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c) Besonderheiten bei sog. Kettenumwandlungen

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Die Verkettung unterschiedlicher Umwandlungsvorgänge hintereinander ist insbesondere bei Konzernumstrukturierungen ein wichtiges Instrument der Gestaltung. Die Nacheinanderschaltung erfolgt i.d.R. durch aufschiebende Bedingung der nachfolgenden Umwandlungsvorgänge durch das Wirksamwerden des vorangegangenen Vorgangs. Durch die Frist des § 17 Abs. 2 UmwG kann meistens nur so die fristgerechte Einreichung aller gewollter Umwandlungsvorgänge erreicht werden. Zur Fristwahrung ist es nach h.M. erforderlich, aber auch ausreichend, dass alle Essentialia der einzelnen Umwandlungsvorgänge fristgerecht eingereicht wurden. Da dann im Anschluss der Eintritt der Bedingungen ausschließlich durch den Registervollzug erfolgt und somit der Bedingungseintritt nicht von den Beteiligten beeinflusst werden kann, wird es als unschädlich angesehen, wenn der Bedingungseintritt durch Registereintragung erst nach Fristablauf erfolgt.[109] Es gibt zur Verkettung von Umwandlungsfällen keine gesetzlichen Regelungen, bei der Gestaltung sind jedoch einige wichtige Problembereiche zu beachten, welche häufige Fehlerquellen in der Praxis darstellen:

- Eine wichtige Frage ist, wer an den jeweiligen Beschlussfassungen mitzuwirken hat. Grundsätzlich gilt, dass es für die Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit der gefassten Beschlüsse hinsichtlich der zu beteiligenden Anteilsinhaber allein auf die im Zeitpunkt der Beschlussfassung der Gesellschaft angehörigen Anteilsinhaber ankommt. Eine Beteiligung der (erst nach Eintritt der Bedingung) künftigen Anteilsinhaber ist grundsätzlich nicht erforderlich. Da es jedoch unter verschiedenen Aspekten Treuepflichten geben kann,[110] welche nach Zustimmung zum ersten Umwandlungsvorgang den Anteilsinhabern des übernehmenden Rechtsträgers aus diesem Umwandlungsvorgang gegenüber den Anteilsinhabern des übertragenden Rechtsträgers obliegen,[111] empfiehlt es sich, die künftigen Gesellschafter der Beschlussfassung bereits zustimmen zu lassen[112] oder den weiteren geplanten Umwandlungsvorgang bereits im ersten Umwandlungsvertrag zu dokumentieren.
- Auch im Hinblick auf die formellen Voraussetzungen der Beschlussfassung ist auf die Anforderungen im Zeitpunkt der Beschlussfassung abzustellen. Dies kann insbesondere bei einem Formwechsel innerhalb der Kette relevant sein, da sich hierdurch die Rechtsform des Rechtsträgers ändert. So sind z.B. bei einer in der Kette enthaltenen formwechselnden Umwandlung von einer AG in eine GmbH auch für die Beschlussfassung zu einer dem Formwechsel nachfolgenden Umwandlung die AG-spezifischen Vorschriften zur Vorbereitung und Durchführung der Beschlussfassung zu beachten, falls die Beschlussfassung vor Wirksamwerden des Formwechsels erfolgt; z.B. wären bei einer nachgelagerten Verschmelzung die §§ 60 ff. UmwG anzuwenden, insbesondere wäre somit auch ein Verschmelzungsbericht und eine Verschmelzungsprüfung obligatorisch.[113]
- Hingegen wird für die materiell-rechtlichen Regelungen, welche für die Voraussetzungen des Wirksamwerdens der nachgelagerten Umwandlung maßgeblich sind, vertreten, dass für die nachgelagerte Umwandlung im Vorgriff die Vorschriften des Zielrechtsträgers aus vorgelagerten Umwandlungen (insbesondere beim vorgelagerten Formwechsel) gelten sollen, wenn tatsächlich sichergestellt ist, dass die vorgelagerte Umwandlung vor der nachgelagerten Umwandlung wirksam wird.[114] Somit wären beim vorstehend reflektierten Fall des vorgelagerten Formwechsels von einer AG in eine GmbH mit nachgelagerter Verschmelzung keine Sonderbeschlüsse nach § 65 Abs. 2 UmwG erforderlich und keine Einreichung eines Entwurfs zum Registergericht gem. § 61 UmwG erforderlich.[115] Jedoch müssen bei der vorgelagerten Umwandlung die materiell-rechtlichen Voraussetzungen bis zur Handelsregistereintragung gegeben sein.[116]
- Die Gesellschafterversammlung an sich darf nicht bedingt abgehalten werden, sondern nur die „unbedingt abgehaltene“ Gesellschafterversammlung kann inhaltlich durch das Wirksamwerden anderer Umwandlungsvorgänge bedingte Beschlüsse fassen[117] oder unbedingt einer bedingten Umwandlung zustimmen.
- Eine Registeranmeldung darf selbst nicht bedingt abgegeben werden, aber es kann die unbedingte Anmeldung eines bedingten Umwandlungsvorgangs erfolgen. Nach h.M. sollte eine Bedingung des angemeldeten Umwandlungsvorgangs in der Registeranmeldung wiedergegeben werden.[118]
- Wichtige Fragstellungen ergeben sich bei Kettenumwandlungen auch im Hinblick auf die handelsbilanzielle und steuerliche Rückwirkungsfiktion der einzelnen Umwandlungsvorgänge und die aufzustellenden Schlussbilanzen. - Handelsbilanziell bedeutet der Umwandlungsstichtag den Wechsel der Rechnungslegung i.S. einer Ergebnisabgrenzung. Da nach h.M. der Umwandlungsstichtag (zumindest bei Buchwertverknüpfung) untrennbar mit dem Stichtag der Schlussbilanz gem. § 17 Abs. 2 UmwG verbunden ist, da die Schlussbilanz auf den Stichtag unmittelbar vor dem Umwandlungsstichtag aufzustellen ist, ergibt sich bei Kettenumwandlungen häufig die Notwendigkeit, alle Umwandlungsvorgänge auf denselben Stichtag zu beziehen, da der Stichtag der Schlussbilanz identisch ist. Eine Festlegung der Reihenfolge beim jeweiligen Umwandlungsstichtag (z.B. 0:00 h, 0:01 h, 0:02 h) ist hierbei nicht erforderlich, da der Wechsel der Rechnungslegung sich nur schuldrechtlich auf den Umwandlungsstichtag zurückbezieht.[119] Bei der Erstellung der Schlussbilanzen ist zu beachten, dass die nachgelagerten Umwandlungsvorgänge als Geschäftsvorfall anzusehen sind, der nach dem Stichtag als für Rechnung der Übernehmerin vorgenommen gilt; d.h. diese finden sich in der Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers der nachfolgenden Umwandlung nicht wieder.[120] - Für die Schlussbilanz ist zu beachten, dass nach zwischenzeitlich h.M. die übernehmende Gesellschaft am Stichtag der Schlussbilanz weder bereits existent gewesen sein muss noch in der Rechtsform bestanden haben muss, welcher dem Umwandlungsvorgang zugrunde gelegt wird.[121] Beim übertragenden Rechtsträger ist zu unterscheiden, ob dieser zum Stichtag der Schlussbilanz als Rechtssubjekt bestand, das buchführungs- und bilanzierungspflichtig war oder freiwillige Abschlüsse erstellt hat, oder ob der übertragende Rechtsträger zum Stichtag der Schlussbilanz noch gar nicht existent war. Im ersteren Fall ist die Aufstellung der Schlussbilanz unproblematisch, auch wenn die Rechtsform sich bis zur Durchführung des Umwandlungsvorgangs (z.B. durch einen vorgeschalteten Umwandlungsvorgang) noch geändert hat. Die Aufstellung einer Schlussbilanz durch einen im Zeitpunkt des Bilanzstichtags noch nicht existenten Rechtsträger wird häufig abgelehnt, da der übertragende Rechtsträger zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht buchführungsfähig war.[122] Nach m.E. richtiger Meinung wird jedoch zunehmend die Rückbeziehung auf einen Stichtag für zulässig angesehen, in welchem der übertragende Rechtsträger handelsrechtlich noch nicht existiert hat,[123] da auch die steuerliche Rückwirkungsfiktion keinen gesellschaftsrechtlich bereits existenten Rechtsträger am Rückwirkungsstichtag voraussetzt.[124] - Hinsichtlich der steuerlichen Rückwirkung ist eine Reihenfolge bei Kettenumwandlungen erforderlich, da dies für die Einkommensermittlung der beteiligten Rechtsträger maßgeblich ist.[125] Es wird diskutiert, ob bei Kettenumwandlungen auf denselben Rückwirkungsstichtag den beteiligten Rechtsträgern ein Bestimmungsrecht für die juristische Reihenfolge der einzelnen Vorgänge zusteht[126] oder ob allein die Reihenfolge der Handelsregistereintragungen maßgeblich ist.[127] Im Hinblick auf den noch nicht entschiedenen Meinungsstreit sollte der Notar und der beratende Anwalt darauf bedacht sein, dass durch bedingte Umwandlungsverträge, -beschlüsse und entspr. Anmeldungen die Abfolge des zivilrechtlichen Wirksamwerdens der beabsichtigten steuerlichen Reihenfolge entspricht.
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