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2.

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Ein wahrer Hagelschauer prasselte gegen den TIRUN. Atlan erkannte schnell, dass nur die Bäume die Angreifer waren. Zu Tausenden schossen sie ihre hellroten »Kiefernnadeln« auf ihn und seine Gefährten ab. Mit einem Gedankenbefehl aktivierte er den Individualschirm – gerade noch rechtzeitig, denn jäh brach der Boden unter ihm ein. Atlan wurde gedankenschnell in die Tiefe gezogen, und über ihm schloss sich der Waldboden sofort wieder. Im Helmfunk hörte er Saliks Aufschrei.

Notstart!, dachte Atlan.

Die Flugaggregate in den Knöchelwülsten der Kombination reagierten prompt und rissen ihn gleich einer startenden Rakete empor. Weil der auf Körperkontur anliegende Schutzschirm alle Materie fernhielt, entstand für Atlan der Eindruck, als wühlte er sich durch lockeren Sand.

Gleich darauf war er wieder frei. Wenige Meter neben ihm brach Jen Salik ebenfalls aus dem Untergrund hervor. Lethos-Terakdschan schwebte schon in der Luft. Nur Domo Sokrat war nicht zu sehen. Aber dort, wo der Haluter in die Tiefe gesogen worden war, wogte der Boden soeben Blasen werfend auf.

»Brauchst du Hilfe, Sokratos?«, rief Atlan über Helmfunk. Ein wildes Grollen antwortete ihm; der Haluter schien vor Wut förmlich zu kochen.

Vor verletztem Stolz!, korrigierte der Logiksektor.

Atlan verstand die Bemerkung erst, als er sah, dass Lethos eine Art Wirbelfeld-Traktorstrahl einsetzte. Da war ein kegelförmiges Flimmern, das von einem kleinen Gerät an Lethos' Gürtel ausging und sich zum Boden hin weitete. Zweifellos ein Produkt porleytischer Technik, das der Hathor wie so vieles andere als Gedankenmuster aus dem Dom Kesdschan mitgenommen und aus der Formenergie der Starsenmauer memoriert hatte.

Die aufgewühlte Bodenmaterie drehte sich kreiselnd und schraubte sich aufwärts, zugleich wuchs die Rotationsgeschwindigkeit an. Es dauerte nur Augenblicke, bis das hochgewirbelte Erdreich von der Zentrifugalkraft weggeschleudert wurde.

Darunter kam Sokrat mit offenem Helm zum Vorschein. Sein Schutzschirm war nicht aktiviert. Deshalb hatte der Boden den Haluter trotz seiner gewaltigen Kräfte festhalten können, und das erklärte seinen verletzten Stolz.

Atlan erkannte, was er schon vermutet hatte. Der Untergrund im Reich der Jaschemen hatte nichts, rein gar nichts mit Erdreich im ursprünglichen Sinn des Wortes zu tun. Alles setzte sich aus Myriaden von Mikromodulen zusammen, die sich koordiniert bewegen konnten, als gehorchten sie einem einzigen Willen.

Der Haluter hatte das bislang nicht bemerkt. In seinem Zorn war ihm offenbar gar nicht in den Sinn gekommen, sein Planhirn zu bemühen. Das tat er erst, als Lethos den Wirbelfeld-Traktorstrahl abschaltete.

»Kybernetischer Dreck!«, grollte Sokrat verächtlich und spie Tausende von Mikromodulen aus. Weit mehr davon hauchten im Mahlen seines Raubtiergebisses ihr robotisches Pseudoleben aus. Sokrat schluckte den Modulschrott in seinen Konvertermagen.

»Wir sollten zusehen, dass wir Land gewinnen«, entschied Atlan. Nachdenklich musterte er den bunten Dunst, der überall zwischen den Bäumen aufzog. »Wahrscheinlich war das eben nur ein Vorgeschmack dessen, was uns hier erwartet.«

»Dann kämpfen wir, Atlanos!«, verkündete Sokrat mit der Lautstärke eines wütenden Elefantenbullen. »Wir wissen, womit wir es zu tun haben. Damit werden wir allemal fertig.«

»Wir haben nicht vor, gegen Windmühlenflügel anzutreten.« Jen Salik verließ das Wäldchen als Erster. Lethos folgte ihm, und das veranlasste den Haluter, ebenfalls umzudrehen.

Sokrat wurde deshalb nur von den Ausläufern der Trombe berührt, die sich beinahe schlagartig bildete, als die Dunstschleier jäh auf ein gemeinsames Zentrum zustürzten. Ein rotierendes schlauchförmiges Gebilde entstand, dessen Wucht alle im Weg stehenden Bäume zu Staub zerrieb. Der Schutzschirm des Haluters flammte auf. Domo Sokrat wurde geradezu zwischen Salik und Lethos hindurchkatapultiert, pflügte eine glühende Rinne ins Grasland und stieg danach unter der Wirkung seines Flugaggregats steil empor, bevor er sich wieder fing.

Etwas wie eine Windhose aus Milliarden und Abermilliarden rotierender Mikromodule raste auf Atlan und Jen Salik zu und verdichtete sich dabei durch zahllose weitere Module, die sie aus dem Boden aufsog. Die beiden Angegriffenen holten mit einem Gedankenbefehl ihre Waffen aus den Handgelenkswülsten ihrer TIRUNS. Die an Pfeilspitzen erinnernden Systeme schwärmten blitzschnell aus. Ihre Kampfstrahlen ließen ein Heer von Mikromodulen verglühen oder desintegrierten sie.

Die Trombe verlor den Kontakt zum Untergrund, geriet ins Schlingern und blähte sich dennoch weiter auf, bis sie nicht einmal mehr einen Lufthauch verursachte. Kraftlos wirbelten ihre Überreste herum und lagerten sich allmählich irgendwo ab.

Und schon wurde die nächste Bedrohung erkennbar. Etwa 300 Meter entfernt standen und schwebten Tausende kybernetischer Gebilde unterschiedlichster Form und Größe.

Lethos-Terakdschan hob Einhalt gebietend die rechte Hand. »Nicht planlos schießen!«, mahnte er. »Die Bezeichnung als Kyberland für das Reich der Jaschemen scheint mehr als nur zutreffend zu sein. Ich denke, die Reaktion der Module auf unser Eindringen ist der Immunreaktion eines biologischen Organismus auf Fremdeiweiß vergleichbar. Wir haben es vermutlich nicht mit einem zentral gelenkten Angriff zu tun, sondern mit einem Automatismus. Was leider bedeutet, dass die Attacken schlimmer und massiver werden, je heftiger wir uns zur Wehr setzen.«

»Sollen wir gleich aufgeben?«, grollte Sokrat.

»Das nicht«, antwortete Lethos. »Wir dürfen eben nur Rückzugsgefechte führen«.

Caglamas Vlot lehnte sich an die Konturwand seines Standplatzes und legte die Arme an beiden Seiten auf die Polsterstützen. Er beobachtete in dem Holo vor ihm die Auseinandersetzung zwischen den vier Fremden und den Kybermodulen. Etwas störte ihn, doch es dauerte eine Weile, bis er wusste, was.

»Es sind nur vier Fremde. Wo sind die beiden anderen geblieben?« Vlot wandte den Kopf und fixierte das Wesen, das auf seiner zur Faust geballten linken Hand saß. »Schekar, weißt du es?«, fragte er fordernd.

Das Wesen spreizte nacheinander beide Krallenfüße und zog sie wieder zusammen, dann schüttelte es sein rotbraunes Federkleid und legte den Kopf schief. Es musterte den Jaschemen mit einem großen blauen Auge und antwortete krächzend: »Im Speicher sind sechs Fremde angekommen. Folglich befinden sich sechs im Kyberland.«

»Rechnen kann ich selbst«, gab Vlot verärgert zurück. »Ich will wissen, wo die fehlenden Fremden sind! Auf der Ebene sehe ich nur vier von ihnen.«

Er wandte den Kopf nach rechts. »Teschon!«

Das Wesen auf seiner ebenfalls zur Faust geballten rechten Hand gehörte zum gleichen Typ wie Schekar, nur handelte es sich um ein anderes Modell. Sein Federkleid war tiefschwarz, die beiden Augen an den Kopfseiten glühten rubinrot. Es musterte den Jaschemen indigniert, legte den Kopf in den Nacken, öffnete den Krummschnabel und gab eine Art Fanfarenstoß von sich.

»Auf der Ebene sehe ich auch nur vier Fremde«, krächzte Teschon. »Und das sind schon zwei zu viel. Sie strengen sich überhaupt nicht an und kämpfen nur lustlos.«

Caglamas Vlot vergaß die beiden Eindringlinge, die er vermisste, und widmete sich dem Holobild. Die Kybermodule rückten von allen Seiten auf die Fremden zu, von denen drei sich in der äußeren Erscheinung weitgehend glichen. Der vierte musste einem völlig anderen Volk angehören.

Kampfstrahlen zuckten hin und her. Die Fremden wurden wiederholt getroffen, hatten sich aber mit Schutzschirmen umgeben, die jede Waffenwirkung absorbierten. Anders sah es bei den Kybermodulen aus. Sobald sie getroffen wurden, verloren sie an Substanz oder fielen vollständig aus. Vlot störte sich nicht daran, denn Verluste waren einkalkuliert. Im Jaschemenreich gab es kybernetische Module im Überfluss. Ein Aderlass konnte nicht schaden; er würde sogar Raum schaffen für die Fertigung neuartiger Module, die stets hinausgezögert worden war.

Die Verluste waren indes kaum nennenswert, und das lag an der Kampftaktik der Fremden. Statt eine Rundumverteidigung aufzubauen und gegen die ganze Front der angreifenden Module loszuschlagen, beschränkten sie ihre Abwehr auf einen Bereich. Vlot ahnte, dass sie dort durchbrechen wollten, um zu fliehen.

»Das ist eine Beleidigung«, grollte er. »Ich schicke ihnen eine halbe Armee von Kybermodulen entgegen, damit ich turbulente Kämpfe beobachten kann – und sie wagen es, mir dieses Vergnügen vorzuenthalten.«

»Es ist eine Schande«, krächzte Schekar.

»Diese Kränkung kann nur mit Blut abgewaschen werden!«, schrie Teschon, heftig mit den Flügeln schlagend.

»Ein Ei!«, verlangte Vlot grimmig.

»Verwünscht sei das Ei, aus dem die Fremden gekrochen sind!«, krächzte Schekar.

»Rede keinen Unsinn!«, fuhr der Jascheme das rotbraun gefiederte Wesen an. »Ein Ei! Los!«

Mit Bewegungen, die verraten sollten, dass das Wesen sich gekränkt fühlte, stieg es von Vlots linker Hand und krallte sich an seinem Unterarm fest. Als die Hand sich danach öffnete, drehte Schekar sich um.

»Na, also!« Vlot seufzte, während die eiförmige Multischalteinheit in seine Hand glitt. »Manchmal stellt ihr euch an, als hättet ihr vergessen, dass ihr nur Kyberneten seid.«

»Wir sind nicht nur Kyberneten, Schöpfer«, wandte Teschon ein. »Wir sind vor allem deine Berater.«

»Meine Diener seid ihr!«, wies Vlot das schwarz gefiederte Wesen zurecht. »Und nun verschwindet! Sucht die beiden fehlenden Fremden!«

Er wartete, bis die Kyberneten mit schwerfälligen Flügelschlägen wegflogen, dann konzentrierte er sich auf die Multischalteinheit in seiner Hand – und fühlte sich Sekunden später in allen Kybermodulen auf der Ebene gleichzeitig ...

Atlan bemerkte die Veränderung als Erster: Die Module rückten schneller vor, die Atmosphäre war bedrohlicher geworden. Er aktivierte eine weitere seiner Waffen, einen Intervallstrahler. Die intermittierenden Hyperfelder zertrümmerten ein bungalowgroßes Modul.

Zwei andere Kybermodule feuerten mindestens 20 Miniraketen auf ihn ab. Er konnte einige von ihnen mit Desintegratorschüssen auflösen, weitere wurden von Jen Salik abgeschossen. Nur fünf Raketen trafen. Atlans Schutzschirm flackerte, hielt der Belastung aber stand.

Gleich darauf schlugen Dutzende kleiner schwarzer Werfergranaten ringsum ein. Sie schienen Blindgänger zu sein, denn sie blieben reaktionslos im Gras liegen. Erst ein Warnsignal seines TIRUNS belehrte Atlan eines Besseren. Die Granaten erzeugten intermittierende Hyperfelder wie sein Intervallstrahler, wenngleich auf einer Frequenz, die keine Materie angriff, sondern dimensional übergeordnete Energie – in diesem Fall die Energie der von den TIRUNS aufgebauten Individualschutzschirme.

»Weg hier!«, rief Atlan seinen Gefährten zu.

Salik reagierte wie er und hob ab. Nur Domo Sokrat und Lethos-Terakdschan trafen keine Anstalten zur Flucht. Der Hathor hatte einige der von ihm memorierten Geräte zerlegt, um daraus andere Waffen mit zerstörerischer Wirkung zu kombinieren. Beide ließen sich in ihren Bemühungen nicht unterbrechen.

Ohnehin schien Lethos' Schutzschirm energetisch besonders strukturiert zu sein, denn er wurde von den Hyperfeldern nicht angegriffen. Sokrats Schirm hingegen brach zusammen, gleichzeitig traf ein Impulsschuss den Haluter.

Atlan feuerte auf das angreifende Kybermodul und zerstörte es. Erst danach sah er sich nach Sokrat um. Er atmete erleichtert auf, weil er seinen Orbiter schon gegen die nächsten Module anrennen sah. Domo Sokrat hatte die Zellstruktur seines Körpers gerade noch verhärten können, bevor er getroffen worden war – und wie stets hatten die Molekularwandler seines Kampfanzugs das elastische Material ebenfalls zur Härte von molekularverdichtetem Stahl verstärkt.

Atlan konnte nicht weiter auf die Gefährten achten. Strahlschüsse und Raketengeschosse zwangen ihn zu schnellem Zickzackflug.

»Weißt du, wohin Tengri verschwunden ist?«, erklang Saliks Stimme im Helmempfang.

Atlan flog soeben ein Ausweichmanöver, verlängerte es zur Parabel, schoss einige Salven ab und hielt nach dem Hathor Ausschau. Die Stelle, an der er Lethos zuletzt gesehen hatte, war leer. Auch alle Geräte waren verschwunden. Die Frage war nur, ob der Hathor weitergeflogen war, sich unsichtbar gemacht hatte oder ...

... tot ist?, empfing Atlan einen mild-ironischen Gedanken.

Tengri?, dachte er erfreut zurück. Du lebst!

Der Hathor lachte leise, diesmal akustisch über Funk. »Selbstverständlich, mein Freund. Du selbst solltest vorsichtiger sein: Ein Jagdgleiter hat es auf dich abgesehen. Bleib unten, nicht aufsteigen! Ich erledige die Sache. Halte dich dicht an das große Modul, um das du eben herumkurvst! Ich melde mich wieder.«

»In Ordnung.« Atlan schwenkte zu einer zweiten Umkreisung des häuserblockgroßen Kybermoduls ein, auf dessen Oberseite schwere Strahlgeschütze montiert waren – harmlos für jeden, der sich in ihrem toten Winkel hielt.

Er blickte sich zugleich sehr aufmerksam nach dem Jagdgleiter um, den Lethos erwähnt hatte. Schon nach wenigen Sekunden entstand eine Ortungsprojektion im Helmdisplay: ein tropfenförmiges Modul mit dreieckigen Stummelflügeln.

Die Ortung erfasste den Jagdgleiter nur deshalb, weil er mit Sextadimenergie förmlich vollgepumpt wurde. Das konnte nur Lethos' Werk sein. Obwohl der Hathor nirgendwo zu sehen war. Zweifellos hatte er sich mit seiner Montur unsichtbar gemacht.

Der Kybernet des Jagdgleiters flog aberwitzige Manöver. Dennoch entkam er der Sextadimenergie nicht; das Modul blähte sich scheinbar auf und verblasste zu einem schnell dahinschwindenden Schemen.

»Da bin ich wieder!«, rief Lethos-Terakdschan. »Ich musste bis fast zur Tiefenkonstante aufsteigen, um mehr erkennen zu können. Es gibt in etwa zwanzig Kilometern Entfernung einen ausgedehnten Gebäudekomplex. Nach seinen Emissionen zu urteilen, dient er der schalttechnischen Kontrolle von Gravitation. Eine vermutlich empfindliche Anlage. Ich glaube, dass wir in dem Bereich vor massiven Angriffen sicher sein dürften. Suchen wir also dort fürs Erste Zuflucht.«

»Einverstanden«, bestätigte Jen Salik.

»Ich auch«, sagte Atlan. »Welche Richtung?«

Schräg links von ihm blähte sich am bunten Himmel eine schwarze Sonne auf und verblasste schnell wieder.

Perry Rhodan 149: Der Einsame der Tiefe  (Silberband)

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