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Leukipp und Demokrit

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Wir wissen nicht viel über Leukipp, er lebte im 5. Jh. v. Chr. und hatte einen sehr bedeutenden Schüler namens Demokrit (ca. 460– 380 v. Chr.), der seine Gedanken aufnahm und fortführte. Leukipp schrieb ein umfassendes Werk, die „Große Weltordnung“, in der er den Grundstein zu einem der wichtigsten Eckpfeiler aller Naturwissenschaft legte, dem Kausalgesetz. Sein Werk ist leider nicht erhalten, nur Fragmente finden sich bei späteren Autoren, namentlich bei Demokrit. Sein bekanntester Ausspruch, der allerdings auch bisweilen Demokrit in den Mund gelegt wird, lautet: „Nichts geschieht von selbst, sondern alles aus einem Grund und unter dem Druck der Notwendigkeit.“

Die Tragweite dieses Satzes kann nur schwer überschätzt werden. Leukipp zufolge gibt es in der Natur keinen Platz für Willkür, auch nicht für die Willkür göttlicher Wesen. Es gibt auch keinen wirklichen Zufall, Zufall bedeutet für Leukipp und Demokrit nur Unwissenheit. Wenn Menschen die Ursachen für bestimmte Ereignisse nicht erkennen können, sprechen sie von „Zufall“, in Wahrheit aber gab und gibt es für alle Ereignisse einen Grund. Das Kausalgesetz ermöglicht letztlich auch erst wissenschaftliches Forschen, und dieses Forschen soll schließlich die verborgenen Gründe für die Phänomene der Natur und der menschlichen Welt liefern.

Die strenge Gültigkeit des Kausalgesetzes führt zum Determinismus, also zu der Auffassung, dass alle Ereignisse „aus Notwendigkeit“ ablaufen müssen und daher von Anfang an auch vorherbestimmt, also determiniert sind. In dieser Auffassung ist dann auch der Mensch nicht mehr frei in seinem Denken und Tun, auch er wird vom Kausalgesetz beherrscht. Er denkt und handelt so wie er handeln muss. Der Siegeszug dieser Denkweise, begonnen von Leukipp und Demokrit, sollte allerdings noch einige Jahrhunderte auf sich warten lassen, denn die übrigen griechischen Denker konnten sich einer solch radikalen Auffassung nicht anschließen, da in dieser Theorie kein Raum für „Freiheit“ blieb. Freiheit aber, was auch immer man unter diesem Begriff verstehen mag, war für Griechen außerordentlich wichtig. Das Gefühl, Herr über sein Schicksal zu sein (zumindest, soweit die Götter es zuließen), war zu wertvoll für das griechische Lebensverständnis, als dass man es als eine Illusion ansehen konnte.

Leukipp und Demokrit gingen auch der Frage nach, wie man sich die Struktur dieser Welt genau vorzustellen habe. Die Welt besteht aus Materie, aber aus was genau besteht Materie? Was geschieht, wenn man Materie immer weiter zerkleinern würde, was käme dabei heraus? Kann man diese Teilung beliebig lange wiederholen, ohne dass sich die Qualität des Stoffes ändert, oder hört die Teilbarkeit irgendwann auf, gibt es einen unteilbaren kleinsten Bestandteil der Materie? Empedokles und seine Vorgänger hätten wohl mehr zu der Antwort tendiert, dass Substanzen beliebig oft teilbar sind und stets dieselbe Substanz bleiben. Sie sahen die Materie als kontinuierlich an. Demokrit und Leukipp waren dagegen anderer Meinung.

Sie waren der Auffassung, dass die Teilbarkeit irgendwann aufhören müsse und die kleinste mögliche Materiemenge irgendwann erreicht sei. Diese kleinsten Bestandteile, aus der die Materie aufgebaut ist, nannten sie Atome. Das Wort kommt aus dem Griechischen atomos und bedeutet „unteilbar“. Sie stellten sich also alle Körper, alle Flüssigkeiten, auch die Luft als aus Atomen zusammengesetzt vor. Diese Atome bewegten sich nun im ansonsten leeren Raum, denn wenn der Raum, in dem sie sich befinden, nicht leer wäre, könnten sie sich ja gar nicht bewegen. Um es mit Demokrit zu sagen:

Nur scheinbar hat ein Ding eine Farbe, nur scheinbar ist es süß oder bitter; in Wirklichkeit gibt es nur Atome im leeren Raum.“

In dieser ersten Atom-Theorie gibt es einen unendlich großen leeren Raum, in dem sich unendlich viele winzige, massive Atome bewegen. Auch damit betreten diese beiden Denker Neuland: Der Weltraum ist unendlich groß. Hatte Empedokles schon die Unendlichkeit der Zeit gepredigt, so setzten Leukipp und Demokrit die Unendlichkeit des Raumes oben drauf. Und in dieser Unendlichkeit ist Platz für viele Welten, so sagt Demokrit: „Es gibt unzählige Welten, die sich durch ihre Größe unterscheiden. In manchen ist weder Sonne noch Mond, in manchen sind sie größer als in unserer Welt, und in manchen gibt es mehr davon.“

All diese unendlich vielen Welten bestünden aus Atomen, die wiederum aus dem gleichen Urstoff zusammengesetzt seien; die verschiedenen Stoffe hätten aber unterschiedlich gestaltete Atome. Das einzelne Atom bleibe immer unverändert, es ändere nur seine Bindungen mit anderen Atomen. Denn alle Atome hätten verschiedene Haken und Ösen, mit denen sie sich untereinander verbinden könnten. Diese Bindungen könnten aber auch wieder gelöst werden, da die Atome in ständiger Bewegung seien, niemals könne ein Atom in Ruhe bleiben.

Von Pythagoras zur Quantenphysik

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