Читать книгу Könige zum Anfassen - Annette Küper - Страница 17
Weiblicher Moralapostel
ОглавлениеGartenarbeit ist anstrengend und schweißtreibend. Will ich im nächsten Frühling ein Meer von Krokussen, Tulpen und Narzissen im Garten bewundern, dann muss ich im Herbst etwas dafür tun. Also los! Handschuhe an, Gartengeräte hervorholen, Zwiebeln je nach Art und Farbe in Eimerchen füllen und King und Schwester Kelly, die heute einen Hundesitter benötigt, mit in den Garten nehmen.
Bei fast jeder Blumenzwiebel bietet King seine Hilfe an, obwohl er seit seiner Welpenzeit schon weiß, dass Buddeln im Garten verboten ist. Immer wieder fragt er auf sehr charmante Weise nach, ob das Verbot auch heute noch Gültigkeit hat. Durch vorsichtiges Ausstrecken seiner Pfote und behutsame, nur oberflächliche Mini-Grabungen erinnert King mich an seine besonders ausgeprägten Schnell-Ausschachtungs-Fähigkeiten mit Tiefgang. So niedlich seine Angebote auch anzuschauen sind, muss ich sie dennoch konsequent ablehnen, ansonsten ist mein Garten mit Kratern übersät, in denen ich fässerweise Blumenzwiebeln unterbringen könnte.
Kelly schaut aufmerksam zu, wie ich Zwiebel für Zwiebel in die Erde pflanze und dabei nur ein einziges Wort sage, das aber lautstark und unmissverständlich, sobald sich Kings erhobene Pfote in Richtung Erde bewegt: »Nein!« Kelly ist ganz Dame, sie buddelt nicht, hat es nie versucht. Bei jedem Nein schaut sie erst mich an, dann King, dann wieder mich. Endlich, nur noch eine Blumenzwiebel muss gepflanzt werden und ich kann mit meiner Nein-Sagerei aufhören. Wenn ich die Gartengeräte wieder an Ort und Stelle geräumt habe, gönne ich mir eine Tasse Tee!
Als ich mit Sack und Pack in der Garage bin, höre ich Kelly im Garten bellen. Kelly bellt selten, wie es sich für Airedales gehört. Wenn sie allerdings bellt, dann hat sie dafür einen guten Grund. Der Grund liegt auf dem Rasen. King hat ein Löchlein gegraben und eine Zwiebel aus der Gefangenschaft befreit. Geduldig, mit gesenktem Kopf und nach hinten gezogenen Ohren hört er sich meine Gardinenpredigt an. Kelly steht neben ihm und lässt ihn nicht aus den Augen. Ihr streichle ich über den Kopf: »Das hast du fein gemacht, mein Mädchen, pass nur gut auf deinen Bruder auf, damit er nicht ständig solchen Unsinn macht!« Meine Laune ist nicht die beste, als ich die Hacke wieder hervorhole und die Zwiebel erneut einpflanze. Diesmal bleibt im Garten alles still, als ich im Hausinneren verschwinde. Endlich hat mein Airedale-Sturkopf es wohl verstanden, dass er auch keine kleinen Löcher graben und sich schon gar nicht an meinen Blumenzwiebeln vergreifen darf!
Das Teewasser kocht, als Kelly wieder Laut gibt. Diesmal liegen mehrere Zwiebeln auf dem Rasen und dementsprechend hoch ist auch die Anzahl der Löcher. Jetzt reicht es mir und ich hole beide Hunde ins Haus, erzähle etwas von Kulturbanausen und Schwester-Vorbildern, denen Hund nacheifern könnte. Beide Airedales hören mit schief gelegten Köpfen aufmerksam zu, ich fürchte allerdings, sie haben nicht wirklich verstanden, was ich ihnen begreiflich machen will.
Kurz bevor Max Kelly wieder abholt, lasse ich die Geschwister noch einmal für eine kleine Tobe-Einheit an die Luft. Während die Zwei ausgelassen spielen, kann ich schon die Vorbereitungen für das Essen in Angriff nehmen. Aus dem Garten erschallt wütendes Bellen, kaum dass ich die Kühlschranktür geöffnet habe. Das kann doch nicht wahr sein, King muss schon wieder tätig geworden sein. Aber der Rasen ist völlig zwiebelfrei. Fast hätte ich dem armen Kerl wegen meines falschen Verdachtes ein Leckerchen gegönnt, da entdecke ich den zwiebellosen Krater, den er gut versteckt im hinteren Teil des Beetes ausgeschachtet hat.
Als Max Kelly mit zu sich nach Hause nehmen möchte, lehne ich sein Ansinnen entrüstet ab. »Die brauche ich noch! Die bekommst du frühestens zurück, wenn sie mich erfolgreich dabei unterstützt hat, ihrem Bruder beizubringen, dass Ausgrabungen jeglicher Art in Gartenbeeten verboten sind und ein strenges Ausfuhrverbot für Blumenzwiebeln besteht. Denn in diesen sensiblen Kulturen ist trotz königlicher Revieransprüche alles meins!«