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ОглавлениеCharme gegen Kriegslust
Antiodemis
Name: Antiodemis
Lebensdaten: wohl 2. Jh. v. Chr.
Tätigkeiten: Mima und Lysissängerin
Besonderheit: früheste namentlich genannte Frau auf einer römischen Bühne
Mit der Person der Antiodemis haben wir ein frühes Beispiel der Völkerverständigung durch Musik und Schauspiel vor uns. Sie machte sich vom heimischen Griechenland auf, um Roms kriegerische Natur durch ihre Auftritte zu bändigen – ein wahrhaft gigantisches Vorhaben!
Wer war das?
Antiodemis war eine Mimenschauspielerin und Lysissängerin (Lysidos halkyonis) aus Paphos an der Westküste Zyperns, weshalb sie auch als „Vögelchen der Paphia“, der Aphrodite, bezeichnet wurde. Sie trat zunächst in ihrer Heimat auf, doch bald stand ihr der Sinn nach mehr: Sie wollte „nach Italien reisen, in der Hoffnung, durch ihren Charme Rom von Krieg und Schwert abbringen zu können“ (Antipater von Sidon, Pal. Ant. 9.567). Leider ist nichts darüber bekannt, ob oder in welchem Ausmaß ihr Erfolg beschieden war. Die Angabe, dass sie aus freien Stücken reisen wollte, impliziert zumindest einen freien Personenstatus. Man hat gerätselt, auf welches kriegerische Ereignis des 2. Jhs. v. Chr. sich diese Missionsabsicht bezogen haben könnte – am wahrscheinlichsten ist die Niederschlagung der griechischen Revolte durch Rom, die 146 v. Chr. mit der Zerstörung von Korinth endete.
Vielleicht hat sie zumindest ein wenig Erfolg gehabt, denn sie war berühmt für ihre einschmeichelnde Stimme, ihre sanften Augen, ihren mitreißenden Charme und die elegante Bewegung ihres Körpers. Besonders ihre Armbewegungen faszinierten die Zuschauer, denn diese ließen es aussehen, als hätte sie überhaupt keine Knochen darin. Ihre große erotische Ausstrahlung ließ sie gerne auf Gastmählern wirken, der von ihr bevorzugten Art des Auftritts.
Männer in Hosenrollen
Frauen auf der Bühne lösten zu fast allen Zeiten Empörung und Misstrauen aus. Römische Mimae (die einzige Sparte, in der in der Antike Frauen auftreten durften) galten als Prostituierte, die neben ihrer Arbeit auf der Bühne auch noch jeden männlichen Verehrer „bedienten“ (s. u. Theodora). Die Mimae galten vielen als Freiwild, wurden oft überfallen oder zum Sex genötigt. Eine solche Anschuldigung, vor Gericht gegen einen Mandanten Ciceros vorgebracht, löste bei letzterem nur ein mildes Lächeln aus – warum sollte man sich mit einer solchen Selbstverständlichkeit wie einer von drei Jugendlichen überfallenen Provinzmimin überhaupt abgeben?
Im griechischen und griechisch beeinflussten Theater wurden die durchaus zahlreichen Frauenrollen von Männern gespielt, von denen sich manche auf diese Art der Darstellung spezialisiert hatten. Erst in der italienischen Renaissance wurden Schauspielerinnen erstmals wirklich geachtet, während im gleichzeitigen England noch immer die Frauenrollen von jungen Männern verkörpert wurden. Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – erfreuten sich „unmoralische“ Auftritte von Frauen zu allen Zeiten größter Beliebtheit.
Dichter wie Plautus und Shakespeare spielten recht gekonnt mit diesem offensichtlichen Widerspruch, indem sie Männer Frauenrollen spielen und sich dabei als Männer verkleiden ließen – und doch hatten manche von ihnen Hemmungen, Liebesszenen zwischen zwei Männern, von denen einer eine Frau darstellt, auf die Bühne zu bringen! Schauspieler galten generell oft als „weibisch“, d. h. die Geschlechterrollen gerieten auf der Bühne in Auflösung, was durch die Darstellung der Frauen durch Männer eher noch verstärkt wurde. Doch dessen war man sich wohl nicht bewusst.
Was bleibt?
Make love, not war in der römischen Republik – einige Dinge sind zeitloser, als manch fortschrittshöriger Mitteleuropäer glauben möchte …