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6. Strafrechtliche Folgen der Verletzung des Bildnisschutzes –
§§ 201a StGB, 33 KUG

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Mit § 201a StGB besteht seit dem 6.8.2004 ein eigener Straftatbestand bei Verletzung des höchst persönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen. Die Vorschrift ist im Einzelnen hoch umstritten.[447] § 201a Abs. 1 StGB schützt gegen das unbefugte Herstellen und Übertragen von Bildaufnahmen von Personen, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befinden, falls dadurch der höchst persönliche Lebensbereich dieser Personen verletzt wird. Der Begriff des höchst persönlichen Lebensbereichs ist dabei dem StGB neu. Der Gesetzgeber wollte damit den Straftatbestand auf denjenigen Bereich privater Lebensgestaltung beschränken, in dem eine Abwägung zwischen dem Interesse der Allgemeinheit und dem Schutzinteresse des Einzelnen, wie sie bei einem Eingriff in die sonstigen persönlichen Lebensbereiche erforderlich ist, nicht stattfindet.[448] Dabei orientierte er sich an dem in der zivilrechtlichen Rspr. näher ausgeformten Begriff der Intimsphäre, mit dem er aber nicht identisch sein soll.[449] Die vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützte Privatsphäre fällt jedenfalls nicht unter dem Begriff des höchst persönlichen Lebensbereiches.[450] Die Bildaufnahmen müssen von Personen sein, die sich in einer Wohnung oder einen gegen Einblick besonders geschützten Raum befinden. Die Vorschrift will nur den „letzten Rückzugsbereich“ des Einzelnen schützen. Damit unterfallen dem Begriff keine Räumlichkeiten, die einer beschränkten Öffentlichkeit zugänglich sind, wie etwa Geschäfts- oder Diensträume, Hotelhallen oder Flure.[451] Dagegen sind Toiletten, Umkleidekabinen oder ärztliche Behandlungszimmer geschützt. Als gegen Einblick besonders geschützter Raum soll nach der Gesetzesbegründung auch ein Garten fallen, sofern dieser durch eine hohe undurchdringliche Hecke, Zaun oder Mauer gegen Einblicke geschützt ist. Das Fotografieren eines Rechtsanwalts vom Nachbargrundstück, der in seiner Kanzlei hinter einem vorhanglosen Fenster stand, stellte keinen Verstoß dar. Die Kanzlei war weder Wohnung noch ein gegen Einblick besonders geschützter Raum.[452]

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Verletzungshandlung ist das unbefugte Herstellen oder Übertragen von Bildaufnahmen. Mit Herstellung ist grds. jegliche Abbildungsvervielfältigung erfasst durch beliebige Bildträger, Bildaufnahmegeräte oder andere technische Mittel. Das Tatbestandsmerkmal des „Übertragens“ ist unklar und wird weder durch Gesetz noch Gesetzbegründung definiert.

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Nach § 201a Abs. 2 StGB wird ebenso bestraft, wer eine durch eine Tat nach Abs. 1 hergestellte Bildaufnahme gebraucht oder Dritten zugänglich macht. Damit sind der Gebrauch und die Weitergabe von Aufnahmen erfasst, die durch eine Tat nach Abs. 1 hergestellt wurde. § 201a Abs. 3 StGB bestraft das wissentlich unbefugte Weitergeben einer befugten Abbildung im Rückzugsbereich des Einzelnen, wenn dadurch dessen höchst persönlicher Lebensbereich verletzt wird. § 201a Abs. 4 i.V.m. § 74a StGB regelt die Möglichkeit, die verwendeten technischen Mittel einzuziehen.

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§ 201a StGB wurde als Antragsdelikt ausgestaltet und in § 205 StGB einbezogen. Der Einzelne, um dessen höchst persönlichen Lebensbereich es geht, soll selbst entscheiden können, ob er ein strafrechtliches Verfahren in Gang setzt oder nicht. Für den Strafantrag gelten die §§ 77, 77b StGB, §§ 206a, 260 Abs. 3 StPO. § 201a StGB ist jedoch kein Privatklagedelikt nach § 374 Abs. 1 StPO.

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Die rechtspolitische Notwendigkeit des § 201a StGB war beim Gesetzgebungsverfahren heftig umstr., stand doch mit § 33 KUG ein teils weiterer, teils engerer Straftatbestand zur Verfügung. Der Schutz des § 33 KUG ist zum einen weiter, weil nicht nur Bildnisse, die den höchst persönlichen Lebensbereich betreffen, erfasst werden, zum anderen enger, weil bloße Herstellung des Bildnisses nicht erfasst war.

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Weder die Vorschrift des § 33 KUG noch die Vorschrift des § 201a StGB haben seit ihrer Einführung eine praktische Rolle gespielt.

Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht

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