die Frage bisher nie gestellt“, meinte Kendra nachdenklich.

Dustin sagte: „Ich werde mir die Rechtslage noch genau ansehen. Man kann den Täter an sein Herkunftsland oder das des Opfers ausliefern.“

„Wir können den Täter wahrscheinlich nicht hier behalten. Wir haben zwei kleine Gefängniszellen, die aber nur als Ausnüchterungszellen für Randalierende gedacht sind“, sagte Sebastian.

„Nein, das können wir auf keinen Fall. Wir haben hier kein Gericht. Wir können nicht einfach jemanden einsperren. Wenn wir den Täter haben, müssen wir uns an Behörden von einem zuständigen Staat oder Interpol wenden“, meinte Kendra.

„Gut, aber zuerst müssen wir ihn oder sie kriegen. Konzentrieren wir uns darauf“, sagte Sebastian. „Wir haben einen Mörder hier rumlaufen, sofern er nicht längst von der Insel verschwunden ist. Wie gehen wir jetzt weiter vor?“

„Ich habe die Wachposten verstärkt und einen neuen Dienstplan ausgearbeitet. Fast alle Sicherheitsleute machen jetzt Überstunden. Sandra und Kelly sollen weiter nach Spuren am Tatort und auf der Leiche und auch in der Suite von Herrn Saarinen suchen. Dustin, sieh die Geschäftsunterlagen noch einmal durch und versuche etwas über eventuelle Geschäftspartner herauszufinden. Sebastian und ich werden alle befragen und versuchen die verschwundene Sekretärin, Frau Potter, zu finden. Außerdem müssen wir mit Isabelle reden, sobald sie ankommt.“

„Ist es eigentlich sinnvoll, wenn du versuchst ein Täterprofil zu erstellen?“, wollte Kelly von Kendra wissen.

„Nein, das wird nur bei Serien- oder Sexualmorden gemacht. Hier handelt es sich wahrscheinlich um einen ganz gewöhnlichen Konfliktmord. Das heißt, es gibt ein klares Motiv wie Eifersucht oder eine Bereicherung, Täter und Opfer kannten sich. Oder eben ein Auftragsmord, in dem Fall hatte der Auftraggeber dann das Motiv.“

„Also müssen wir nach einem Täter suchen, der von dem Mord profitiert oder das Opfer aus irgendeinem Grund hasste“, fasste Sebastian zusammen.

Tatort: Dimension, Inaara

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