Читать книгу Christmas Eve - Angelika Nickel - Страница 15
Оглавление13 Die Verlegung
„Das ist eine absolut beknackte Idee“, schimpfte John Smith.
„Lass es gut sein, John. Das ganze Gemecker bringt doch ohnehin nichts. Der Alte hat entschieden, dass Buster verlegt wird, da können wir nichts dran ändern.“ Samuel Levine sah Smith ausdruckslos an.
„Samuel, ich bitte dich! Hast du schon einmal einen Blick nach draußen geworfen? Da schickt man keinen Hund vor die Tür. Wieso dann uns und, auch noch, mit einem Gefangenen wie ihm?“
„Eben weil er solch ein Gefangener ist. Ist dir denn nicht aufgefallen, dass der Alte von Anfang an nicht wollte, dass Buster in unser Gefängnis kommt?“
„Schon, aber …“
„Ganz ehrlich, John, ich selbst bin auch froh, wenn der Kerl erst einmal von hier weg ist. Seit er da ist, hat es nur Unruhe unter den anderen Gefangenen gegeben.“
„Sicher, Samuel, du hast ja Recht. Und du bist mit Sicherheit auch nicht grundlos Sheriff von Falkengrove, und ich weiß auch, dass du deinen Job schon seit Jahren machst. Und, wenn man den Alten hört, dann kann er gar keinen besseren Sheriff als dich bekommen. Damit hat er auch Recht, denn niemand weiß das besser als ich, der ich dein Vertreter bin. Aber trotzdem, Samuel, die Idee, Buster ausgerechnet heute Nacht von hier wegzubringen, das ist, gelinde gesagt, einfach eine Schnapsidee. Warum hat das Ganze nicht Zeit bis morgen früh?“
„Wie schon gesagt, wenn es nach dem Bürgermeister gegangen wäre, wäre Buster erst gar nicht zu uns gekommen. Gut, daran hatte Ernest White fürs Erste nichts ändern können, aber, ich weiß von ihm persönlich, dass er seit dem Banküberfall und der Einlieferung Busters bei uns in Falkengrove, nichts anderes getan hat, als versucht zu haben, den Gouverneur an die Strippe zu bekommen. Dafür hat er all seine Beziehungen spielen lassen.“ Der Mann grinste verdrossen. „Na ja, und heute ist es ihm gelungen. Er hat per Fax die Genehmigung zur Verlegung Busters erhalten, und folglich will er den Kerl jetzt so schnell als möglich, loswerden.“ Sheriff Levine blickte zu seinem Hilfssheriff Smith. „Und wenn wir beide vollkommen ehrlich sind, sind wir doch auch froh, wenn wir Buster endlich los sind.“
John Smith schob seinen Hut in den Nacken. „Klar bin ich auch erleichtert, den Kerl endlich loszuhaben. Mir geht es ja auch nicht darum, dass er verlegt werden soll, sondern, dass es unbedingt noch heute Nacht sein muss. Ausgerechnet bei diesem Scheißwetter. In den Nachrichten haben sie bereits den nächsten Schneesturm angekündigt. Ganz ehrlich, ich habe keine Lust, wegen solch eines gewissenlosen Arschlochs, die Nacht womöglich in einem stecken gebliebenen Polizeiwagen, zu verbringen.“
„Mal‘ den Teufel nicht an die Wand. Soweit wird’s schon nicht kommen. Fahren wir eben langsam und vorsichtig, dann wird’s schon klappen. Morgen früh sind wir wieder zurück und lachen gemeinsam über diesen Scheiß von jetzt, wenn wir uns beide, bei einer warmen Tasse Kaffee aufwärmen.“
John Smith grinste. „Ist okay, Samuel, gehen wir’s an. Je eher wir mit dem Kerl losfahren, desto früher sind wir zurück. Und trotzdem, der Alte hätte sich beim besten Willen auch bei Tage für eine Verlegung aussprechen können.“
Levine hob die Braue. „Hör zu, John, wenn du in meiner Gegenwart der Alte sagst, ist das okay, doch lass das bloß sonst niemanden hören. Wie du weißt, Bürgermeister Ernest White mag es gar nicht, wenn er so genannt wird.“
„Trotzdem sagt es jeder. Du doch auch“, versuchte sich John, zu rechtfertigen.
„Logo. Dennoch ändert das nichts.“ Levine nahm den großen Schlüsselbund vom Tisch, nickte Laurie Lind, einer Kollegin, zu, um sich gleich darauf, zusammen mit John Smith, auf den Weg zu Brett Busters Zelle zu begeben.
Eine Stunde später saßen die Drei im Polizeiwagen von Falkengrove. Brett Buster war mit Handschellen an der Gittertrennwand festgekettet. John Smith saß auf dem Beifahrersitz, während Samuel Levine gegen das erneut aufkommende Schneetreiben anfuhr. Auch ihm war bei dieser Fahrt nicht wohl zumute. Zumal Buster als einer der gefährlichsten und rücksichtslosesten Bankräuber galt. Levine schüttelte unmerklich den Kopf. Er musste nur an den Mann denken, der bei Busters Gefangennahme in Busters Schusslinie geraten war. Buster hatte ihn, ohne zu zögern, abgeknallt wie einen tollwütigen Hund. Kaltschnäuzig und rücksichtslos.
Er schaltete einen Gang zurück, während er sich an den Namen des Getöteten, zu erinnern versuchte. Frank, glaubte er. „Irgendetwas mit Frank“, murmelte er.
„Hast du etwas gesagt, Samuel?“, fragte John.
„Nein, ich habe nur laut überlegt.“
„Was überlegt? Wie lange es noch dauert, bis wir im Schnee feststecken? Wenn du mich fragst, ist das nur noch eine Frage der Zeit.“
„Nein. Ich habe überlegt, wie der Mann hieß, den Buster erschossen hat.“
„Du meinst den, der in das Schussfeld bei der Festnahme gekommen ist?“
Sheriff Samuel Levine nickte. „Ja.“
„Frank. Ich glaube er hieß Frank. Ob das Vor- oder Nachname war, das weiß ich nicht. Können wir aber in der Akte nachlesen, wenn das wichtig für dich ist, den Namen zu kennen.“
„Könnt ihr zwei Idioten endlich mal’s Maul halten!“, blaffte Brett Buster von hinten.
Sofort fuhr Smith herum. Den Schlagknüppel in der rechten Hand drosch er damit gegen das Gitter. „Wenn du nicht auf der Stelle deine verdammte Klappe hältst …“ Drohend schlug er wieder und wieder gegen das Stahlgittergeflecht.
Buster jedoch lockte Smiths Gehabe nur ein breites Grinsen ab. Er sah an den Polizisten vorbei, hin zum Armaturenbrett. Mit einem Blick auf die Uhr stellte er fest, dass es nicht mehr allzu lange dauern würde, und er endlich wieder frei wäre. Er hatte in den letzten Tagen nichts anderes getan, als seine Flucht geplant. Die Verlegung, sie war ihm von daher sehr gelegen gekommen. Er ging in seinen Überlegungen sogar so weit, dass er in Betracht zog, dass auch hierbei die Strippen für ihn gezogen worden waren. Er hatte viele, die sich im Laufe der Jahre mit ihm verbündet hatten. Eine Hand wäscht die andere, das war schon immer Busters Devise, und damit war er bisher auch recht gut gefahren. Gut, faule Eier, Kerle, die ihn bei der Polizei verkauften, nur um sich ein paar Monate zu ersparen, die hatte es auch immer wieder gegeben. Allerdings war deren Lebenserwartung immer drastig gesunken, sowie ihm, Buster, zugetragen worden war, wer das faule Ei war. Meist wurde der Verräter kurz darauf in einer Hinterhofgasse aufgefunden. Abgeschlachtet wie ein Stück Vieh. Zudem hatte sich Buster für Verräter etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Bevor sie getötet wurden, ließ er ihnen bei lebendigem Leibe die Zunge herausschneiden. An der Stelle der fehlenden Zunge hinterließ er dafür ein großes rotes B.
Brett Busters Markenzeichen.
Busters Zeichen der Rache.