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Kapitel 16

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Georg saß hinter seinem Schreibtisch im geräumigen Direktionsbüro hoch über dem Donaukanal im vierzehnten Stock eines Bürokomplexes und machte sich Sorgen um seine Tochter.

Unter ihm breitete sich das nächtliche Wien aus, vis a vis war der beleuchtete Stephansturm zu bewundern und am Schwedenplatz, am gegenüberliegenden Donaukanalufer, strömten die Menschen in die innere Stadt hinein.

Bald würde Weihnachten kommen und es war jetzt ein Jahr her, dass Anke gestorben war, in einer weihnachtlich geschmückten Einkaufspassage. Er hatte Vera ein SMS geschickt, dass es heute später würde, aber sie hatte nicht reagiert, zu Hause am Festnetz hob niemand ab und an ihr Handy ging sie nicht. Da war nur die Sprachbox.

Ihr war sicher nichts zugestoßen, da war er sich sicher, aber die Sache mit Brüssel hatte ihn mehr bewegt, als er damals zugegeben hatte. Wenn sie nun wirklich als Vera Zimmermann widergeboren war, auch wenn er nicht daran glaubte, wie ging sie dann damit um. War die Belastung nicht zu groß für sie? War es nicht seine Pflicht als Vater, hier helfend einzugreifen?

Aber was konnte er tun, der Abstand zwischen ihnen war groß geworden, seit sie sich beinahe zu nahegekommen waren. Das war seine Schuld, das wusste er, und er hätte es schon vorher wissen müssen, bevor er mit ihr in die Staatsoper gegangen war. Aber es war zu spät, er konnte es nicht mehr ändern, Vera entglitt ihm, er fühlte sich einsam und alt. Er beschloss, seine unproduktive Abendarbeit abzubrechen und da drüben am Donaukanal in einem der Lokale etwas zu trinken. Vermutlich würde es spät werden.

Aus dem Weblog von Ali – Eintrag 65

Katastrophe, sie lassen uns nicht nach Syrien. Die Kämpfer haben versagt, berichtet Tarik. Unsere Stützpunkte wurden von einer Übermacht der Ungläubigen überrannt. Viele Kämpfer sind den Märtyrertod gestorben, aber es hat nichts geholfen, die Städte sind an die Ungläubigen verloren, wir können nicht mehr hin und kämpfen. Sie töten bereits alle an der syrischen Grenze. Es kommt keiner mehr durch, hat Tarik berichtet.

Ich wollte es ihm nicht glauben und habe verbotenerweise über das Web die westlichen Sender geschaut. Alle melden große Siege und wir sind nur die Daesh, die Minderwertigen. Dabei haben die anderen Luftwaffen und Panzer und jede Menge Elektronik, wir haben nichts, nur unser Kämpfer mit den AK 47 und ein paar Tonnen Sprengstoff.

Das muss gerächt werden, hat Tarik gesagt, für uns wird es die Möglichkeit der Rache geben. Wir werden Helden werden, von denen wahre Muslims noch in hundert Jahren ehrfurchtsvoll erzählen werden.

Wo ist deine Heimat?

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