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Coup d′État

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Glühende Hitze - fast 343 Kelvin. Zwei Sonnen tauchen die Landschaft in ein surreales, orangerotes Dämmerlicht. Eine von ihnen wird bald das Stadium eines Roten Riesen erreichen. Der Zivilisation bleiben nur noch wenige Jahrzehnte.

Werarga steht mit ihren Soldaten auf dem Scheitelpunkt einer etwa 100 Meter hohen Dünenreihe, die sich - scheinbar endlos - von Horizont zu Horizont zieht. Sie befehligt eine Quincenta - 500 der besten Kämpfer der imperialen Streitkräfte. Ihr Blick wandert über die regelmäßige Anordnung der imposanten Sicheldünen: Dutzende weitere Quincentas haben sich hinter ihnen in Angriffsposition formiert.

Kurz vor Einbruch der Dämmerung hatte man die flüchtenden Sklaven zum letzten Male gesehen - zwei Dünenketten entfernt in Richtung Norden. Es sind so viele, dass der Staat der Narenna ausblutet, wenn man die Arbeitskräfte einfach so ziehen lassen würde. Deshalb hatte der Imperator schon vor Wochen ihre Verfolgung befohlen. Fußspuren zeigten dem kaiserlichen Heer, welcher Weg einzuschlagen wäre.

Es bleiben nur noch sechs Stunden bis zum Einbruch der Nacht. Der Herrscher treibt die Truppen zu immer größerer Eile an. Es ist aber schwierig, eine Schlachtordnung aufzustellen, weil das sandige Gelände dafür denkbar ungeeignet ist. Schon seit geraumer Zeit quälen sich die Soldaten die steil aufragenden Hänge hoch und stürzen die abschüssigen, fast senkrechten Luvseiten häufig unter Lebensgefahr hinab.

Werarga bemerkt seit einigen Minuten westlich ihrer jetzigen Position einen Schatten am Horizont, der erst langsam, dann immer schneller emporwächst. Sie erkennt eine bräunliche Wand, deren vorquellende, undurchsichtige Ausstülpungen alles unter sich zu verschlingen drohen.

Angst steht den Kriegern ins Gesicht geschrieben.

Der Wind nimmt zu.

Dann - leises Zischen, als die ersten Böen Sandteppiche aufwirbeln, die Werarga bis zu ihren Knien reichen.

Sie blickt hinüber zur kaiserlichen Garde, die vom Imperator selbst befehligt wird. Ihre gold- und silberbeschlagenen Rüstungen funkeln im letzten Licht der zwei Sonnen.

Der Kaiser achtet nicht auf die Warnzeichen des aufziehenden Coriolisorkans. Er ist ein unbarmherziger Feldherr und befiehlt einen Sturmangriff.

Seine Vasallen hetzen die Hänge hinunter und den gegenüberliegenden Steilanstieg hinauf. Erste Truppenteile erreichen den schmalen Sandgrat.

Von hier erblicken sie ihre Opfer - es sind Hunderte von Menschen - ehemalige Sklaven.

Werarga wundert sich.

,Wozu dieser enorme militärische Aufwand für die wenigen Flüchtlinge? Wo sind denn die Millionen Sklaven, deretwegen die gesamte kaiserliche Militärmaschinerie in Bewegung gesetzt worden war?’

Werarga wartet auf das ihr geltende Signal zur Attacke. Der Wind hat inzwischen Sturmstärke erreicht. Aufgewirbelte Staub- und Sandmassen des hereinbrechenden Böenkragens behindern immer stärker die Sicht. Ein Hagel von scharfkantigen Körnchen bombardiert die Angreifer - verklebt Nase, Mund und Augen.

Ohne noch weiter zu zögern gibt Werarga den Angriffsbefehl. Die Soldaten stürmen den Abhang hinab - und werden von den nachrutschenden losen Sandmassen beinahe begraben.

Der wütende Sturm hat inzwischen volle Orkanstärke erreicht. Die Kraft des Windes ist so stark, dass Schilde und Speere, schließlich sogar die Kleidung, fortgerissen werden.

Werarga sieht nichts mehr.

Verzweifelt hält sie sich ein Stück Uniformstoff vor Mund und Nase.

Die Kriegerin kann kaum noch atmen, glaubt zu ersticken. Sie verliert das Bewusstsein.

Völlige Dunkelheit. Werarga versucht, ihre Augen zu öffnen. Es gelingt ihr nicht. Kein Muskel scheint ihrem Willen zu gehorchen.

„Wie ist die Gesamtsituation der Narenna?”

Eine warme, sympathische Männerstimme. Jedoch nicht ohne Autorität.

„Sire, das war sehr knapp” - eine Frauenstimme. Saubere Intonation, absolut präzise in ihrer Wortwahl, klare Beschreibung der Lage. „Wenige Minuten länger für die Rettungsmission, und wir hätten nur noch Skelette bergen können.”

„Wie viele Menschen sind es?”

„Insgesamt 18,257 Millionen.”

,Eine Wissenschaftlerin’, schießt es Werarga durch den Kopf.

„Damit dürfte das Imperium der Narenna am Ende sein.”

Die unbekannte Gesprächspartnerin antwortet nicht. Werarga stellt sich vor, dass sie Zustimmung signalisiert.

„Somit konnte diese Sklavengesellschaft vollkommen unblutig beseitigt werden”, stellt erneut die sympathische Stimme - vielleicht die eines Kommandanten - zufrieden fest.

„Das war eine Meisterleistung. Aber wie geht es jetzt weiter, Sire?”

„Die Einwohner werden in einer allmählichen evolutionären Herangehensweise auf die neue technologische Hochkultur der Borennon vorbereitet. Ziel ist es, diesen Planeten in wenigen Jahren auf absolut friedlichem Wege mit der anderen Rasse zu vereinigen. Und sie müssen sich einem Kontakt mit einer vollkommen fremdartigen Kultur stellen. Auf diesen Staat wartet zudem eine noch viel größere Herausforderung - die gewaltfreie Erforschung des Weltraums. Die ersten Schiffe haben sensationelle Entdeckungen gemacht - sie sind auf weitere völlig friedfertige Hochkulturen gestoßen.”

„Nessral, jetzt begreife ich endlich auch, warum in wenigen Wochen so aufwändige Staatsfeiern stattfinden werden”, sagt die Frauenstimme. Ihre Freude ist unüberhörbar.

„Ein neuer Staatenbund wird entstehen - die Magellansche Föderation.”

Der Kurator Band 1

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