Читать книгу Lexikon der Alpenheilpflanzen - Astrid Süßmuth - Страница 14
Die Alpenflora
ОглавлениеSind die Berge eine Leidenschaft, dann sind Fels und Eis Gier und Lust. Die Sehnsucht aber stillen erst die Blüten. Alpenblumen erinnern an den zarten Schmetterling, der farbenfroh im Sonnenschein tanzt, nachdem er den Großteil seines Lebens als Puppe geschützt in der Dunkelheit zugebracht hat. Und sie faszinieren durch ihre scheinbare Zerbrechlichkeit in lebensfeindlicher Umgebung.
Die Alpenflora ist auch deshalb einzigartig, weil sie zu den wenigen Naturreichen gehört, die vom Menschen lange Zeit weitgehend unberührt blieben. In Abwesenheit menschlicher Einwirkung konnte sich auf den Bergen länger als im Rest Mitteleuropas eine ursprüngliche, alte Flora erhalten. Erst als der Mensch begann, seine wirtschaftlichen Interessen auf die bis dahin intakte Bergwelt auszudehnen, begann die Natur in diesen letzten Refugien Schaden zu nehmen.
Übersicht einiger Alpenpflanzen mit Bezug zu Naturwesen
Elfen und Feen | Echte Edelraute, Edelweiß, Glockenenzian, Gletscherhahnenfuß, Lärche, Mehlprimel, Rundblättrige Glockenblume, Sanikel, Silberwurz |
Hexen | Blauer Eisenhut, Silberwurz |
Salige, Bethen, | Alpen-Heilglöckchen, Alpenrose, Echte Edelraute, |
Wilde Fräulein | Klebriger Salbei, Lärche, Moschus-Schafgarbe, Silberwurz, Speik |
Teufel | Aurikel, Berg-Nelkenwurz, Blauer Eisenhut, Christrose, Stängelloses Leimkraut, Sumpfblättriges Herzblatt |
Tatzlwurm | Latsche |
Zwerge | Gelber Enzian, Blauer Eisenhut, Echte Edelraute, Schwarzes Kohlröschen |
Tafel »Alpenpflanzen« aus Mayers Großem Konversationslexikon von 1906. 1. Bewimperte Alpenrose, 2. Alpenaster, 3. Klebrige Primel, 4. Speik, 5. Gletschernelke, 6. Netz-Weide, 7. Stängelloses Leimkraut, 8. Alpenhahnenfuß, 9. Kleine Sterndolde, 10. Schneeheide, 11. Schmalblätteriges Kohlröschen, 12. Langsporniges Veilchen, 13. Bayrischer Enzian, 14. Glockenenzian, 15. Silberwurz, 16. Spinnwebenhauswurz, 17. Himmelsherold, 18. Immergrüner Steinbrech, 19. Gegenblätteriger Steinbrech, 20. Edelweiß, 21. Alpenleinkraut, 22. Alpenglöckchen, 23. Berghahnenfuß, 24. Latsche.
In den Jahrmillionen nach der Herausbildung der Alpen vereinigten sich zunächst diejenigen Pflanzen, die den geologischen Super-GAU der Alpenentstehung überstanden hatten, mit einer neu eingewanderten Flora. Die nachfolgenden Eiszeiten brachten einige weitere Zäsuren. Nur die anpassungsfähigsten der Alpenpflanzen konnten die Kälteperioden auf Nunatakkern, eisfreien Felsen innerhalb des Eismeeres, überdauern. Einigen gelang es, sich vom Alpenhauptkamm in die eisfreien Gebiete im Norden und insbesondere im Süden zurückzuziehen.
Nach der letzten großen Eiszeit vor etwa 10 000 Jahren kehrten die ursprünglichen Alpenpflanzen zusammen mit Einwanderern aus den Hochebenen Zentralasiens in die Alpen zurück. Über Silikat, dem Urgestein aus Magma des Erdinneren, bildeten sich eher saure Böden, über Kalkgestein, entstanden aus Meeresablagerungen, eher basische Böden. Die meisten Alpenpflanzen haben sich auf die eine oder andere Bodenart spezialisiert, einige wenige sind gegenüber beiden tolerant. Die Kalkflora ist reichhaltiger als die Silikatflora.
Seit Albrecht von Haller vor mehr als 250 Jahren die Alpenflora im Botanischen Garten zu Göppingen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machte, ist das Interesse an ihr ungebrochen. Auch in einem alpenfernen Alpinum, einem auf die Alpenflora spezialisierten Steingarten, zeigt sich der besondere Reiz dieser Pflanzen, doch werden sie in den tiefen Lagen nie ihre große Leuchtkraft erreichen und immer ein bisschen kastriert wirken. Es fehlt der faszinierende Gegensatz zwischen lieblicher Blume und lebensfeindlicher Umgebung, zwischen leuchtenden Farbtupfen, grauem Fels und blauem Eis.
Viele Alpenpflanzen sind auch in der Arktis heimisch, hier Silberwurz (Dryas octopetala) und Stängelloses Leimkraut (Silene acaulis) am Bloomstrand auf Spitzbergen.
Die Lebensbedingungen in den Bergen sind hart und werden umso schwieriger, je höher sich eine Pflanze hinaufwagt. Ein Überleben ist nur dann möglich, wenn sich die Alpenpflanzen ausgefeilter Überlebensstrategien bedienen. Ihre Leuchtkraft ist Teil des Strategiepakets im alpinen Überlebenskampf.
Die wichtigsten, die Vegetation beeinflussenden Faktoren sind Windwirkung, Schneeschutz im Winter, häufiger Frostwechsel, Strahlung, Temperatur, Nährstoff- und Wasserversorgung. Alle Gefahren, denen die Alpenpflanzen ausgesetzt sind, und ihre Strategien dagegen können als Kampf gegen die Elemente aufgefasst werden. Auch ihre jeweilige Überlebensstrategie ist davon geprägt. Die Verbindung einer Pflanze mit dem einen oder anderen Element deutet dabei bereits auf ihre Wirkung als Heilpflanze hin.
Element Feuer – Sonnenstrahlung und Hitzeentwicklung
Durch die staubfreie, dünnere und trockenere Luft am Berg ist die Sonneneinstrahlung dort wesentlich höher als im Tal, zudem ist die Luft dünner. Die Strahlungsintensität auf 1800 Meter beträgt mehr als das Doppelte von der auf Meereshöhe. Um sich gegen die ultraviolette Höhenstrahlung zu schützen, sind Blüten dort wesentlich intensiver gefärbt, vergleichbar der Sonnenbräunung menschlicher Haut. Diese Färbung besteht vor allem aus antioxidativ wirksamen Anthocyanen und zellschützenden Flavonen. Die leuchtenden Blüten haben zudem den großen Vorteil, wertvolle, weil rare Insekten als Bestäuber anzulocken. Auch der bei Alpenpflanzen außergewöhnlich häufig anzutreffende starke Blütenduft ist ein Lockmittel. Die Blätter sind häufig mit einer schützenden Wachsschicht oder dichten Haaren überzogen.
Durch die intensive Strahlung ist es in den Bergen besonders hell und warm – zumindest tagsüber. Dann heizen sich die Felsen in der Sonne auf. Oberhalb von 2000 Metern können an einem Sonnentag durchaus 50 Grad Felstemperatur erreicht werden! Die hohen Tagestemperaturen führen zur Gefahr von Überhitzung und Verdorren. Nachts strahlt das Gestein diese Wärme schnell wieder ab, was eine enorme Temperaturdifferenz zwischen Tag und Nacht mit permanenter nächtlicher Frostgefahr zur Folge hat.
Element Erde – Temperaturen und Bodenqualität
In der alpinen Stufe sind die Böden karg. Kälte und Erosion verhindern die Entstehung von nährenden Humusschichten. Felsstürze, Muren und Lawinen sortieren den Untergrund immer wieder neu. Um die kurze Vegetationszeit ausnutzen zu können, setzen die meisten Alpenpflanzen sofort wieder mit der Fotosynthese zur Nährstoffversorgung ein, wenn der Großteil der Schneedecke geschmolzen ist.
Mit immergrünen Blättern können die Pflanzen bereits vor der vollständigen Schneeschmelze in die neue Vegetationsperiode starten. Dem immergrünen Blattwerk droht allerdings erhebliche Erfrierungsgefahr. Sommerliche Wintereinbrüche können zum Erfrieren ganzer Bestände führen, einige Alpenpflanzen wie der Gletscherhahnenfuß haben eigene Frostschutzmittel entwickelt und in den Zellen eingelagert.
Das Zusammenwirken von niedrigen Temperaturen und einer kurzen Vegetationsperiode führen zu einer mangelhaften Zersetzung organischen Materials, was zu einer verminderten Rückführung der Nährstoffe ins Ökosystem führt. Der Boden kann sich kaum mit wertvollem Humus anreichern, heftige Winderosion führt oft zu weiteren Verlusten.
Element Wasser – Schnee und Regen
Mit steigender Höhe nimmt auch die Dauer der Schneebedeckung zu. Beträgt sie in 1000 Meter Höhe vier Monate, sind es auf 2500 Meter schon zehn Monate. Lediglich an sonnigen Südhängen kann sie um ein bis zwei Monate verkürzt sein. Auf die mechanische Belastung durch die natürliche Schneedecke reagieren viele Alpenpflanzen mit einer Verstärkung ihrer zellulären Strukturen, lästig beim Sammeln, aber eine gute Überlebensstrategie.
Doch die Schneedecke ist nicht nur Vegetationsverhinderer, sondern auch Windschild und Temperaturschutz. Besonders die Schneetälchengesellschaft macht sich das zunutze. Lockere Schneedecken sind lichtdurchlässig, die Pflanzen können schon vor dem vollständigen Ausapern, dem Abschmelzen des Schnees, mit der Fotosynthese beginnen. Wird der Schnee von Pistenraupen verdichtet, ist den Pflanzen diese Möglichkeit genommen.
Besonders in den Randalpen fällt viel Niederschlag, zudem nimmt die Niederschlagsmenge mit der Höhe zu. Viel Wasser fördert genauso wie lange Schneebedeckung die Bildung schädigender Pilze. Einige Alpenpflanzen wie Arnika, Augentrost, Aurikel oder Silbermantel bilden deshalb fungizidwirksame Inhaltsstoffe.
Element Luft – Windchill und Erosion
Zunehmende Windstärke und Windgeschwindigkeit in der Höhe bergen nicht nur die Gefahr, einfach weggeblasen zu werden, die Auswirkungen sind wesentlich weitreichender. Die ständige Brise führt zur Austrocknung des Untergrunds und zu Winderosion. Wesentlich höher noch ist die Gefahr durch das Verblasen schützender Schneedecken, was zu finalen Kahlfrösten führt. Bodennahes Wachstum mit Rosetten- und Polsterbildung ist eine Überlebensstrategie, geschickte Standortwahl eine andere.
Gefährlicher Wandel
Alpenpflanzen müssen die extrem kurze Vegetationsperiode trotz schwieriger Nährstoffversorgung, klimatischer Härten und anderer natürlicher Einflüsse wie Lawinen, Felssturz oder Tierfraß vollständig ausnutzen. Entscheidend ist ihre hohe Stresstoleranz, die im Überlebenskampf der Alpenflora eine wesentlich größere Rolle spielt als die Konkurrenzfähigkeit. Viele Alpenpflanzen sind nicht von ungefähr herausragende Heilmittel für gestresste und vom Leben geplagte Menschen, in psychischer wie in physischer Hinsicht.
Die Alpenflora kann diese hohe Stresstoleranz in ihrem intakten Umfeld aufrechterhalten. Treten aber künstliche, vom Menschen verursachte Störfaktoren wie Pistenpräparierung, Bodeneutrophierung oder Trittschäden durch übermäßige Beweidung auf, reagiert dieses in sich geschlossene Ökosystem sehr empfindlich. Doch nicht nur die direkten Eingriffe des Menschen bedrohen die Alpenwelt und ihre Flora, sondern vor allem Klimawandel und globale Erwärmung. Die hoch spezialisierte Hochgebirgsflora ist in akuter Gefahr, von konkurrenzstarken Arten des Flachlands verdrängt zu werden. Schätzungen zufolge sind 400 endemische Pflanzenarten der Alpen vom Aussterben bedroht (ALLSPACH 2006).
Blaueis mit Blaueishütte, Ansichtskarte um 1927.
Blaueis, 2012. Das Gletscherfeld ist jetzt durch eine Felseninsel zweigeteilt, vor allem hat der Gletscher in seiner Mächtigkeit abgenommen. Die alte Blaueishütte wurde 1955 von einer Lawine zerstört und an einem tieferen Standort wieder aufgebaut.
Durch den signifikanten Gletscherrückgang (siehe obiger Vergleich Blaueisgletscher 1927 und 2012), aber auch durch das Auftauen des Permafrosts, der zu massiven Felsstürzen wie in Grindelwald 2006 oder am Matterhorn im Rekordsommer 2003 führt, werden die Auswirkungen der Klimaerwärmung besonders in den Alpen deutlich sichtbar. Neben erhöhtem Auftreten von Bergsturz, Steinschlag und Muren besteht die Gefahr, dass es durch den Gletscherschwund im Flachland zu Wassermangel kommt.
Bedrückenden Berechnungsmodellen zufolge ist zu befürchten, dass die Alpen Ende des 21. Jahrhunderts eis- und schneefrei sein werden (ALLSPACH 2006). Erste ökonomische Auswirkungen erleben bereits niedriger gelegene Wintersportgebiete, denen ganz einfach der Schnee fehlt. Fatalerweise wird der fehlende Naturschnee durch Kunstschnee ersetzt, was aber durch den immens hohen Wasserverbrauch die Trinkwasserreserven verringert und die Flora weiter schädigt. Die Gesamtheit der Folgen für Mensch und Flora ist kaum vorhersehbar.
In den letzten Jahren sind verschiedene Versuche gestartet worden, Alpenpflanzen zu kommerziellen Zwecken zu kultivieren, um zumindest das Risiko der Ausrottung durch starke Nachfrage nach Heilpflanzen zu minimieren. Besonders bei Edelweiß und Edelraute scheint es geglückt, die Pflanzen in Berglagen im Schweizer Wallis naturverträglich und nachhaltig zu kultivieren.
Volksmedizin der Berge
In den abgelegenen Tälern und dünn besiedelten Gebieten des Alpenraums waren die Menschen oft bis weit ins 20. Jahrhundert hinein in Notlagen und bei Krankheitsfällen auf sich selbst angewiesen. Der Weg zur nächsten Siedlung war weit und oft nicht passierbar. Weite Teile der Bevölkerung waren zudem schlichtweg zu arm, um sich Ärzte und teuere Medikamente leisten zu können.
Die archaische Volksheilkunde des Alpenraums setzte sich aus den Komponenten Kräuterheilkunde, tierische Heilmittel und Heilmagie zusammen. Als krankheitsbringende Dämonen wurden oft Hexen und böse Geister angesehen, zur Heilung spielten neben Zubereitungen aus Pflanzen oder einfachen Hausmitteln auch Heilzauber und magische Riten eine große Rolle. Nicht zu unterschätzen waren die Wirkungen von Verwünschungen und Erbflüchen. Es muss nicht immer die um Mitternacht geküsste Kröte sein, auch (christliche) Wallfahrten und Schutzamulette gegen Krankheiten gehören in diesen Kontext. Noch immer ist die Heilmagie volksheilkundlich weit verbreitet. Besonders im Allgäu ist die Tradition des Gesundbetens hoch angesehen (HOFFMANN-KRAYER 1975).
Das Ansehen tierischer Heilmittel, die ebenfalls genutzt wurden, hat in den letzten Jahrhunderten etwas gelitten, heute sind die meisten dieser Rezepturen als »Drecksapotheke« verschrien oder vergessen. Dabei ist diese Art der Heilkunde wesentlich besser als ihr Ruf. Im Murmeltierfett beispielsweise wurden inzwischen schmerzstillende Corticoide nachgewiesen, die den Gebrauch der entsprechenden Salbe mehr als rechtfertigen (AUBRECHT 1999).
Geblieben aus der alpenländischen Volksheilkunde sind Heilkräuter, allen voran Arnika (Arnica montana) und Gelber Enzian (Gentiana lutea), die zu den bekanntesten Heilpflanzen überhaupt zählen. Das Wissen um die heilende Wirkung der Kräuter, basierend auf jahrhundertealten Überlieferungen, wurde vor allem mündlich innerhalb von Familien weitergegeben. Meist gab die Großmutter ihr Wissen an die Enkeltochter weiter, manchmal war es auch der Großvater. Schriftliche Aufzeichnungen über die Volksheilkunde wurden im Alpenraum nur selten verfasst.
Volksmedizinisch gelten Alpenpflanzen als kräftiger und heilsamer als ihre Geschwister der Tieflagen (MADEJSKY 2008a), in ihnen steckt die Kraft der Berge. Die Therapie mit Alpenheilpflanzen ist zudem viel mehr seelengeleitete Kräuterheilkunde als rein wirkstofforientierte Phytotherapie. Alpenpflanzen zeigen in ihrer heilkundlichen Wirkung das Wesen ihrer Heimat mit all ihrer Unwirtlichkeit und Härte – aber auch mit ihrer seelenerquickenden Schönheit. Wesentlich deutlicher als andere Pflanzen schenkt die alpine Flora den Kräuterkundigen eine Einbettung ihrer heilkundlichen Wirkung in exponierte Lebensweise, Brauchtum und mystisches Geflüster. Die Alpenpflanzen tragen Legenden und Überlieferungen in sich – und damit das alte Wissen um ihre geheime Kraft. Selbstverständlich haben sie wie alle Heilkräuter eine ihren Inhaltsstoffen entsprechende Wirkung. Aufgrund ihres extremen Standorts sogar mit einem besonders hohen Anteil an sekundären Pflanzenstoffen wie Anthocyanen, Flavonen oder natürlichen Fungiziden.
Ein respektvoller Umgang mit der Natur sollte gerade im empfindlichen Ökosystem Alpen eine Selbstverständlichkeit sein.
Die Skipistenflora bietet wenig Potenzial für botanische Entdeckungen (Ehrwalder Alm, Mieminger Berge).
Einige Alpenpflanzen für den Heilzauber
Schutzmagie gegen Verfluchungen und Krankheitsdämonen | Allermannsharnisch, Alpen-Berufkraut, Alpenbuchs, Alpen-Fettkraut, Alpenglöckchen, Alpenmargerite, Alpenrose, Alpen-Sonnenröschen, Arnika, Aurikel, Berg-Nelkenwurz, Bergrose, Blauer Eisenhut, Christrose, Echte Edelraute, Edelweiß, Feuerlilie, Gelber Enzian, Glockenenzian, Gold-Fingerkraut, Hauswurz, Lärche, Latsche, Meisterwurz, Silberdistel, Katzenpfötchen, Schwarzes Kohlröschen, Silbermantel, Speik, Steinquendel, Stängelloses Leimkraut, Türkenbundlilie, Waldziest, Wundklee, Zirbe |
Pflanzen für magische gegen Verwundung | Amulette Allermannsharnisch, Rosenwurz, Sanikel, Türkenbundlilie |
Heute wird Murmeltierfett nur noch selten therapeutisch verwendet.
Die Strategien, die die Alpenpflanzen für das Überleben in ihrem Habitat entwickelt haben, sind auch ihre Stärken als Heilpflanzen. Ihre hohe Stresstoleranz und die Unwirtlichkeit ihres Lebensraums zeigen sich in ihrer heilkundlichen Wirkung. Alpenkräuter sind vor allem Heilpflanzen bei Auswirkungen von Strahlung, Hitze und Kälte sowie von schweren körperlichen Belastungen. Sie stärken den Körper physisch und psychisch.
Die generell leistungssteigernde Wirkung von Alpenpflanzen könnte mit der Zunahme roter Blutkörperchen mit zunehmender Höhe zusammenhängen. Bei Weidevieh auf den Almen wurde diese Zunahme, verbunden mit generell vertiefter Atmung und einer damit einhergehenden Kräftigung von Herz und Lunge beobachtet (BRUGGER/WOHLFARTER 1983). Pflanzen haben natürlich keine Blutkörperchen, Pflanzen aus großen Höhen wirken aber modifizierend auf die Zusammensetzung des tierischen oder menschlichen Blutes.
Rudolf Steiner führt aus, dass Alpenpflanzen als »Winterpflanzen« zu betrachten seien, die mit den Organen des Kopfes, also Gehirn und Sinnesorgane, sowie deren Erkrankungen in Verbindung stünden. Er empfiehlt hinaufzuwandern »in die hohen Berge« und dort Pflanzen und Mineralien als Heilmittel zu sammeln. Bereits die Wanderung sei Teil der Therapie (STEINER 2010).
Die gravierenden Veränderungen der letzten beiden Jahrhunderte im sozialen und vor allem im medizinischen Bereich haben dazu geführt, dass ein großer Teil des alten Wissensschatzes in Vergessenheit geraten ist. Möge dieses Buch dazu beitragen, möglichst viel des alten wertvollen Wissens wieder ins Bewusstsein der Menschen zu rufen und der Nachwelt zu erhalten.
Die alpine Drecksapotheke – einst und heute
So sehr sich das Klima der einzelnen Alpenländer, der verschiedenen Gebirgsregionen und der West- und Ostalpen unterscheidet, so sehr unterscheidet sich die Alpenflora in den verschiedenen Vegetationsstufen. Diese Stufen sind nie strikt an geografische Höhenlinien gebunden, sie variieren lokal aufgrund von Kleinklimaten, geologischen Strukturen und anderen Einflüssen, wie die Abbildung zeigt. Die Alpenpflanzen aber sind an die Vegetationsstufen gebunden. Die Kenntnis über die jeweilige Vegetationsstufe erleichtert die botanische Bestimmung und erzählt bereits viel vom Wesen ihrer Flora. Wir werden daher bei der Beschreibung der einzelnen Alpenheilpflanzen anhand der Vegetationsstufen vorgehen.
Heilende Alpenpflanzen für die Sinnesorgane des Kopfes
Augen | Alpenmargerite, Augentrost, Bergrose, Brillenschötchen, Glockenenzian, Lärche, Silbermantel, Sumpfblättriges Herzblatt |
Ohren | Edelweiß, Hauswurz |
Nase | Glockenenzian, Sumpfblättriges Herzblatt, Zirbe |
Mund | Aurikel, Filziger Alpenlattich, Hauswurz, Lärche, Meisterwurz |
(Gesichts-) Haut | Bergrose, Edelweiß, Schwarzes Kohlröschen, Silbermantel, Speik, Wundklee |
Gehirn | Alpen-Heilglöckchen, Alpenrose, Aurikel, Bergveilchen, Christrose, Edelweiß, Gletscherhahnenfuß, Herzblättrige Kugelblume, Meisterwurz, Rosenwurz, Speik, Zirbe |
Richtwerte zu Höhenstufen in den Zentral- und Randalpen.
In der Volksmedizin werden Pflanzen bevorzugt, die im Gebirge gesammelt wurden. Hier die Weiße Pestwurz (Petasites albus), die auch im Tiefland vorkommt.
Schwalbenwurz-Enzian (Gentiana asclepiadea) galt einst sogar als Heilmittel gegen Tollwut.