Читать книгу Frau sein in jeder Beziehung - Antje Rein - Страница 9

Ganz unverhofft wurde Michaela mit der Tatsache konfrontiert, dass ihr Mann sich für eine andere Frau entschieden hatte. Sie hatte schon lange gespürt, dass etwas nicht stimmte, aber hatte nicht den Mut gehabt, es anzusprechen. Als die Wahrheit dann ans Licht kam, brach eine Welt für sie zusammen. Alles, was ihr bis dahin als sicher und berechenbar erschienen war, wurde plötzlich unsicher und unberechenbar. Michaela hatte bis zu dem Zeitpunkt fest daran geglaubt, dass Gott ihr Leben führe und bewahre. Dieser Glaube wurde nun ebenfalls zutiefst erschüttert. Wie kann Gott, der mich liebt und für mich sorgt, zulassen, dass ich so leiden muss und verletzt werde? Die Gedanken quälten sie über Wochen und Monate und sie geriet in die tiefste Lebens- und Glaubenskrise, die sie je erlebt hatte. Allerdings ließ sie es sich nicht rauben, ihren Schmerz, den Kummer und die Trauer Gott immer wieder weiterzugeben. Sie betete, schrieb Tagebuch und ging durch das tiefe Tal der zerbrochenen Träume.

Es passierte nicht von einem Tag auf den anderen und auch nicht durch ein direkt zuzuordnendes „Wunder von außen“, aber nach und nach wurde die Trauer weniger. Ihre Gebete drehten sich nicht mehr ausschließlich um die zerbrochene Ehe. Es war, als hätte sie alles, was es zu klagen gab, beklagt. Hilfreich waren ihr in dieser Zeit Freunde, Familienangehörige und eine Seelsorgerin – Menschen, die einfach Zeit mit ihr verbrachten und den Schmerz mit ihr aushielten. Keiner dieser Menschen warf ihr vor, dass sie als Christin nicht zweifeln oder klagen dürfe. Alle ertrugen mit ihr gemeinsam, dass so ein Schicksalsschlag einfach nur beklagt werden kann.

Würden wir Michaela heute fragen, wie sich ihr Glaube durch diese Lebensphase verändert hat, dann würde sie uns berichten, dass er eher tiefer und lebendiger geworden ist durch diese Erfahrung. Sie hat Gott in dieser Zeit nicht verloren, sondern neu gefunden – als Tröster, als Hirte, als Beistand und auch als Helfer.