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III. Wirkung von Fehlern im Umwandlungsverfahren

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Bei möglichen Fehlern im Umwandlungsverfahren muss unterschieden werden zwischen Fehlern, welche geheilt werden können (vgl. für die Verschmelzung § 20 Abs. 1 Nr. 4 UmwG und § 20 Abs. 2 UmwG), Fehlern, die durch den Bestandsschutz der Umwandlungseintragung keine (volle) Wirkung mehr entfalten können, und Fehlern, die trotz Eintragung des Umwandlungsvorgangs auf diesen durchschlagen.[301] Die Heilungswirkung erfasst jedoch nur die vom UmwG vorgesehenen Wirkungen; andere Rechtsänderungen (z.B. das Ausscheiden oder der Neueintritt eines Gesellschafters uno acto mit der Verschmelzung und außerhalb der Anteilsgewährung oder der Vermögenserwerb durch einen nicht an der Umwandlung beteiligten Rechtsträger[302]) sind nicht erfasst.[303] Die nachfolgende Tabelle soll über die wichtigsten diesbezüglichen Regelungen des Umwandlungsrechts eine Übersicht bieten:

Verfahrensschritt, der mit Mangel behaftet ist Art des Mangels Rechtsfolge des Mangels a) Rechtsmittel b) Heilungsmöglichkeit / Bestandsschutz
Verschmelzungsvertrag Formfehler; auch Nichtbeurkundung von Nebenabreden und Nachträgen. Nichtigkeit gem. § 125 BGB a) Nichtigkeitsklage oder Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses gem. §§ 14 UmwG unter Wahrung der Monatsfrist. b) Heilung nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 UmwG durch Eintragung,[304] bei außerhalb der Urkunde getroffenen Abreden jedoch nur, soweit diese den Anteilsinhabern zur Entscheidung vorgelegen haben.[305]
Abschlussmängel Anfechtbarkeit der Willenserklärungen a) Anfechtung nach den §§ 119 f., 123 BGB innerhalb der Fristen der §§ 121, 124 BGB (nicht §§ 241 ff. AktG) b) Sehr str. ist der Umfang des Bestandsschutzes nach § 20 Abs. 2 UmwG durch Eintragung in Bezug auf Anfechtbarkeit.[306]
Inhaltsmängel, insbesondere Fehlen notwendiger Angaben. Fehlen der Angaben nach § 5 Abs. 1 Nr. 1–3 UmwG bewirkt Nichtigkeit des Vertrages wegen Fehlen von essentialia des Vertrages und somit der Nichtigkeit der Verschmelzung insgesamt. a) Nichtigkeitsklage nach allg. Grundsätzen; sehr str., vgl hierzu auch 3. Kap. Rn. 13. b) keine Heilungswirkung nach § 20 Abs. 2 UmwG durch Eintragung (sehr str.).[307]
Fehlen der Angaben nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 UmwG bewirkt lediglich Vollzugshindernis, da das Registergericht im öffentl. Interesse die Vollständigkeit zu kontrollieren hat. a) keine Anfechtungsmöglichkeit für Anteilsinhaber (str.[308]) und Arbeitnehmervertretungen (h.M.[309]). b) Bestandsschutz nach § 20 Abs. 2 UmwG durch Eintragung.
Fehlen übriger Angaben nach § 5 UmwG bewirkt nur Anfechtbarkeit der Zustimmungsbeschlüsse.[310] a) Klage gegen die Wirksamkeit des Zustimmungsbeschlusses gem. § 14 UmwG unter Wahrung der Monatsfrist. b) Bestandsschutz nach § 20 Abs. 2 UmwG durch Eintragung.
Verschmelzungsbeschluss, Spaltungsbeschluss, Formwechselbeschluss (Umwandlungsbeschluss) Formelle Mängel Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit vgl. Fn 328 a) Klage gegen die Wirksamkeit des Beschlusses gem. §§ 14 bzw. 195 UmwG unter Wahrung der Monatsfrist.[311] b) Heilung nach § 20 Abs. 1 Nr. 4, § 131 Abs. 1 Nr. 4 oder § 202 Abs. 1 Nr. 3 UmwG durch Eintragung
Stimmabgabemängel Anfechtbarkeit a) Anfechtung der Stimmabgabe gem. §§ 119 f., 123 BGB innerhalb der Fristen der §§ 121, 124 BGB zugleich aber auch unter Beachtung der Frist der §§ 14 Abs. 1, 195 Abs. 1 UmwG (str.[312]); wäre ohne die angefochtene Stimme nicht die erforderliche Mehrheit erreicht worden, kommt auch der Verschmelzungsvertrag zu Fall.[313] b) Bestandsschutz nach §§ 20 Abs. 2, 131 Abs. 2 oder 202 Abs. 3 UmwG durch Eintragung (str.).[314]
Materieller Beschlussmangel; hierzu gehört auch, wenn dem Zustimmungsbeschluss kein ordnungsgemäßer Verschmelzungsvertrag, Spaltungsvertrag zugrunde lag;[315] jedoch gesetzlich ausgeschlossen gem. §§ 14 Abs. 2, 195 Abs. 2 UmwG ist die Anfechtung des Beschlusses des übertragenden Rechtsträgers durch dessen Anteilsinhaber wegen Unangemessenheit des Umtauschverhältnisses oder der Gegenleistung, vgl. hierzu das Spruchverfahren Rn. 100.[316] Anfechtbarkeit a) Klage gegen die Wirksamkeit des Beschlusses gem. §§ 14 bzw. 195 UmwG unter Wahrung der Monatsfrist. b) Bestandsschutz nach §§ 20 Abs. 2, 131 Abs. 2 oder 202 Abs. 3 UmwG durch Eintragung.
Verstoß gegen das Kapitalerhöhungsverbot des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwG. Nichtigkeit entsprechend § 241 Nr. 3 AktG.[317] a) Klage gegen die Wirksamkeit des Zustimmungsbeschlusses gem. § 14 UmwG unter Wahrung der Monatsfrist.
b) Bestandsschutz nach § 20 Abs. 2 UmwG durch Eintragung. Die übernehmende Gesellschaft erwirbt eigene Anteile aus der Kapitalerhöhung (str.[318]), für welche jedoch wohl entspr. § 71c AktG eine unverzügl. Veräußerungspflicht besteht.
Verstoß gegen das Kapitalerhöhungsverbot des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 UmwG. Anfechtbarkeit des Verschmelzungsbeschlusses. Wie vorstehend
Verstoß gegen die Stückelungs- und Teilungsvorschriften des § 54 Abs. 3 UmwG und gegen § 54 Abs. 4 UmwG (bare Zuzahlung). Entsprechende Bestimmung des Verschmelzungsvertrages ist nichtig; Anfechtbarkeit des hierauf bezogenen Verschmelzungsbeschlusses. a) Klage gegen die Wirksamkeit des Zustimmungsbeschlusses gem. § 14 UmwG unter Wahrung der Monatsfrist. b) Bestandsschutz nach § 20 Abs. 2 UmwG durch Eintragung; bei den baren Zuzahlungen ist jedoch davon auszugehen, dass diese nicht an die Gesellschafter geleistet werden dürfen, ansonsten ist von einer verdeckten Gewinnausschüttung an die betroffenen Gesellschafter auszugehen.[319]
Verstoß gegen die gem. § 35 UmwG erforderliche Bezeichnung unbekannter Aktionäre. Entsprechende Bestimmung des Verschmelzungsvertrages/Umwandlungsbeschlusses ist nichtig; Anfechtbarkeit des hierauf bezogenen Beschlusses. a) Klage gegen die Wirksamkeit des Beschlusses gem. §§ 14 bzw. 195 UmwG unter Wahrung der Monatsfrist. b) Bestandsschutz nach §§ 20 Abs. 2, 131 Abs. 2 oder 202 Abs. 3 UmwG durch Eintragung.
Zustimmungserfordernis gem. § 128 UmwG Fehlen/nicht wirksame Abgabe von Zustimmungserklärungen einzelner Anteilsinhaber. Der Spaltungsbeschluss und der Spaltungsvertrag/Spaltungsplan sind schwebend unwirksam. a) Klage gegen die Wirksamkeit des Zustimmungsbeschlusses gem. § 14 UmwG unter Wahrung der Monatsfrist.[320]
b) Heilung nach § 131 Abs. 1 Nr. 4 UmwG bei Formmängeln, Bestandsschutz nach § 131 Abs. 2 UmwG bei sonstigen Mängeln durch Eintragung.
Spaltungsbericht Fehlerhafter Spaltungsbericht, z.B. durch verfehlte Zusammenfassung nach § 127 Abs. 1 2. HS UmwG. Führt bei Kapitalgesellschaften i.d.R. zur Anfechtbarkeit des Spaltungsbeschlusses, vorausgesetzt der Beschluss beruht (auch) auf dem Berichtsmangel; bei Personenhandelsgesellschaften ist die Nichtigkeit des Spaltungsbeschlusses gegeben, welche jedoch nach Fristablauf des § 14 UmwG nicht mehr geltend gemacht werden kann. a) Klage gegen die Wirksamkeit des Zustimmungsbeschlusses gem. § 14 UmwG unter Wahrung der Monatsfrist. b) Bestandsschutz nach § 131 Abs. 2 UmwG durch Eintragung.
Ausgliederung (Eintragung) Eintragung der Ausgliederung aus dem Unternehmen des Einzelkaufmanns, trotz Überschuldung, entgegen § 152 S. 2 UmwG. Bei Ausgliederung zur Neugründung evtl. Insolvenzgrund für neue Gesellschaft gegeben, § 19 Abs. 2 InsO. a) Nichtigkeitsklage wegen Verstoß gegen § 160 Abs. 2 UmwG ist nicht möglich.[321] b) Wirksamkeit der Ausgliederung gem. § 131 Abs. 2 UmwG.
Formwechsel, Unterrichtung der Gesellschafter gem. § 216 UmwG Die Gesellschafter sind nicht rechtzeitig oder nicht vollständig gem. § 216 UmwG unterrichtet worden. Der Beschluss ist unwirksam.[322] a) Nichtigkeitsklage nach allg. Grundsätzen. b) Bestandsschutz gem. § 202 Abs. 3 UmwG.[323]
Formwechsel (Eintragung) Eintragung eines Formwechsels in analoger Anwendung der Vorschriften des UmwG für einen nicht formwechselfähigen Rechtsträger unter Verstoß gegen das Analogieverbot des § 1 Abs. 2 UmwG; Rückabwicklung/Löschung unter Berücksichtigung der allg. gesellschaftsrechtl. Grundsätze für Rückabwicklungen von Gesellschaftsgründungen.[324] Kein Bestandsschutz gem. § 202 Abs. 3 UmwG.[325]
Formwechsel (Eintragung) Eintragung einer gegen den Identitätsgrundsatz verstoßenden formwechselnden Umwandlung (soweit diese überhaupt unzulässig ist, vgl. hierzu 5. Kap. Rn. 5). Beitritt oder Ausscheiden des betr. Gesellschafters unwirksam. Bestandsschutz nach § 202 Abs. 3 UmwG.

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Ein besonderes Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit ist in dem Gesetz über das gesellschaftsrechtliche Spruchverfahren (SpruchG) geregelt. Das Verfahren betrifft u.a. die Umwandlungsvorgänge, in welchen es zu einem Tausch der Anteile oder zu einem Wechsel der Mitgliedschaft kommen kann. Im Einzelnen können die Anteilsinhaber im Spruchverfahren gem. § 1 Nr. 4 SpruchG folgende Mängel im Umwandlungsvorgang geltend machen:[326]

- das Umtauschverhältnis bei Verschmelzungen gem. § 15 UmwG sowie Auf- und Abspaltungen gem. §§ 125, 15 UmwG ist zu niedrig bemessen;
- die anzubietende Barabfindung bei einer Verschmelzung, Auf- oder Abspaltung gem. §§ 29, 125 UmwG sei zu niedrig bemessen oder nicht oder nicht ordnungsgemäß gem. §§ 34, 125 UmwG angeboten worden;
- die Gegenleistung im Falle einer Vermögensübertragung sei nicht oder zu niedrig gem. §§ 176–181, 184, 186 UmwG festgesetzt worden;
- die anzubietende Barabfindung im Falle einer Vermögensübertragung sei zu niedrig bemessen oder die Barabfindung nicht oder nicht ordnungsgemäß gem. §§ 176–181, 184, 186 UmwG angeboten worden;
- bei einem Formwechsel sei der neue Anteil zu niedrig bemessen oder die Mitgliedschaft stelle keinen ausreichenden Gegenwert für die Anteile oder die Mitgliedschaft bei dem formwechselnden Rechtsträger gem. § 196 UmwG dar;[327]
- die anzubietende Barabfindung im Falle des Formwechsels sei zu niedrig bemessen oder die Barabfindung sei nicht oder nicht ordnungsgemäß gem. § 212 UmwG angeboten worden.[328]

Das Spruchverfahren (1. Instanz = Landgericht, Beschwerdeinstanz = Oberlandesgericht) ist der ausschließliche Rechtsbehelf zur Überprüfung der Angemessenheit des Gegenwerts für die Beteiligung und der Barabfindung. Gem. den §§ 14 Abs. 2, 32, 176–181, 184, 186, 195 Abs. 2, 210 122h Abs. 1 UmwG ist im Anwendungsbereich des Spruchverfahrens ausgeschlossen, dass eine Klage gegen die Wirksamkeit des der Umwandlungsmaßnahme zugrunde liegenden Beschlusses auf den Gegenstand des Spruchverfahrens gestützt wird.[329]

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Bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen gem. den §§ 122a ff. UmwG findet das Spruchverfahren nur Anwendung in folgenden Fällen:

- In Bezug auf die Kontrolle und Änderung des Umtauschverhältnisses [330] - für die Anteilsinhaber eines inländischen übertragenden Rechtsträgers, wenn die Rechtsordnung des EU/EWR-Staates der anderen an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften ein solches Verfahren nicht kennt und die Anteilsinhaber dieser Gesellschaften der Anwendung der §§ 14 Abs. 2 und 15 UmwG ausdrücklich zugestimmt haben,[331] vgl. § 122h Abs. 1 UmwG; - für die Anteilsinhaber eines inländischen übertragenden Rechtsträgers, wenn die Rechtsordnung des EU/EWR-Staates der anderen an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften ein vergleichbares Verfahren[332] kennt; - für die Anteilsinhaber eines ausländischen übertragenden Rechtsträgers, wenn die Rechtsordnung des EU/EWR-Staates dieser beteiligten Gesellschaften ein vergleichbares Verfahren kennt und die Zuständigkeit der deutschen Gerichte international gegeben ist; vgl. § 122h Abs. 2 UmwG.
- In Bezug auf die Kontrolle und Änderung der Barabfindung für einen ausscheidenden Gesellschafter[333] - für die Anteilsinhaber eines inländischen übertragenden Rechtsträgers, wenn die Rechtsordnung des EU/EWR-Staates der anderen an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften ein Verfahren zur Abfindung von Minderheitsgesellschaftern nicht kennt und die Anteilsinhaber dieser Gesellschaften der Anwendung der §§ 32 und 34 UmwG ausdrücklich zugestimmt haben,[334] vgl. § 122i Abs. 2 S. 1 UmwG; - für die Anteilsinhaber eines inländischen übertragenden Rechtsträgers, wenn die Rechtsordnung des EU/EWR-Staates der anderen an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaften ein Verfahren zur Abfindung von Minderheitsgesellschaftern kennt;[335] - für die Anteilsinhaber eines ausländischen übertragenden Rechtsträgers, wenn die Rechtsordnung des EU/EWR-Staates dieser beteiligten Gesellschaften ein Verfahren zur Abfindung von Minderheitsgesellschaftern kennt und die Zuständigkeit der deutschen Gerichte international gegeben ist; vgl. § 122i Abs. 2 S. 2 UmwG.

102

Es empfiehlt sich, in den Verschmelzungsplan oder dessen Entwurf eine Bestimmung aufzunehmen, nach der die Parteien vereinbaren, dass die Erhebung einer Klage in Bezug auf ein fehlerhaftes Umtauschverhältnisses ausgeschlossen sein soll und statt dessen das Spruchverfahren zur Anwendung kommen soll.[336]

103

Soweit das Spruchverfahren keine Anwendung findet, können die Anteilsinhaber nur wegen des zu niedrigen Umtauschverhältnisses oder des zu niedrigen Barabfindungsangebots den Verschmelzungsbeschluss anfechten, was zur Registersperre führt, vgl. hierzu nachfolgend 3. Kap. Rn. 44.

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