Читать книгу Von Pythagoras zur Quantenphysik - Andreas Hafer - Страница 28
Wissenstransfers
ОглавлениеKulturell lag das katholische Abendland bis in das 2. Jahrtausend eher am Rande. Bedeutender waren andere Mächte. Da war das alte Oströmische Reich mit der Hauptstadt Konstantinopel (dem heutigen Istanbul), zwar christlich wie das Abendland, aber mit einer abweichenden, der „orthodoxen“ Theologie, geführt vom byzantinischen Kaiser.
Und da war vor allem das sich seit dem 7. Jh. rasch ausbreitende muslimische Herrschaftsgebiet, das um die Jahrtausendwende die Arabische Halbinsel, ganz Nordafrika und Palästina und die daran anschließenden östlichen Gebiete und den größten Teil Spaniens umfasste.
Zwar dominierte auch in der muslimischen Kultur der spirituelle Zugang zur Welt, aber es gab (zunächst) eine größere Offenheit für Naturphilosophie und für das Wissen der Antike, das muslimische und jüdische Gelehrte im 7. Jh. aufgrund der wachsenden Kontakte mit dem Byzantinischen Reich wiederentdeckt hatten und dann studierten und weiterentwickelten. Sie übersetzten diese Schriften vor allem ins Arabische. So gelangten sie, versehen mit ausführlichen wissenschaftlichen Kommentaren, mit der islamischen Expansion über Nordafrika nach Westen und damit nach Sizilien und vor allem nach Spanien und so an die Grenzen des katholischen Europas.
Die islamische Wissenschaft des letzten Viertels des 1. Jahrtausends ist ein faszinierendes Kapitel der Wissenschaftsgeschichte. Auf Dauer setzten sich aber in den islamisch beherrschten Gebieten die fundamentalistischen islamischen Theologen durch, die von Anbeginn an dem Wissenschaftsinteresse skeptisch gegenüberstanden. Das lag auch daran, dass im Islam weltliche und geistliche Herrschaft nicht getrennt waren, sodass sich eine einheitliche, wissenschaftsskeptische Haltung durchsetzen konnte.
Die Blüte der islamischen Wissenschaft blieb historische Episode, aber in unserem Zusammenhang ist sie von großer Bedeutung, weil durch sie ein Wissenstransfer nach Europa ermöglicht wurde. Das galt in erster Linie für die Vermittlung antiken Wissens aus dem Mittelmeerraum ins westliche Europa, aber auch für mathematisches Wissen aus Indien.