Читать книгу Der Kurator, Band 2 - Arno Wulf - Страница 16
Backflash
Оглавление„Was ist los? Wieso zögerst du? Hast du doch Angst davor, mit neuen Spezies in Kontakt zu treten?”, fragte Knud Wahid.
Der Professor hockte sich an das mit grobem Kies bedeckte Ufer des künstlichen Sees. Er blickte unverwandt auf die Wasserfälle, verfolgte mit seinen Augen, wie die Flüssigkeit in einzelne Gischtpakete zerfiel.
Minutenlang saßen sie nur so da. Keiner sprach ein Wort.
„Ich kann nicht darüber reden”, begann Wahid mit flatternder Stimme.
Knud sah ihn von der Seite an. Wahids Gesicht war eine graue Maske. Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn.
Knud legte ihm einen Arm auf seine Schulter.
„Ich vermute - zumindest deute ich dies aus deinem Verhalten - dass du möglicherweise von zurückliegenden Kriegserlebnissen traumatisiert bist.”
Wahids Lippen und Kinn begannen zu zittern, er kollabierte.
„Ich kann es auch niemandem erzählen”, stieß er abgehackt hervor, „du hast so etwas hoffentlich noch nie erlebt. Aber Fatima und Elias haben den Mord an unschuldigen Zivilisten mit angesehen. Ich habe zu lange gezögert...”
Eine ganze Weile verging, bis Wahid die zurückliegenden grausamen Erlebnisse überhaupt in Worte fassen konnte. Knud hörte mit unbewegtem Gesichtsausdruck zu.
Als Wahid geendet hatte, erhob sich Knud, ging einige Schritte auf die Seeoberfläche zu, und blieb genau am Spülsaum des Gewässers stehen. Der Professor blickte zunächst frustriert und tief enttäuscht zu Knud hinüber, der ihn scheinbar nicht weiter beachtete. Dann bemerkte er jedoch, wie Knud die Hände vor sein Gesicht schlug, sich immer wieder mit seinem Hemdsärmel durch das Gesicht wischte.
Fassungslos erhob sich der Professor - und umarmte seinen Schwiegersohn.
„Warendula war nur eine von vielen entsetzlichen Katastrophen, in die ich in meinem langen Leben als Beobachter involviert war”, flüsterte Knud. „Das, was du, was ihr dort mitgemacht habt, gibt euch einen Einblick, was wir Kundschafter, manchmal sogar tagtäglich, erleben mussten. Ich habe viele Lebewesen, die mir einst wichtig waren, die ich geliebt habe, verloren. Es bleiben immer Wunden zurück. Einige schließen sich, fallen möglicherweise dem Vergessen anheim. Die meisten von ihnen jedoch vernarben, und die Erinnerungen sind weiter präsent. Man fühlt sich wie... wie verstümmelt. Und manche Verletzungen verblassen nie, man trägt dieses Wiedererleben ein Leben lang mit sich herum. Wenn ich an sie denke...” Knud flossen erneut Tränen über das Gesicht.
„Was... was ist geschehen...?”
-
„Mouad ist nicht mein erster Geliebter...”
-
„Was sagst du da?” Wahid blickte ihn fassungslos an.
„Mouad und ich hätten uns nie kennen gelernt, wenn Xiao Kong und Nefud Hussein noch am Leben wären.”
Wahid erbleichte - und begriff zugleich.
Knud war beinahe nicht mehr im Stande, weiter zu sprechen.
„Sie sind beide tot. Sie wurden grausam misshandelt, als die Milizen Muqtada as-Sadrs im Irak herausfanden, dass sie schwul waren. Mein chinesischer Freund starb bereits wenige Wochen, nachdem wir uns kennengelernt hatten, in meinen Armen. Einige Monate später musste ich mich auf fast die gleiche Weise von meinem zweiten Mann Nefud, einem bildschönen und hochintelligenten, lieben Iraker, verabschieden - sie hatten ihn grausam entstellt.”
„Auch wenn du, wenn sich das Schicksal anders entschieden hätte, meinen Sohn niemals getroffen hättest - ich wünsche mir nur eins: Wären sie doch noch am Leben!”, flüsterte Wahid.
„Versprich mir nur,”, entgegnete Knud, „dass du all dies bitte erst einmal für dich behältst.”