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Grüne Grenzen

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Nun aber zurück in die Praxis – genauer in die psychotherapeutische Praxis. Zu einem Ort also, in dem sich dazu ausgebildete Menschen darum bemühen, anderen Menschen zu besserer Lebensqualität zu verhelfen. Was und wie hier genau vonstattengeht, -gehen soll und -gehen darf, das prägen die psychotherapeutischen Schulen, die sich in theoretischen und methodischen Zugängen unterscheiden und überschneiden, vor allem jedoch die kulturellen sowie sozial- oder gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen. Diese ermöglichen und wachen mithilfe ihrer rechtlichen Strukturen, ihrer finanzsteuernden Institutionen und den fachlichen Diskursprozessen darüber, dass – salopp gesprochen – überall, wo Psychotherapie draufsteht, auch Psychotherapie drinnen ist (oder auch psychologische Beratung, Lebens- und Sozialberatung und anderes). Selbst wenn die Psychotherapie ein relativ junges berufliches Gewerbe ist, so ist sie, wie jedes andere moderne Berufsbild auch, ständig Anpassungen und Veränderungen ausgesetzt. Qualität und Sicherheit gegenüber den Klient:innen, gegenüber den institutionellen Partnern, gegenüber dem kollegialen Netzwerk sowie gegenüber dem relevanten öffentlichen Raum fordern und fördern Qualitätsstandardisierungen, Dokumentationsrichtlinien und Schutzkonzepte.13 Wer in diesem Feld eine professionelle und offizielle Anerkennung anstrebt oder repräsentiert, wird die Reinheitsgebote seiner Gilde und ihrer Umgebung mitgestalten und umsetzen. Er oder sie oder die Praxisgemeinschaft muss reflektierend anerkennen, was Psychotherapie (oder auch jede andere Profession) ist, was sie für wen und mit wem tut und was nicht. Wie und wie lange sie es tut, und letztlich auch, wo sie es tut. Das Ausverhandeln der professional-territorialen Grenzen schafft ein komplexes Zusammenspiel von Systemen und Strukturen. Es ist ein hochpolitisches Geschehen, das zwischen Ärzt:innen, Psycholog:innen, Psychotherapeut:innen, Lebens- und Sozialberater:innen, Sozialarbeiter:innen, Seelsorger:innen, Priester:innen, Physiotherapeut:innen, Naturheilpraktiker:innen, zwischen Komplementärtherapien, Apotheken, Pharmabetrieben, Berufsverbänden, medizinischem Fachpersonal, Rettung und Notfallstellen, Rechtsbestimmungen, Schaman:innen, Gurus und Zen-Meister:innen, Krankenkassen und Hausmittelkundigen, Medien, Verlagen, Banken, Hauseigentümer:innen, Ombudsstellen, arbeitsmarktlichen Bestimmungen, freimarktlichen Dynamiken, freilich den Hilfesuchenden selbst und ganz vielen, die ich hier nicht aufgezählt habe, im Gange ist. Welch ein vielarmiges Geschehen, das ständig darum bemüht ist, saubere Grenzen und einen ebensolchen Grenzverkehr sicherzustellen! Dennoch – so scheint es – sind Schmuggler und Schlepper ständig am Werk. Von besonderer Bedeutung für uns scheint mir noch etwas: nämlich die vielen Kilometer der sogenannten grünen und blauen Grenzräume.

Dort bei diesen Wäldern, Auen, Bergen, Steppen, Wüsten, Flüssen oder Meeren findet fortwährend Austausch statt. Vögel, Füchse, Schnecken, Samen, Mikroben, Bären, Wölfe, Pilze, Pflanzen, Viren, radioaktive Strahlung, Wüstensand – alles überschreitet in unserer Biosphäre unermüdlich nationale Grenzen und gestaltet fortwährend in Bewegung topografische Rand- und Übergangsräume. Fruchtbar und furchtbar zugleich, je nach Betrachtung und Interesse. Naturgemäß sind auch Menschen und ihre Schicksale an diesen grünen Grenzen unterwegs. Dunkle und helle Momente des Menschlichen erzählen sich hier, damals wie heute: Menschenschmuggel, Flüchtlings- und Rettungsschifffahrt und Grenzhilfen der besonderen Art.14

Natur-Dialoge

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