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1.2 Tiefgang und Halt – wie der Glaube die Persönlichkeit verändert

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In meiner Arbeit und auch ganz persönlich bin ich immer wieder mit der Frage konfrontiert: Wie wirkt sich der christliche Glaube auf unser Leben aus, welche positiven Veränderungen spüren Christen durch den Glauben in ihrer Haltung und Persönlichkeit? Sind gläubige Menschen glücklicher, gesünder, freier, ­optimistischer, so wie man es von außen gesehen oft meint oder vielleicht auch versprochen bekommt? Kann man diese positiven Veränderungen überhaupt erwarten oder sind sie nicht einfach Geschenk?

Zunächst einmal gilt es festzustellen, dass charakterliche Eigenheiten und bestimmte Persönlichkeitsanteile durch den Glauben nicht einfach „wegretuschiert“ werden, sondern in der Regel bestehen bleiben oder sich nur langsam verändern. Außerdem bewahrt der Glaube an den Gott der Bibel und an Jesus Christus mich nicht vor persönlichen Schicksalsschlägen, Niederlagen, Krankheiten, Herausforderungen und Lebenskrisen. Christen müssen genauso wie andere Menschen die Tiefpunkte des Lebens durchleben. Oft gerät der Glaube dadurch in die Krise und es wachsen Fragen im Inneren: Warum lässt Gott das zu? Wieso bewahrt er mich nicht? Warum finde ich keine befriedigende Antwort auf die bohrenden und nagenden Themen?

Dieses Thema rund um das persönliche Leid und die weltweite Not wird immer wieder von Nichtchristen als Argument angeführt: Wenn es euren Gott gäbe, dann ließe er all das nicht zu! Auf diese Anklage kann man meist nur schwer reagieren, denn uns im Namen Gottes zu rechtfertigen wird uns nicht gelingen. Wir können an dieser Stelle aber dem Fragenden zustimmen und sagen: Ja, da hast du recht, das ist auch meine Frage. Ich wünsche mir auch, dass Gott sich hier stärker, mächtiger und wirkungsvoller zeigt, aber so ist es eben nicht. Gott mutet seiner Welt zu, dass sie für die getroffenen Entscheidungen selbst geradesteht. Das ist echte Freiheit!

Kommen Christen mit ihren Zweifeln und Fragen in die Beratung oder Seelsorge, dann ist meist schon ein erster Schritt getan. Man gibt ehrlich zu, nicht weiterzukommen und einen Ort zu brauchen, an dem offen reflektiert und laut mit jemandem über die wichtigen Themen des Lebens nachgedacht werden kann. Immer noch erlebe ich, dass viele das als Schwäche abtun und meinen, wer wirklich glaube und mit Gott lebe, habe das nicht nötig. Meine Erfahrung ist – den Schritt zu gehen, sich jemandem zu öffnen und auszusprechen, was im Inneren vorgeht, kostet wesentlich mehr Kraft und zeugt eher von Stärke, als es nicht zu tun. Wir leben in einer Welt, in der Autonomie und Selbstbestimmtheit immer größere Bedeutung bekommen. Diese Haltung macht auch vor Christen und Christinnen nicht Halt. Wem es dann trotzdem gelingt, sich auf den Weg zu machen und die Lebensthemen offensiv anzugehen, der erlebt es als großen Gewinn und als Bereicherung.

Hin und wieder komme ich ins Gespräch mit hauptamtlichen Mitarbeitern der Kirche, die ja eigentlich wissen müssten, wie man mit Lebenskrisen und Zweifeln klarkommt. Ich kann diese Sichtweise nicht bestätigen und erlebe, dass die Glaubwürdigkeit und das Einfühlungsvermögen eines Pastors oder Pfarrers mit der Ehrlichkeit steigt, die er seinen eigenen Schwächen gegenüber entwickelt.

Frau sein in jeder Beziehung

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