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4.

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Atlan und seine Gefährten konnten die Silhouette des von Lethos-Terakdschan entdeckten Gebäudekomplexes bereits sehen – ein gigantisches Konglomerat der unterschiedlichsten Gebäude und Baustile, ausnahmslos in Rotschattierungen gehalten –, da explodierte der Himmel. Zumindest war das der erste Eindruck, den sie von der Erscheinung hatten.

Tatsächlich wurden gegensätzlich gepolte Energiefelder unter die Himmelswölbung projiziert und verursachten Entladungen, gegen die jedes natürliche Unwetter verblasst wäre. Innerhalb von Sekunden brach Atlans Schutzschirm zusammen. Ihm blieb gerade noch Zeit für eine leidlich passable Notlandung, bevor sein TIRUN flugunfähig wurde. In seiner Nähe sackten auch Jen Salik, Domo Sokrat und Lethos-Terakdschan zu Boden. Der Hathor wurde zwar weiterhin von seinem auf Kontur geschalteten Schirm geschützt, der Antrieb seines Anzugs schien allerdings versagt zu haben.

»Seht zu, dass ihr die Gebäude erreicht!« Lethos war kaum zu verstehen, da sogar der Funk erheblich beeinträchtigt wurde. »Ich decke euren Rückzug.«

Alles andere verbot sich von selbst, denn die Kybermodule sammelten sich in der Ebene bereits zu einem neuen Angriff.

»Beeilt euch!«, drängte Lethos.

Jen Salik rannte los, Atlan folgte ihm. Schließlich lief auch der Haluter los.

Etwas explodierte mit schmetterndem Krachen. Atlan wollte sich noch abfangen, da wurde es schon schwarz um ihn herum.

Als er wieder zu sich kam, lag er lang ausgestreckt auf hartem, von rötlicher Glut bestreutem Boden. Über ihm schwebte der mächtige schwarze Schädel des Haluters und zwei der drei Stielaugen neigten sich ihm entgegen.

»Warte hier, Atlanos!«, grollte Domo Sokrat. »Das Energiegewitter hat aufgehört. Jen liegt irgendwo in der Umgebung, ich muss ihn finden.«

»Was war los?«

»Ein Blitz ist neben dir eingeschlagen. Die Entladung hat dich weggeschleudert und dein Bewusstsein ausgeknipst.« Sokrat verschwand.

Atlan setzte sich benommen auf. Die Mikrofone des TIRUNS fingen ein fernes Grollen und Rauschen auf. Ansonsten war es still. Der Himmel hatte wieder die schreiend bunte Färbung. Atlan öffnete den Folienhelm. Die Luft roch intensiv nach Rauch und Asche. Die rötliche Glut auf dem Boden bestand aus schwach nachglühender Schlacke. Die Entladungen hatten das bunte Gras offenbar restlos verbrannt.

Achte auf das Rauschen!, mahnte der Logiksektor.

Atlan horchte auf. Das Rauschen war lauter geworden, nur das Grummeln veränderte sich anscheinend nicht. Langsam richtete er sich auf und sah sich um. Woher das Rauschen kam, war nicht zu erkennen. Atlan stellte überrascht fest, dass die Kybermodule sich entfernt hatten; sie waren nur mehr als Schemen am Horizont auszumachen. Als er sich umwandte, sah er die Silhouette der weitläufigen Stadt – und das Gelände bis zu diesem gigantischen Gebäudekonglomerat war frei.

Der Haluter kam zurück, eine schlaffe Gestalt mit den Handlungsarmen an sich gedrückt. Jen Salik war bewusstlos.

»Hast du Tengri auch entdeckt?«, fragte Atlan.

»Nein«, antwortete Sokrat. »Ich nehme an ...«

Lethos-Terakdschan meldete sich in dem Moment über Helmfunk. »Das Land wird von flüssiger Formenergie geflutet!«, warnte er. »Rettet euch in die Stadt!«

Daher kam das Rauschen, das hatte der Logiksektor also gemeint. Atlan wurde schlagartig bewusst, dass das Geräusch nahezu kontinuierlich lauter geworden war. Er sah sich erneut um und entdeckte mindestens einen Kilometer entfernt ein vages Glitzern und Flimmern. Erst bei genauerem Hinsehen entpuppte es sich als meterhoher und viele Kilometer langer sichelförmiger Streifen – die Frontwelle einer unaufhaltsam näher kommenden Flut.

Atlan versuchte ungefähr abzuschätzen, wie schnell die Formenergie näher kam und ob sie überhaupt eine Chance hatten, die Stadt rechtzeitig zu erreichen.

»Wir brauchen nur die Schutzanzüge zu schließen und die Formenergie über uns hinwegfließen zu lassen«, stellte Sokrat fest. »Vielleicht reißt sie uns mit, dann sind wir umso schneller am Ziel.«

»Ich glaube kaum, dass die Formenergie ihren flüssigen Zustand beibehält, sobald sie uns unter sich begraben hat«, entgegnete Atlan. »Sie wird erstarren und uns konservieren – wie Insekten, die von zähem Baumharz eingeschlossen werden.«

»Dann werde ich rennen und euch tragen.« Der Haluter blickte dem Glitzern entgegen, das höchstens noch 600 Meter entfernt war. Aus dem Rauschen war bereits ein donnerndes und grollendes Tosen geworden.

Der Haluter konnte seine beiden Reiter bis dicht vor einen schwarzroten Turm tragen, dann brandete die Flut heran. Die schimmernde, funkelnde Woge ragte mittlerweile gut vier Meter hoch auf. Optisch ähnelte die Formenergie dünnflüssigem Quecksilber, ihre Oberfläche war glatt, ohne Wellen oder Gischt. Der Anblick wirkte absolut unnatürlich und deshalb weit bedrohlicher, als wenn es sich um Wasser gehandelt hätte.

Mit einem kräftigen Satz sprang Domo Sokrat den Turm an. Er bekam in knapp zehn Metern Höhe die Kante einer Art Erker zu fassen. Unter ihm verhärtete sich die Woge zur Konsistenz von Stahlplastik und riss ein an die vier Meter hohes und sehr viel breiteres Wandstück weg. Dicht gepacktes elektronisches Innenleben, in dem zahllose Kurzschlüsse tobten, kam unter der Verkleidung zum Vorschein.

»Nicht hinein!«, wehrte Atlan ab, weil der Haluter den Kopf zum Rammstoß gegen die Wand senkte. »Für Jen und mich wäre es tödlich. Du musst höher hinauf!«

Offenbar wollte Sokrat widersprechen, doch wurde nur zorniges Grummeln daraus. Mit Händen und Füßen schlug er Trittlöcher in die Turmwandung und stieg höher, während die Formenergie mit tentakelartigen Ausläufern nach ihm griff. Er hielt Salik mit den Zähnen an seinem Gürtelwulst fest; Atlan klammerte sich an die Schulterkreuzgurte der halutischen Kampfkombination. Mit knapper Not entkamen sie den Ausläufern der Formenergie. Bis sie die obere Plattform erreichten, schwankte das Bauwerk jedoch schon bedenklich.

Wer immer die Formenergie lenkt, hat einen Fehler gemacht, meldete sich Atlans Logiksektor. Er ließ sie nach euch greifen, anstatt mit wenigen wuchtigen Stößen den Turm umzureißen. Dadurch hat er die entscheidende Zeitspanne verspielt.

Verspielt?, gab Atlan grübelnd zurück. Vielleicht hat der Unbekannte wirklich nur mit uns gespielt, um uns zur Mobilisierung aller Kräfte zu zwingen.

»Halt dich fest!«, grollte der Haluter.

Atlan wurden fast die Arme aus den Schultergelenken gerissen, als Sokrat brüllend zu einem gut 20 Meter entfernten ähnlichen Turm hinübersprang. Sofort nahm der Haluter Anlauf für den nächsten Sprung.

Diesmal landete er auf einer kristallin wirkenden Brücke, die aus der Distanz zerbrechlich aussah, aus unmittelbarer Nähe jedoch sehr stabil erschien. Da sie rund 50 Meter tiefer lag als die Turmplattform, von der Sokrat abgesprungen war, wirkte sich der Aufprall verheerend aus.

Nicht nur, dass die Brückenkonstruktion ins Schwanken geriet. Atlan verlor den Halt und stürzte. Taumelnd raffte er sich wieder auf.

»Ich konnte nicht anders, mein Ritter«, dröhnte Sokrat. »Das dort solltest du dir ansehen, dann weißt du, weshalb ich keine Rücksicht nehmen durfte.«

Atlans Blick folgte dem deutenden Handlungsarm seines Orbiters. Er fröstelte. Die flüssige Formenergie war an dem ersten Turm emporgebrodelt und schlug soeben über seiner Plattform zusammen. Instinktiv befürchtete er, dass die schauerliche Flut weiterspringen und das nächste Bauwerk sowie danach die Brücke unter sich begraben würde. Zum Glück geschah nichts dergleichen. Die Formenergie versickerte förmlich in allen Rissen und Spalten des Mauerwerks. Ein Knistern und Prasseln ertönte, danach war die Außenfläche des Turmes von einem engmaschigen quecksilberfarbenen Netz bedeckt, das schnell erstarrte. Das silbrige Leuchten überstrahlte die bislang rötliche Färbung des Turmes.

»Was bedeutet das?«, fragte Domo Sokrat.

Die Formenergie war überall erstarrt: ein weiter, sichelförmig um die Gebäude gewundener Ozean, der nicht die geringste Regung zeigte.

»Es bedeutet zumindest, dass wir nicht länger von der Formenergie verfolgt werden«, antwortete Atlan. »Da sogar das Schwanken der Brücke nachlässt, sollten wir uns um Jen kümmern.«

»Es genügt, wenn ihr mir verratet, was seit meinem Black-out geschehen ist«, sagte Salik matt. »Ich fühle mich wie zerschlagen. Außerdem ist mir übel.«

Atlan erklärte knapp, was seit seinem eigenen Erwachen aus der Ohnmacht vorgefallen war. »Vorerst scheinen wir in Sicherheit zu sein«, schloss er. »Aber wir haben weiterhin keine Ahnung, was mit Clio und Bonsin geschehen ist. Wir wissen nicht einmal, wo wir mit der Suche nach ihnen beginnen könnten.«

Jen Salik ging mit unsicheren Schritten zum Geländer der Brücke, die sich kilometerweit zwischen zwei riesigen Bauten spannte, und ließ den Blick schweifen. Mit einem Ruck wandte er sich dann wieder den Gefährten zu. »Wir müssen die beiden finden – und zusehen, dass wir nicht zu viel Zeit verlieren. Das Vagenda wartet. Wenn ich mir vorstelle, dass TRIICLE-9 an seine einstige Position zurückkehrt, ohne dass wir auch nur versucht haben, Vorbereitungen zu treffen, gefriert mir das Blut in den Adern. Dann wird eine unvorstellbare Katastrophe über die Tiefe hereinbrechen.«

»Ich stimme dir zu, Jen«, sagte Atlan. »Allerdings haben wir einen Anhaltspunkt, an dem wir ansetzen können. Wie sagte der arrogante Vitalenergiespeicher? Dies wäre das Reich der Jaschemen. Haben meine kleinen grauen Zellen das korrekt gespeichert?«

»Das ja«, meinte Salik ironisch. »Nur scheinen sie vergessen zu haben, dass der vorlaute Speicher auch sagte, wir wären da, wo hergelaufenes Pack nicht gern gesehen sei.«

»Das haben wir bereits zu spüren bekommen.«

»Vielleicht ist Tengri schon im Begriff, sich näher mit den Technikern der Tiefe zu befassen.« Jen Salik hob abwägend beide Hände. »Wir sollten uns vordringlich um Clio und Bonsin kümmern. Ich mache mir Sorgen um beide.«

Atlan schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass die Spielzeugmacherin ernsthaft gefährdet ist. Ihr Verschwinden sieht eher danach aus, als sei sie entführt worden. Und womöglich trifft das auf Bonsin ebenfalls zu. Jemand will die beiden ausfragen.«

Das Ortungssystem seines TIRUNS meldete sich, indem es den Helm selbsttätig schloss. Im Display erschien die Projektion zweier Wesen, die sich mit wilden Flügelschlägen aus dem Stadtinnern näherten.

»Vögel?«, sagte Atlan verblüfft.

Die beiden Wesen ähnelten zumindest terranischen Hühnern, einem Huhn und einem Hahn, um genau zu sein. Die Ortungsdaten verrieten, dass sie nicht einmal mehr 50 Meter entfernt waren. Atlan schob den Helm ein Stück weit zurück und sah ihnen entgegen.

Sie waren ungefähr halb menschengroß, flogen in geringer Höhe über die Brücke hinweg und schlugen dann eine Richtung ein, die sie am Stadtrand entlangführen würde. Atlan, Salik und Sokrat blickten ihnen nach.

»Als würden sie Patrouille fliegen«, bemerkte der Haluter. »Waren das Jaschemen?«

»Eher Späher der Jaschemen«, antwortete Jen Salik. »Ich denke, sie wurden gentechnisch erzeugt. Nur dass sie terranischen Hühnervögeln ähneln ... Kann das ein Zufall sein?«

Atlan las die Auswertung des TIRUNS ab. »Höchstwahrscheinlich waren das keine biologisch lebenden Wesen. Sie sind von n-dimensionalen Schutzfeldern umgeben, die jede Ortung auf rein optische Wahrnehmungen beschränken und auf Energie abweisend wirken. Ich vermute, es handelt sich um hochwertige kybernetische Systeme. Wenn wir ihnen folgen könnten ...«

»Mein Flugaggregat funktioniert wieder«, sagte Domo Sokrat. »Wartet hier oder in der Nähe auf mich!«

Er jagte hinter den beiden seltsamen Vögeln her ...

Perry Rhodan 149: Der Einsame der Tiefe  (Silberband)

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