Читать книгу ROCK IM WALD - Ein Norbert-Roman - Andrea Reichart - Страница 6
Kapitel 1
Оглавление„Und das hier ist der neue Schützenkönig. Erkennst du ihn?“ Catrin klickte auf Vergrößern und Felix erschien in Siegerpose auf dem Bildschirm.
„Meine Güte, hat der noch mehr zugenommen?“ Miriam lehnte sich zurück und trank einen Schluck Wein.
„Ich befürchte, ja.“ Catrin legte den Kopf schief und betrachtete stirnrunzelnd ihren Mann in seiner Schützenuniform, umgeben von den wichtigsten Schützenbrüdern ihres kleinen Dorfvereins.
„Solltest du nicht eigentlich neben ihm da oben auf der Bühne stehen, als seine Königin?“, frotzelte Miriam.
„Um Gottes willen, alles, nur das nicht. Ich habe ihm erlaubt“, Catrin vollführte mit der rechten Hand eine würdevolle Geste und neigte ihren Kopf in erhabener Großzügigkeit, „stattdessen seine Kollegin Sabrina zu adeln.“
„Ganz schön riskant, ihm gleich Körbchengröße D zu gestatten.“ Miriam starrte auf den Bildschirm. „Was hat er denn da am Kragen? Ist das eine Rose?“, fragte sie plötzlich.
„Wo?“ Catrin beugte sich vor. „Tatsächlich.“
„Schick!“
Catrin gähnte. „Wer weiß, wer ihm die ins Knopfloch gesteckt hat.“ Lustlos klickte sie sich durch die Onlinegalerie des Schützenvereins.
„Halt! Geh mal zurück – ja, genau. Was ist das?“ Miriam tippte ein Bild an und wies auf etwas Schwarzes vor einem der zahlreichen Rosensträucher, die den Park am See zierten.
Catrin runzelte die Stirn. Was hatte sich der Fotograf nur dabei gedacht, Abfall aufzunehmen? „Das ist sicher ein Müllsack“, sagte sie und wollte weiterklicken, aber Miriam legte die Hand auf ihre.
„Gib mir mal die Maus!“ Mit wenigen Klicks zoomte sie das Bild heran. Ein elegantes schwarzes Damenjäckchen, zusammengeknüllt und halb unter dem blühenden Rosenbusch verborgen, füllte den Bildschirm. Die benutzten und achtlos fortgeworfenen Papiertaschentücher daneben stachen grell ins Auge.
„Na!“, triumphierte Miriam. „Schützenfest-Quickie – da hatte es aber jemand eilig.“ Sie warf den Kopf zurück und lachte. „Nur blöd, wenn man zu besoffen ist, sich wieder richtig anzuziehen! Oder?“ Gut gelaunt klatschte ihre Hand auf Catrins nacktes Knie.
Catrin antwortete nicht, sondern starrte auf die Damenjacke. Das konnte doch nicht wahr sein! Rasch suchte sie das Foto mit Felix und zoomte ihn heran. Dann klickte sie sich zurück zu dem Bild mit der Jacke.
„Sprich mit mir, Catrin. Was ist los?“ Miriam stieß ihr mit dem Ellenbogen liebevoll in die Seite.
„Das ist los!“, schrie Catrin plötzlich auf und tippte wütend mit dem Zeigefinger auf einen kleinen gelben Punkt am Kragen des eleganten, im Dreck liegenden Boleros.
Miriam zuckte die Schultern. „Ich kann nicht erkennen, was das ist“, murmelte sie.
Wortlos stand Catrin auf und kam mit dem Jackett, das sie heute beim Vortrag getragen hatte, zurück. Es ähnelte dem anderen, war aber dunkelblau. Sie hielt ihrer Freundin den Kragen ihrer Jacke unter die Nase.
„Kannst du es jetzt besser erkennen?“, fragte sie bitter. Der kleine Pin, das Erkennungszeichen ihres Vereins, leuchtete wie eine winzige Sonne auf dem dunklen Blau des Stoffes.
„Ach du Scheiße“, flüsterte Miriam. „Der Quickie-Bolero auf eurem Schützenfest gehört einer von uns?“
„Das kannst du wohl laut sagen. Er gehört mir. Er hing in meinem Schrank, als ich fuhr. Und die Rose an Felix’ Revers stammt aus diesem Busch!“ Catrin schleuderte ihr Jackett gegen den Bildschirm. „Mein Mann hat was mit seiner Königin!“