Читать книгу Unsere Gleichgültigkeit ist das Todesurteil anderer - Anton Jaru - Страница 10
Vorurteile
ОглавлениеJeder hat sie und sie komplett abzulegen ist ein Ding der Unmöglichkeit - Vorurteile. Urteile, die nicht auf Wahrheit geprüft wurden. Kein Wunder, schließlich ersparen sie uns aufwendige Denkarbeit - das Differenzieren und Analysieren - jedoch sorgen auch sie für ein verzerrtes Weltbild. Noch dazu führen Vorteile oft zu einer starken Voreingenommenheit, die blind für Tatsachen und unerwünschte Informationen macht. Wir sollten uns deshalb immer wieder klarmachen, wie voreingenommen wir auf neue Informationen reagieren.
Durch äußere Faktoren bedingte Vorurteile gleichen immer einer klassischen Konditionierung - ein Denkprozess findet gar nicht erst statt. Bedeutet, auf einen bestimmten Reiz, dazu reicht schon ein Wort, wird mit einem bestimmten Reflex reagiert. Die berühmte deutsche Psychologin Vera F. Birkenbihl nannte dazu einst ein anschauliches Beispiel: Ein Mann erzählt jemandem über einen spannenden wissenschaftlichen Durchbruch, sein Zuhörer ist begeistert. Doch dann erklärt er, dass polnische Wissenschaftler dafür verantwortlich seien - plötzliche Enttäuschung („Die können sowas doch gar nicht!“). Wären es US-amerikanische oder britische Wissenschaftler gewesen, wäre die eigene Welt noch in Ordnung. Das ist ein Beispiel für ein klassisches Vorurteil, das sich innerhalb der Gesellschaft mit der Zeit verbreitet hat und sich tief in den Köpfen der breiten Masse festgesetzt hat.
Es gibt auch solche, die vor allem Medien „herbeikonditionieren“. Beispielsweise wenn bei Kritikern der offiziellen 9/11-Version direkt an Spinner und Verschwörungstheoretiker gedacht wird; wenn bei Euro-Kritikern direkt an rückständige Nationalisten gedacht wird oder wenn bei Israel-Kritikern direkt an Antisemiten gedacht wird. George Orwell hätte dieses Phänomen wohl „Gedankenverbrechen“ genannt.
Ferner gibt es die durch eigene voreilige Schlüsse verschuldeten Vorurteile. Zum einen wäre die induktive Logik bzw. Verallgemeinerung zu nennen - man schließt vom Einzelnen auf das Allgemeine (oft in Bezug auf Gemeinschaften und Gesellschaften). Zum anderen gibt es Vorurteile, die aus vermeintlich Offensichtlichem geschlossen werden; Hintergründe und Zusammenhänge, die nicht sofort erkenntlich sind, werden völlig außer Acht gelassen (oberflächliches Denken). So kann man aus einigen Puzzleteilen ein ganzes Bild herbeidichten, abenteuerliche Schuldzuweisungen können entstehen usw.
Ein unmündiger Mensch gibt sich aber nicht alleine mit Vorurteilen zufrieden, sie sollen noch ständig bedient werden. Das erwartet er vor allem von der Berichterstattung in den Medien, um ja keine wertvolle Hirnleistung zu verschwenden. Was nicht dem Weltbild entspricht, dem wird aus dem Weg gegangen. Schubladendenken und Vorurteile - nieder damit! Tipp: Analyse statt Oberflächlichkeit.