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Johanna - der neue Alltag

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In der Firma waren einige Änderungen vorgenommen worden. Ich hatte mich bereit erklärt, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen, was noch mehr Termine außerhalb des Büros bedeutete. Im Gegenzug wurde mir dafür eine Mitarbeiterin zur Verfügung gestellt, mit der ich die Arbeit aufteilen sollte. Ich hatte eine neue Kollegin bekommen und das fand ich super. In meinem Büro stand noch ein freier Schreibtisch, den mein Chef bisher nutzte, wenn er nach Deutschland kam. Diesen Platz belegte jetzt Carola. Sie war eine große Entlastung für mich. Nicht so sehr arbeitstechnisch. Es war einfach schön, jemanden an der Seite zu haben, mit dem man Dinge besprechen konnte. Außerdem war der Informationsfluss mit der Muttergesellschaft alles andere als gut. Wenn ich überhaupt Arbeitsanweisungen erhielt, waren sie entweder konfus formuliert oder in Deutschland nicht umsetzbar. Des Weiteren konnte es passieren, dass mir vorgeworfen wurde, Dinge noch nicht erledigt zu haben, obwohl ich sie schon vor Wochen erledigt und die Meldungen oder Zahlen vorgelegt hatte. Manchmal musste ich wochenlang auf eine ausstehende Entscheidung warten und mehrere Erinnerungsmails schicken, um an einer Sache weiterarbeiten zu können. Es war sehr zermürbend und alles andere als befriedigend, so ignoriert zu werden. Deshalb war mein Arbeitsalltag mit Carola um vieles erfreulicher geworden. Neben der Arbeit hatten wir jede Menge Spaß miteinander. Wir lachten gemeinsam über die chaotischen Verhältnisse in unserer Firma und konnten nur den Kopf schütteln über die oft absurden neuen Ideen, die uns aus der Mutterfirma zugetragen wurden. Carola freute sich zudem, von meinem abwechslungsreichen Leben zu hören. Sie nannte es ihre ganz persönliche „daily soap opera“. Ich fuhr immer noch gerne zu Geschäftsbesprechungen nach Italien. Auch wenn ich Luca nicht zu Gesicht bekam, hatte ich dort jede Menge nette Kollegen, mit denen man sich nach Büroschluss auf ein Gläschen verabreden konnte.

War ich in Deutschland, ging ich nach der Arbeit zum Yoga und dann malte ich oft stundenlang. Mit der Malerei hatte ich ein neues Hobby gefunden, mit dem ich alles um mich herum vergessen konnte. Ich liebe es, mit den Farben zu experimentieren und ohne Überlegung einfach drauflos zu pinseln. Je unbefangener ich bin und je freier von jeder Intention, desto besser wird das Ergebnis. Auf der Leinwand ist alles möglich. Und ich überlege mir oft, dass ich genauso leben sollte wie ich male. Mutig immer weiter, ohne Angst einen Fehler zu machen. Manchmal gefällt mir etwas nicht, und doch muss ich irgendwann erkennen, dass es genau das gebraucht hat, damit eine neue tolle Komposition entstehen konnte. Ich will neugierig sein und etwas ausprobieren. Die Schönheit eines Bildes entsteht nicht durch schön sein wollen, sondern durch Ehrlichkeit. Gelingt es mir, mich frei zu machen von Sollen und Müssen, dann kann man das in den Bildern sehen. Nur dann bekommen sie Kraft und werden richtig gut.

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