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Wacken – die Gemeinde

Es war einmal, eine kleine, beschauliche Gemeinde etwa 20 Kilometer nördlich von Itzehoe beziehungsweise 50 Kilometer nordwestlich von Hamburg: Wacken. Ein Örtchen, das nachweislich im Jahr 1148 erstmalig erwähnt wird, wobei allerdings Funde am nordöstlichen Ortsrand aus frühzeitlicher germanischer Vorzeit sowie das Hünengrab bei Vaale eine ältere Ansiedlung vermuten lassen. Der bedeutendste archäologische Fund – drei Gürtelschalen aus der Bronzezeit – sind im Landesmuseum Schloss Gottorf in Schleswig ausgestellt. Womit sich auch gleichzeitig ein Querverweis auf das Wappen der Gemeinde ergibt, in dem eine solche Gürtelschale abgebildet ist.

Der weitere historische Abriss liest sich offiziell so: „Mit dem Bau der Kirche 1861 erhält Wacken 1863 ein eigenes Kirchspiel und wird so Mittelpunkt von neun umliegenden Gemeinden, respektive interessant für Handwerk und Gewerbe. Folglich steigt die Einwohnerzahl. 100 Jahre später, im Jahre 1967, wird die Gemeinde Wacken zum ländlichen Zentralort erklärt und verpflichtet sich somit, die Grundversorgung der Bevölkerung und die der Nahbereiche aufrecht zu erhalten und auszubauen. Eine rege Bautätigkeit ist die Folge, und die Zahl der Einwohner steigt weiter auf 1.459. (…) Zur 850-Jahrfeier wurde 1998 ein Dorfplatz errichtet, der den Mittelpunkt der Gemeinde für viele Veranstaltungen bildet. Ebenfalls zur 850-Jahr-Feier wurde eine umfangreiche Dorfchronik mit separatem Bildband herausgegeben, die die Entwicklung Wackens detailliert wiedergibt.“

Heute, so heißt es weiter in der offiziellen Präsentation der Gemeinde, verfüge Wacken unter anderem über „eine moderne Kindertagesstätte und eine große Sporthalle mit gepflegten Sportplätzen sowie ein herrlich gelegenes Schwimmbad“. Überhaupt: „Alle Dienstleistungsbereiche für die Versorgung mit Dingen des täglichen Bedarfs sind vorhanden und gewährleisten einen hohen Lebensstandard in einer modernen Gemeinde mit ländlichem Charakter.“ Dass allerdings auch eine „zentrale Wasserversorgung und Ortsentwässerung“ vorhanden sei – das werden an dieser Stelle zumindest die zigtausend Besucher des Festivalgeländes des Wacken:Open:Airs, die vor den zahlreichen Dixi-Klos Schlange stehen, mit Erstaunen zur Kenntnis nehmen, aber dazu später mehr. Denn in Wacken bieten sich aufgrund der günstigen geografischen Lage sinnvolle Freizeitaktivitäten jeglicher Couleur an: So kann der wackere Wackener in und um Wacken „gleich bei sich zu Hause ohne lange Fahrten mit dem Auto Natur pur genießen – das ganze Jahr über. Und das bedeutet pure Lebensqualität, jeden Tag. Egal ob zu Fuß bei einem Spaziergang durch die hügelige Waldlandschaft mit kleinen Seen, auf einer Radtour zum nahen Nord-Ostsee-Kanal, den jährlich unzählige Traumschiffe streifen, oder auf einer Erkundungstour mit den Inline-Skates.“ Und: „Neben den naturnahen Freizeitaktivitäten bietet Wacken aber auch sportliche und gesellige Treffpunkte: Mitgliedschaft im Sportverein, Angeln im Anglerclub, Singen im Chor oder Engagement bei der Feuerwehr sind nur einige der vielen Möglichkeiten, die das Leben in der Gemeinde Wacken attraktiv machen.“

Jener „gemischte Männerchor“ – 1899 als Männergesangverein „Eintracht“ gegründet – nahm übrigens seit 1954 Frauenstimmen in seine Männerdomäne auf. Damit setzten die Wackener schon frühzeitig Akzente in Sachen Gleichberechtigung und Emanzipation – der Deutsche Fußball-Bund zum Beispiel strich erst 1970 das bis dahin aus „ästhetischen Gründen“ bestehende Verbot des Frauenfußballs aus seinen Statuten. Und die Schweizer Frauen erhielten erst am 7. Februar 1971 nach einer Volksabstimmung unter Männern – die mit der Zweidrittelmehrheit von 621.000 Ja- gegen 323.000 Nein-Votierungen stimmten – das Wahlrecht auf Bundesebene. Aber wir schweifen ab …

Wacken hingegen sei schon immer „auf übergeschlechtlichen Breitensport ausgerichtet – sowohl im über 1.000 Mitglieder zählenden TSV Wacken e.V. als auch im 1947 gegründeten Angelverein Früh-Auf-Vaale e.V., der zur Zeit auf 175 Mitglieder verweisen kann und zu dessen Vereinsgewässern auch vier Moorkuhlen zählen“.

Als Sehenswürdigkeiten werden die sich in der Nähe befindende tiefste Landstelle Deutschlands, der ebenfalls nicht allzu ferne Nord-Ostsee-Kanal oder die Spuren des Königsweges von Itzehoe über Wacken nach Dithmarschen genannt. Ach ja: Und das bereits erwähnte Hünengrab aus der germanischen Vorzeit am Ortsausgang. Um dieses besichtigen zu können, muss der geschichtsbewusste Interessent allerdings über sehr gute Augen verfügen (der Autor dieser Zeilen spricht da aus Erfahrung): Alleine die nach dem Weg zu dieser „Sehenswürdigkeit“ befragten Einheimischen grinsen spöttisch, und ist man erst einmal ihren Richtungsangaben gefolgt, steht der Großes erwartende Tourist vor einem unscheinbaren Hügelchen. Es könnte auch ein längst verlassener, dem Wildwuchs preisgegebener Ameisenhügel sein. Oder mit Gras überwachsener Bauschutt …

Soweit, so gut – und soviel zum „offiziellen“ Wacken. Doch einmal im Jahr mutiert Wacken quasi zum Gegenteil dieser heilen, beschaulichen Welt – und in 2009 zum 20. Mal. Zu einem Ort, an dem „nur im Notfall geschlafen und im Regelfall gerockt wird“. An dem sich die Spreu vom Weizen trennt, der Mann von der Memme, der „Heavy“ vom „Müsli“. Ein Ort, der nichts ist für Warmduscher und Weicheier. Ein Ort, an dem Kondition und Durchhaltevermögen zählen. Ein Ort, der ähnlich einem Eignungstest beim Bund zum Belastungstest des Schwermetallers avanciert – denn wie heißt es doch so schön? „Wacken ist kein Kindergeburtstag!“: Hat Mann/Frau diesen Test bestanden, ist Mann/Frau drin im erlauchten Kreise der „Metal-Community“. Und kommt von dieser nicht mehr so schnell los. Manche tauche ein Leben lang ein, in dieses stets am ersten Augustwochenende live-haftig zelebrierte Paralleluniversum.

Und das alles kam so …

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