Читать книгу Christmas Eve - Angelika Nickel - Страница 6
Оглавление4 Der Fleck
Nachts um drei glühte die Heizung auf Hochtouren.
An der Tür bewegte sich der vorgelegte Riegel und öffnete sich lautlos.
In Lauras Zimmer hob Vivaldi den Kopf, sah hoch zu dem Buch und spitzte die Ohren.
Die Buchstaben des Buches pulsierten, die aufgeschlagenen Buchseiten lagen wie in einen Flammennebel gehüllt, da, während sich der schwarze Fleck blutrot verfärbte.
Der Keller war erfüllt von einem Raunen, das an ängstlich wimmernde Stimmen bei stürmischer See, erinnerte. Schatten hoben sich vom rußgeschwärzten Kellerboden ab und zogen zur Treppe hin. Langsam zogen sich die Stufen hoch und schlängelten sich unter dem winzigen Spalt der Kellertür hindurch.
Vivaldi jaulte, lief zur Zimmertür und blieb mit gefletschten Zähnen, knurrend davor stehen.
Von all dem, bemerkte Laura nichts. Sie schlief tief und fest, wie schon lange nicht mehr seit Franks Tod.
Flüsternde Stimmen entflohen den Buchseiten, das Zimmer war in brennendes Orange gehüllt. Doch Laura schlief. Tief und fest.
Von der Eingangstür bewegte sich ein Schatten nach oben, hin zu Lauras Zimmer. Ohne die Tür zu öffnen, betrat er den Raum. Blieb vor Lauras Bett stehen, während Vivaldi winselnd aufjaulte.
Laura fuhr hoch. Vivaldis Jaulen hatte sie geweckt. Orientierungslos schaute sie sich um.
Die Buchseiten lagen wieder so da, wie Laura selbst, das Buch hingelegt hatte, so dass sie den Fleck, der sich unterdessen wieder schwarz umgefärbt hatte, nicht bemerkte.
Das Klopfen der Heizung drang in ihre Ohren. Ein Geräusch, das sie frösteln ließ.
„Still, Vivaldi! Das ist nichts weiter, nur die alte Heizung. Wahrscheinlich gehören die Ventile einmal richtig entlüftet, damit dieses grauenvolle Geräusch aufhört. Doch werden wir das auf gar keinen Fall mitten in der Nacht machen. Vielleicht kann ich ja auch morgen irgendwo einen Klempner auftreiben, der sich das alte Ding einmal ansieht, und mit etwas Glück, auch noch reparieren kann.“ Sie beugte sich zu dem Hund hinunter und redete beruhigend auf ihr ein. Anschließend legte sie sich wieder hin, schloss die Augen und schlief auch nach wenigen Minuten wieder ein.
Die Gestalt vor ihrem Bett hatte Laura nicht bemerkt. Auch nicht, dass sie die Hand auf das Buch legte, als Laura wieder in Schlaf gefallen war. Die Buchstaben zitterten rötlich auf, und erneut verfärbte sich der Fleck in glühendes Rot.
Zeitgleich stöhnten die Schatten schmerzverzehrt auf; und und hetzten zurück, hinein in den Schutz des Kellers: Auch jene Schatten, die schon beinahe Lauras Zimmer erreicht hatten, huschten eilig in den Keller zurück, und zerflossen erneut auf und mit dem rußgeschwärzten Kellerboden.