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Zirkuläre Perspektiven

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Hier wird der Idee des unendlichen Wachstums und Fortschritts eine Absage erteilt und auf die zyklischen, zirkulären Formen natürlicher Prozesse verwiesen. Aus dieser Perspektive treiben die Menschen – sofern sie sich weiterhin progressiv verhalten – auf einen Abgrund zu, weil sie atmosphärisches Gleichgewicht durch massive Extraktion von Ressourcen verstören und so ihre Lebensgrundlagen zerstören. Das könnte man die zirkulär-pessimistische Position nennen. Daneben gibt es auch solche, die daran glauben, dass es möglich ist, zu zirkulären, also humusbildenden und die Atmosphäre nährenden Lebensformen zurückzukehren. Ich nenne sie die zirkulär-zuversichtlichen. Agrar-ökologische Strömungen, Regionalisierungen, Gemeinwohlökonomische Konzepte gehören in dieses Feld.

Die Verortung des sympoietischen Ansatzes erschließt sich aus den folgenden Merkmalen: irdisch, post-heroisch psychologisch, zirkulär-zuversichtlich.


13 Ich kenne eine Reihe von Kolleg:innen in der Schweiz und in Österreich, die seit Jahrzehnten in Praxis und Lehre tätig sind und in den letzten acht Jahren von einem juristisch-bürokratischen Marathon zum nächsten hecheln: von Zertifizierungsverfahren über Datenschutzverordnungen zu Covid-19-Schutzkonzepten und wer weiß, was noch kommen mag. Wie gut, sind sie mittlerweile mit ihren Jurist:innen befreundet!

14 Hierzu passt auch die Geschichte eines Polizeikommandanten, der hier an der Rheintaler Grenze vielen Juden durch einen »falschen« Stempel zur Einreise in die Schweiz verholfen hat. Die Lebensgeschichte von Paul Grüninger wurde in mehreren Filmprojekten dokumentiert, eine davon trägt den Titel: Grenzenlose Flussfreiheit – Tiefgang am Alten Rhein, 2012, eine Produktion des ORF. Hier verweben sich Name, Handlung und Landschaft.

15 In diesen Gedanken bin ich von Bruno Latours Essay Wir sind nie modern gewesen (2019b) gestützt.

16 In ihrem Beitrag »Stereotype und Perturbationen«, erschienen in den Systemischen Notizen 2/2018, denken die Kollegen Martin Luger und Stefan Graf auf inspirierende Weise über das »Projekt der Moderne« und die mögliche Aufgabe eine systemisch-ökologischen Psychotherapie nach: »Psychotherapie kann insofern als Teilprojekt der Moderne gesehen werden, weil darin Friktionen und Problemstellungen von gesellschaftlichen Zusammenhängen entkoppelt und auf Individuen ›projiziert‹ werden können« (Luger u. Graf 2018, S. 14 ff.).

17 Als ehemaliger Priester, dann Psychoanalytiker, hat Bert Hellinger über seine Form der Familienaufstellung, besonders das Prinzip Zugehörigkeit und das Denken in transgenerationalen Verstrickungen ins Feld gebracht. Sein autoritärer, mystifizierender Zugang hat ihn aus dem Raum systemischer Psychotherapie distanziert. Eine unaufgeregte Darstellung rund um Hellingers Wirken findet sich in Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Bert_Hellinger [29.06.2021].

18 Gunthard Weber, der unter dem Titel Zweierlei Glück (2001) dieses Seminar ausführlich dokumentierte, hat damals Bert Hellinger zu einem veritablen Durchbruch verholfen und dem systemischen kollegialen Netz zu einem ebensolchen Konflikt.

19 Die Idee der Existenz eines intuitiven Gesamtwissens oder auch eines weisen Unbewussten, das kooperativ mitwirkt, spielt auch im hypnosystemischen Ansatz eine wichtige Rolle. Vergleiche Das Orchester der Sinne nutzen für erfolgreiche »Lösungssinfonien« – Hypnosystemische multisensorische Strategien für kraftvolle ganzheitliche Lösungen von Gunther Schmidt in Bohne et al. 2019.

20 Dieses Bild des Kurators des eigenen Selbst habe ich bei Andreas Reckwitz’ Analyse der Spätmoderne entdeckt.

21 Anfang Januar 2021, zur Zeit des Entstehens dieses Buches, wurde die Welt Zeuge unglaublicher Bilder: Gehörnte, pelzbehangene Menschen stürmten das Kapitol in der US-amerikanischen Hauptstadt Washington D. C. Aufgeblähte Ermächtigung, genährt von Enttäuschung, Wut und Wahnkonstruktionen, die ihresgleichen suchen. Zugleich eskalierte in vielen Lockdown-Wohnungen häusliche Gewalt, Kindesmissbrauch und Suchtmittelmissbrauch.

22 Bei Konrad Peter Grossmann (2000, S. 162) habe ich dazu folgende schöne Formulierung gefunden: »… dass sich jenseits von Unheilbarkeit dennoch leben und lieben lässt«.

23 Verfügbar unter https://www.zist.de/de/veroeffentlichung/systemisches-denken-und-oekopsychologie [08.09.2020]. Eva Madelung ist Lehrtherapeutin in systemischer Aufstellungsarbeit, Autorin und Stifterin, bekannt auch durch die gemeinsam mit Barbara Inneken entwickelte Technik des Neuro-Imaginativen Gestaltens.

24 Besonders beachtenswert ist hier Joana Macy, die noch bis hohe Alter für ihre Arbeit der Wiederverbindung (The work that reconnects) aktiv ist und ihre buddhistische Schulung mit systemischer Theorie zu einem tiefenökologischen Umwelt-Engagement vereint. Als langjährig aktiven und auch publizierenden Netzwerker in Deutschland will ich hier gerne Geseko von Lüpke anführen. Er hat über die Visionssuche, das Lernen bei indigenen Traditionen und tiefenökologischen Pionieren ein tiefes Verständnis für diesen Zugang entwickelt und setzt sich als Journalist und Seminarleiter für einen ökologischen Bewusstseinswandel ein.

25 Es handelt sich um die beiden Titel Pfeifer 2019 und Petzold et. al. 2019. Wer sich für einen Einblick in diese Monumentalwerke interessiert, dem seien die Rezensionen von Dr. Bettina Grote empfohlen: Die Neuen Naturtherapien (Grote 2020) und Natur in Künstlerischer Therapie und Psychotherapie. Theoretische, methodische und praktische Grundlagen (Grote 2019).

26 In diesem Feld bin ich mit dem südamerikanischen Raum tiefer vertraut, so kann ich hier auf Ailton Krenak (2019) und Davi Kopenava (2010) verweisen. Aus dem Feld der Wissenschaft sind hier Donna Haraway, Bruno Latour, Eduardo Viveiros de Castro zu nennen. Aus meiner Perspektive hat auch das Werk von Hannah Arendt wertvolle Übersetzungsarbeit geleistet.

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