Читать книгу ROCK IM WALD - Ein Norbert-Roman - Andrea Reichart - Страница 9
Kapitel 4
Оглавление„Sieht aus, als wäre dir die Fahrt nach Hamburg richtig gut bekommen“, sagte Ben und sah seinen Bruder aufmerksam von der Seite an, als sie zum Parkplatz gingen.
„Die Rückfahrt vielleicht, der Rest war genauso ätzend, wie erwartet.“
„Na gut, aber jetzt bist du wieder ein freier Mann. Etwas ärmer vielleicht, aber zurück auf dem Junggesellenmarkt. Wir nehmen bereits Wetten an, für wie lange.“
Ben musste sich bemühen, Schritt zu halten mit Wolf. Wie immer. Die zehn Zentimeter, die sein jüngerer Bruder größer war als er, lagen eindeutig in dessen Beinen.
„Müssen wir uns so beeilen?“ Er war schon richtig außer Puste, aber Wolf ließ sich nicht beirren und hielt die Hand auf.
„Ich fahre.“
„Meinetwegen.“ Ben warf ihm den Schlüssel zu.
Mit einem Piepen sprang der Audi R8 ins Leben und der Motor lief bereits, als sich Ben schwer atmend auf den Beifahrersitz gleiten ließ. Wenige Augenblicke später flogen sie über die Landstraße.
„Nun erzähl schon“, forderte er seinen Bruder auf.
„Da gibt es nichts zu erzählen. Karolin behält die Hamburger Wohnung, ich behalte meine Hütte. Die Abfindung dafür, dass sie ohne weitere Ansprüche geht, war wie erwartet. Schmerzhaft. Aber Geld ist eben nicht alles. Ach so, ich bin natürlich aus der Kanzlei ihres Vaters raus. Zwei Partnerschaften an einem Tag beendet, kein schlechter Schnitt, oder?“
„Ganz sicher nicht“, murmelte Ben. So, wie er Karolin einschätzte, hatte er eigentlich damit gerechnet, dass sie Wolf trotz gegenteiliger Absprache am Ende doch das nehmen würde, woran ihm am meisten lag: die Blockhütte im Wald. Sie hatte nie gerne einen Fuß hineingesetzt. Hatte immer die Nase gerümpft und gemeint, sie wäre doch keine Höhlenbewohnerin. Aber wenn sie ihn damit treffen konnte?
Ben seufzte. Endlich war Wolf sie los. Sie hatte eh nie in die Familie gepasst, die feine Anwältin mit der scharfen Zunge und dem Modetick. Warum Wolf ausgerechnet sie vor zehn Jahren vor den Traualtar geführt hatte, war ihm immer ein Rätsel geblieben. Vermutlich lag es am Stress während des Jura-Studiums, der machte offenbar blind. Dass es Liebe gewesen war, die sein Bruder für Karolin empfand, hatte Ben immer bezweifelt.
Er lächelte. Am liebsten hätte er Karolins neuem Liebhaber eine Karte geschickt und „Viel Spaß in der Hölle“ draufgeschrieben, aber dann wiederum hatte er dem Typ und seiner Nachlässigkeit zu verdanken, dass Wolf aufgewacht war. Ließ einfach seine Uhr auf Karolins Nachttisch liegen. So blöd musste man erst einmal sein.
„Wir haben dir im Haus das alte Büro von Vater freigemacht“, sagte er vorsichtig und vermied es, zu Wolf hinüberzusehen.
„Fängst du schon wieder damit an? Ich hab doch gesagt, dass ich mich nicht im Dorf niederlasse.“
„Von irgendwas musst auch du leben und ewig werden deine Reserven nicht reichen. Außerdem können wir einen guten Anwalt gebrauchen, das weißt du genau.“
Wolf schüttelte den Kopf und konzentrierte sich auf die kurvenreiche Straße. „Vergiss es.“
„Ganz sicher nicht.“
Sie schwiegen für eine Weile, dann setzte Ben zu einem neuen Versuch an.
„Die Rückfahrt war also toll? Wie heißt sie?“ Er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als er sah, wie sich Wolfs Miene entspannte und seine Mundwinkel ein wenig nach oben wanderten. Wortlos griff sein Bruder in seine Anzugsjacke, fummelte ein Visitenkärtchen hervor und reichte es ihm.
„Ah, eine Autorin. Na, das ist ja mal eine angenehme Abwechslung.“
„Glücklich verheiratet“, sagte Wolf, aber das Grinsen verschwand nicht.
„Ehrlich?“ Mist. Wenn sein Bruder alles war, aber kein Ehebrecher.
„Catrin Stechler – hab noch nie von der gehört.“
„Dreh mal die Karte um.“
„Candrine Cook? Moment mal! Schreibt die nicht diese Liebesschnulzen?“
Wolf sah ihn an und sein Grinsen wurde breiter. „Wenn ich mich recht erinnere, dann liest Laura die doch, oder?“
Ben räusperte sich. Allerdings. Nacht für Nacht lag seine Holde neben ihm und schmachtete die muskulösen halbnackten Wilden auf den Covern dieser Schmonzetten an. Und gab ihm damit immer wieder wortlos zu verstehen, dass er ruhig mal ins Fitness-Studio gehen durfte.
„Lade die bloß nicht zu uns ein“, sagte Ben und ließ die Visitenkarte zurückgleiten ins Wolfs Jacke.
„Wie ich bereits sagte, glücklich verheiratet. Also beruhige dich.“ Wolf riss das Lenkrad herum und kam mit quietschenden Reifen in der Einfahrt zum Stehen, direkt neben seinem Landrover, den er hier geparkt hatte, ehe er nach Hamburg fuhr.