Читать книгу Häuptling Schlappschritt - Andreas Safft - Страница 13
ОглавлениеSchön, wenn der Schmerz nachlässt
Was aus meiner ersten richtig großen Laufverletzung geworden ist und warum ich ziemlich gereizt war.
Wenn etwas weh tut, dann muss man pausieren – das weiß jeder vernünftige Läufer. Aber wer ist schon vernünftig? Orthopäden und Chirurgen wollen ja auch leben. Kopfschüttelnd habe ich bisher beobachtet, wie andere ihre Sehnen und Gelenke quälen, bis sie quasi die Krücken bestellen können. Jetzt aber gehöre ich zu den anderen.
Es fängt so harmlos an. Eine kleine Runde am Elbe-Seitenkanal, ein plötzlicher Schmerz im linken Fuß. Ich humple nach Hause und denke: Klar, das liegt an den alten, verschlissenen Schuhen – weg mit ihnen. Ein paar Tage später: Mein Fuß meldet sich wieder mit einem unangenehmen Ziehen am Kanal. Da habe ich mir wohl etwas zu viel zugemutet. Jetzt also eine ganz langsame Runde. Aua! Diesmal komme ich gar nicht erst bis zum Kanal.
Nichts läuft mehr außer meinem Angstschweiß. Denn neun Wochen vor dem Marathon-Debüt geht man nicht einfach zum Arzt. Ich weiß genau, was der sagt. Das, was Ärzte, die eh höchstens Golf spielen, gern erzählen. Das, was ich überhaupt nicht gern höre. „Sport ist halt Mord“, jubiliert meine Gute, „deinen Marathon kannst du vergessen“. Empathie hört sich anders an.
Nach einem weiteren Humpel-Tag gebe ich die Vokabeln Mittelfuß, Verletzung und Marathon in die Suchmaschine ein. O Schreck, die ersten von gut 5110 Treffern gefallen mir gar nicht. Ermüdungsbruch, Marschfraktur, Haarriss, Splitterbruch. Au weia. Olympia-Qualifikation, gute Nacht. Mir dämmert’s langsam, dass es ohne Doktor nicht einmal mehr für den nächsten Lüneburger Tiergartenlauf reichen könnte. Also hin zum guten Mann.
Der macht gar keine Anstalten, mich in die Röhre für eine Computertomographie zu schieben oder wenigstens zum Röntgengerät zu begleiten, sondern stellt nach gefühlten drei Sekunden lakonisch fest, dass hier gar nichts Relevantes kaputt ist.
„Da ist vielleicht ein Nerv oder eine Sehne etwas gereizt“, erzählt er und hat offenbar große Mühe, ein Gähnen zu unterdrücken.
Könnte denn nicht wenigstens ein klitzekleiner Splitterbruch vorliegen? „Und wenn schon. Behandeln könnte man den eh nicht. Das wächst schon wieder zusammen.“ Ich soll mich mal ein, zwei Wochen zurückhalten, dann ist es schon gut.
Geknickt verlasse ich die Praxis – die so spannende Krankengeschichte ist in sich zusammengebrochen wie ein Kartenhaus bei Orkanböen. Und das Schlimmste: Ich kann bald wieder bedenkenlos trainieren. Fast hatte ich schon begonnen, die gesparte Zeit für vernünftige Freizeitaktivitäten einzuplanen.