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2.2 Informationsinteresse der Allgemeinheit

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Die Ausnahmebestimmung des § 23 Abs. 1 KUG setzt ein schutzwürdiges Informationsinteresse der Allgemeinheit voraus. Der Begriff ist wegen der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Informationsfreiheitsrechte weit zu verstehen.[373] Dazu gehören alle Erscheinungen im Leben der Gegenwart, die von der Öffentlichkeit beachtet werden, bei ihr Aufmerksamkeit finden und Gegenstand der Teilnahme oder Wissbegier weiter Kreise sind und die nicht nur auf Schaulust und Neugier beruhen.[374] Dabei kann das Informationsinteresse auch durchaus nur regionaler oder lokaler Natur sein.[375] Die Presse muss auch einen Spielraum besitzen, innerhalb dessen sie nach publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht.[376] Art. 5 Abs. 1 S. 3 GG verbietet auch eine inhaltliche Bewertung des Beitrags auf seinen Wert und seine Seriösität.[377] Das Informationsinteresse der Allgemeinheit kann nicht deshalb verneint werden, weil ausschließlich ein Unterhaltungsinteresse verfolgt wird.[378] Gerade prominente Personen können der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei eigenen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- und Kontrastfunktionen erfüllen.[379] Dabei kann auch die Abbildung eines Prominenten in der Presse zulässig sein, wenn er sich in einem öffentlichen Bereich befindet, in dem er aufgrund der Gesamtumstände damit rechnen muss, dass er dort wahrgenommen wird.[380] Erst bei der Güterabwägung kann es darauf ankommen, ob Fragen, die die Öffentlichkeit wesentlich angehen, ernsthaft und sachbezogen erörtert werden oder ob lediglich private Angelegenheiten zur Befriedigung der Neugier ausgebreitet werden.[381] Das Selbstbestimmungsrecht der Presse erfasst dabei nicht die Entscheidung, wie das Informationsinteresse im Zuge der Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern herzustellen ist.[382] Für die Abwägung ist vielmehr von maßgebender Bedeutung, ob die Presse im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachgezogen erörtert und damit den Informationsbedarf des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt.[383] Dabei ist das Informationsinteresse nicht auf das aktuelle Zeitgeschehen beschränkt, sondern schließt auch die Möglichkeit ein, vergangene zeitgeschichtliche Ereignisse anhand der unveränderten Originalberichte in Online-Archiven der Medien zu recherchieren.[384] Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches ein für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörigen Wortberichterstattung zu ermitteln.[385] Andererseits kann die Bildberichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis auch zulässig sein, wenn einzelne Aussagen der Wortberichterstattung für unzulässig erklärt worden sind.[386]

Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht

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