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Kapitel 2

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Wie sie es schaffen sollte, noch drei Tage hierzubleiben, ohne den Verstand zu verlieren, war ihr ein Rätsel.

Wütend rollte sich Catrin auf die Seite und warf einen Blick auf den Wecker. Gerade ein Uhr durch. Miriam war vor einer Stunde gegangen, daheim kroch Felix vermutlich gerade mit Sabrina durchs Gebüsch, auf der Suche nach dem verlorenen Bolero. Und was war mit Diva? Wer kümmerte sich um ihre hochträchtige Hündin? Felix ja ganz offenbar nicht, so, wie es aussah.

Sie hätte sie doch zu Norbert und Claudia geben sollen! Warum hatte sie das eigentlich nicht getan? Immerhin hatte Nobbi Diva gedeckt. Weil sie, Claudia, zu blöd gewesen war, zu erkennen, dass die erste Hitze ihrer Hündin hohe Flammen schlug. Hoch genug, um den lebenslustigen Rüden in Brand zu setzen. Als wenn es nicht schon genug Welpen gäbe.

Verdammt! Wie sie die sanfte Hündin vermisste! Felix hatte so versprochen, gut auf sie achtzugeben. Und jetzt? Jetzt trieb er es hinter ihrem Rücken vermutlich schon seit zwei Tagen mit seiner Kollegin und hatte sicher alles im Kopf, nur nicht Divas Wohl.

Nein, sie musste zurück. Sie war zwar erst heute Morgen angekommen, aber wie man sehen konnte, war sie bereits viel zu lange fort.

Die Tagung würde ohne sie weitergehen müssen. Ganz ausgeschlossen, sich hier mit Autorenkolleginnen zu amüsieren, während Felix ihren Hund vernachlässigte, weil ihm das Hirn im Vollrausch vollends in die Hose gerutscht war.

Entschlossen wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht und stand auf. Eilig riss sie die Schränke auf und nahm ihre Kleidung von den wenigen Bügeln darin. Dann hievte sie den Rollkoffer aufs Bett und begann zu packen.

Wo würde sie nur hingehen? Auf keinen Fall konnte sie mit Felix zusammenbleiben. Nicht nach diesem letzten endgültigen Beweis, dass er ein Schwein war.

Sie griff nach einem Informationsflyer auf dem Schränkchen unter der Garderobe und suchte die Nummer eines Taxiunternehmens. Sie würde sich direkt bis zum Hamburger Hauptbahnhof fahren lassen und einfach hoffen, dass es eine schnelle Verbindung nach NRW gab und sie nicht bis zum Morgen warten musste. Notfalls war aber auch das egal. Hauptsache weg von hier.

Als sie ins Bad ging und ihre wenigen Kosmetikartikel zusammenraffte, hielt sie für einen Moment inne. Die vom Weinen rotunterlaufenen Augen würden sich sicher bald beruhigen, es sei denn, sie brach immer wieder in Tränen aus. Sie würde sich zusammenreißen müssen, denn sie wollte verflucht sein, wenn sie wie das buchstäbliche heulende Elend vor Felix’ Tür erschien.

Mit einigen routinierten Handgriffen steckte sie ihre schulterlangen braunen Haare hoch, dann zog sie sich trotz zitternder Hand halbwegs gerade Lidstriche, tuschte die Wimpern und legte sogar noch ein paar Tropfen Parfüm auf. Ja, das reichte, so konnte sie sich sehen lassen. Und so fühlte sie sich auch wieder etwas selbstbewusster. Selbstbewusst genug, der Nachtwelt von Hamburg zu begegnen.

Wenigstens reise ich erster Klasse, dachte sie erleichtert. Die Lounge am Bahnhof war vielleicht nicht das Hilton, aber allemal besser als eine Bahnhofshalle.

Mit einem letzten Blick überprüfte sie ihre Kleidung. Es war draußen noch immer sommerlich warm, tagsüber waren es immerhin fast dreißig Grad gewesen. Sie hatte sich für ein weißes T-Shirt entschieden, für Jeans und ein paar bequeme Sportschuhe, die sie notfalls bis ans Ende der Welt tragen würden. Den flauschigen, blaugemusterten Reise-Pullover, den ihre Großmutter ihr vor so vielen Jahren als Unterwegs-Talisman gestrickt hatte, band sie um ihre Hüften.

Als sie endlich im Taxi saß, schrieb sie Miriam eine SMS und erklärte ihren überstürzten Aufbruch so gut es ging. Dann schaltete sie das Handy aus. Es war besser, wenn niemand sie erreichen konnte.

Erschöpft schloss sie die Augen und lehnte den Kopf zurück. Sie spürte, wie der Taxifahrer einen skeptischen Seitenblick riskierte, und war froh, dass er ihre verweinten Augen richtig deutete. Sie wollte nicht unterhalten werden.

Kommentarlos schaltete er das musikalische Nachtprogramm des örtlichen Radiosenders ein und trat aufs Gas.

ROCK IM WALD - Ein Norbert-Roman

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