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Bürgermeister Axel Kunkel

1998 in die Gemeindevertretung gewählt und seit 1999 von Bürgern in Wacken zum ehrenamtlichen Bürgermeister geadelt, hat Axel Kunkel die heiße Phase des Wachstums des Festivals hautnah miterlebt. Inzwischen fiebert auch der Gemeindeobere von Jahr zu Jahr der Neuauflage entgegen und arbeitet zusammen mit den Veranstaltern an Plänen, diese riesige Veranstaltung weiter zu entwickeln und zu perfektionieren.

Bürgermeister Axel Kunkel: „Wenn man mich – jemanden, der die Entwicklung des Festivals in allen Belangen hautnah miterleben durfte – fragt, warum sich ausgerechnet das Wacken:Open:Air von einer im Grünen gefeierten Wiesen-Party zu einem der größten Metal-Festivals mausern konnte, gibt es aus meiner Sicht in erster Linie zwei Gründe dafür: einerseits die einmaligen Fans, die ihre Musik ebenso einmalig zu „leben“ und zu „feiern“ wissen – und die Veranstalter, allesamt Originale aus der Region, die dabei in ihren organisatorischen Bemühungen nie die Belange des Dorfes außer Acht ließen und sich dementsprechend mit der Zeit die Unterstützung nahezu aller Einwohner verdienten. Denn wo sonst gibt jemanden wie Bauer Trede, der von Haus zu Haus zieht und die Landwirte davon überzeugt, ihre Koppel für eine Party von „schwarz gekleideten Wilden“ zur Verfügung zu stellen?

Obwohl insbesondere Holger und Thomas immer betonten, wie nett und friedlich diese „schwarz gekleideten Wilden“ seien, stießen sie anfangs dennoch auf Vorbehalte seitens der Dorfbewohner: Man hatte Angst, den Kindern würde etwas passieren, den jungen Mädchen sowieso … Erst mit der Zeit bauten sich diese Vorurteile ab, erkannte man: „Hey, das sind ja Menschen wie du und ich! Die sehen zwar anders aus und hören andere Musik – aber viel trinken tun die auch!“ Nur: So etwas glauben die Alteingesessenen nicht, wenn man ihnen das immer wieder so vermittelt – sie müssen das erst mit den Jahren selbst erleben! Übrigens: Jetzt verdienen sich Achtjährige etwas Taschengeld dazu, indem sie mit Fahrrädern und Ziehwagen den Metallern für zwei, drei Euro Bier-Kästen zu den Zelten transportieren!

Dass es während eines derartigen Entwicklungsprozesses, wie ihn das Festival durchgemacht hat, auch Rückschläge gibt, bleibt wohl nicht aus, schließlich ist das Ganze auch ein unermüdlicher Lernprozess. Besonders in der Periode meines Amtsantritts war ein kritischer Punkt erreicht worden: Da wuchsen zwar die Zuschauerzahlen von ungefähr 12.000 auf 17.000, also knapp um die Hälfte – aber die Organisation konnte mit diesem Quantensprung nicht Schritt halten. Und angesichts – ich drücke das jetzt bewusst drastisch aus – vollgekotzter Bürgersteige, zugeschissener Vorgärten und Müllberge ohne Ende fragte man sich erschrocken: Kann das Dorf solche Massen überhaupt noch vertragen? Sollte man nicht doch lieber die Reißleine ziehen?

Doch mit bewundernswertem Nachdruck arbeiteten die Organisatoren an der Beseitigung der Missstände, verdienten sich somit den Respekt ihrer Mitbürger. Ein Beispiel: Inzwischen gibt es jeden Montag nach dem Wacken:Open:Air eine Art Müll-Patrouille – da fahre ich mit Holger durch das Dorf, und sollte irgendwo noch Unordnung herrschen, veranlasst Holger über Sprechfunk die sofortige Abstellung der Mängel. Jetzt ist das Dorf nie so sauber wie am Montag nach dem Wacken:Open:Air – nach jedem Reiterumzug oder Dorffest liegen mehr Pferdeäpfel beziehungsweise Müll auf der Straße!

Zwar gibt es auch heute einige Anwohner, die nicht erbaut sind ob des Lärms – und damit meine ich weniger die Musik: Denn 2008 war die Nacht von Montag auf Dienstag die lauteste, weil die gerade etwa 10.000 Frühanreiser nicht auf dem noch geschlossenen Hauptgelände beschäftigt werden konnten und dementsprechend auf dem Campingplatz hemmungslos Party feierten. Und: Drei Wochen vor und nach dem Festival rollen nahezu ununterbrochen Schwerlaster vor allem durch die Hauptstraße, um Bühnenaufbauten, Equipment, Zeltausrüstungen, Material und Lebensmittel anzuliefern. Dass das auf Dauer gerade diejenigen Mitbürger nervt, die in erster Linie nach Wacken gezogen sind, um hier ländliche Idylle und Beschaulichkeit zu genießen, dürfte wohl verständlich sein. Aber im Prinzip gibt es heute nur einen chronischen Nörgler, der sich nicht mit dem Festival arrangiert hat und nach Kräften dagegen aufbegehrt, sich beispielsweise die Texte von auftretenden Bands übersetzt und verlangt, dagegen vorzugehen …

Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass die Gemeinde Wacken aus dem Festival über den Image-Gewinn hinaus großen finanziellen Nutzen zieht. Das mag gewiss für die Dorfbevölkerung stimmen, die diverse Dienstleistungen anbietet, die wiederum von unseren Besuchern gerne angenommen werden. In die Gemeindekasse hingegen fließen nur 4.500 Euro für die Sporthalle und in der Schule angemietete Räumlichkeiten sowie 2.500 Euro für die Kuhle, in der das Künstlerdorf steht und die einzig und alleine zur Gemeinde Wacken gehört – alle anderen Grundstücke sind entweder in Privatbesitz oder gehören zu den umliegenden Gemeinden. Darüber hinaus wurde in den Jahren 2005 bis 2007 für die den Fans angebotene kostenlose Nutzung des Schwimmbads eine jährliche Pauschale von 7.500 Euro gezahlt.

Allerdings ist das Schwimmbad ziemlich marode, stand 2007 kurz vor der Schließung. In dem Moment gründete sich ein Förderverein, der sich für die Erhaltung und Renovierung der Badeanstalt einsetzt, aber im Vorjahr die Verwaltung des Objekts selbst übernahm – und dementsprechend wieder Eintritt verlangte. Aufgrund der heißen Tage während des W:O:A 2008 nahm der Förderverein auch fast das Dreifache an Geldern ein. Mir wäre es aber trotzdem lieber gewesen, wenn Holger weiterhin die übliche – und für die Gemeindekasse konstant berechenbare – Pauschalsumme zahlen würde, denn wenn wir einmal einen verregneten Sommer haben, geht die Rechnung des Fördervereins nicht mehr auf … Darüber hinaus zeigt sich Holger sehr großzügig bezüglich Sachspenden: So stiftete er für die etwa 1.000 Mitglieder des TSV Wacken Trikots und Regenjacken, und auch der Kindergarten und der Jugendtreff werden von ihm immer mal wieder bedacht.

In der Perspektive hätte ich nichts dagegen, wenn das Wacken:Open:Air wächst – Hauptsache, es bleibt weiterhin so friedlich wie bisher. Mit weiteren Investitionen in die Infrastruktur könnten wir meines Erachtens durchaus 100.000, vielleicht auch 120.000 Besucher verkraften. Diesbezüglich wurden von uns schon weitere Maßnahmen ergriffen. So haben wir im Rahmen des Förderprogramms Aktiv-Region der Europäischen Union Fördergelder beantragt, die uns bereits zumindest mündlich zugesagt worden sind. Das Geld wollen wir in stationäre Anlagen im Dusch- und Sanitärbereich investieren, aber auch in neue Konzepte der Müllbeseitigung sowie auf dem Sektor der Energieversorgung.

Mittlerweile erreichten uns auch Anfragen von Veranstaltern anderer Genres der populären Musik, ob wir nicht meinetwegen ein Wacken-Techno- oder ein Wacken-Rap-Festival organisieren könnten, denn Erfahrungen mit großen Zuschauermassen und vor allem die Infrastruktur lägen uns ja vor. Genau das wollen wir aber nicht: Wir wollen keine Ausschlachtung von Wacken, wir wollen keine Beliebigkeit erzeugen.

Wacken soll auch weiterhin nur für eins stehen: Für die größte friedliche, familiäre Metal-Party weltweit!“


Bürgermeister Axel Kunkel


Müll gibt es reichlich beim W:O:A. Die Beseitigung ist bestens ­organisiert.


Das Gelände des W:O:A im tristen Winter.



Trikot-Sponsoring für den TSV Wacken. Für den TSV Wacken hatten früher auch Holger Hübner und Thomas Jensen gespielt.

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