Читать книгу In der Waldklause - Märchen für kleine und große Kinder bis zu 80 Jahre und darüber - Augustin Wibbelt - Страница 10
Willkommen!
ОглавлениеSeid ihr alle da, Buben und Mädchen, groß und klein? Das freut mich, und nun sollt ihr mir herzlich willkommen sein in meiner Klause.
Ihr schaut euch um und denkt, wo ist denn der grüne Wald? Es ist ja alles kahl, und der Wind pfeift scharf durch die Baumstämme. Ja, liebe Kinder, es ist Wintertag, auch in meinem Walde. Aber das macht nichts; es ist hier auch im Winter lustig. Nur herein in meine Klause, da drinnen brennt ein warmes Feuer. Nur herein, so viele ihr seid, ihr habt Platz genug! Mein Haus wird nie voll, so kunstvoll hat der Baumeister es gebaut. Es findet sich immer noch ein behagliches Eckchen, wo man unterschlüpfen kann.
So, nun will ich noch einen Armvoll Tannenzapfen aufs Feuer werfen. Das prasselt so lustig, und die Funken sprühen dann wie goldene Garben in die Höhe. Ihr müsst nicht erschrecken, wenn es zuweilen dahinten in der Ecke unheimlich knappt. Das tut Frau Eule mit ihrem dicken Schnabel. Der hohle Baum, in dem sie wohnte, ist neulich bei dem großen Sturm umgefallen. Sie war sehr betrübt, da sie obdachlos war, und hatte vergebens bei Frau Eichhörnchen angeklopft. Die hat ihr mit dem buschigen Schweif um die Ohren gefegt und gesagt, sie solle sich zum Kuckuck scheren. Herr Kuckuck ist aber verreist und kommt erst nächsten Sommer wieder. Da habe ich der Muhme Eule Quartier gegeben in meiner Klause, und zum Dank fängt sie mir die überflüssigen Mäuse weg, die mir mein bisschen Speck auffressen wollen. Nur meinen drei weißen Mäuslein darf sie nichts tun. Die wohnen dort in dem alten verschlissenen Holzschuh und sollen euch gleich eine kleine, feine Komödie vorspielen. Sie spielen am besten das Stück von der geduldigen Genoveva und können dabei so rührend piepen, dass sogar Frau Eule anfängt zu schluchzen. Gestern hat sie geweint, dass die Tränen nur so ins Feuer zischten. Sie hätte es beinahe ausgelöscht.
Hört ihr, da kratzt es an der Tür, und da flattert es vorm Fenster. Das sind meine Bettelleute. Meister Lampe mit den langen Ohren guckt schon durch die Ritzen. Seine Beine sind noch einmal so lang geworden und sein Bäuchlein noch einmal so dünn; er hat in den letzten vierzehn Tagen ganze drei Pfund abgenommen. Ich gebe ihm eine schöne gelbe Rübe zum Abknabbern. Und die kleinen Meisen sind auch da; sie kriegen eine Speckschwarte. Am besten hat es noch mein Rotkehlchen. Seht, da oben sitzt es auf dem Zapfen und äugt neugierig zu uns herunter. Es hat mir versprochen, dass es den Winter über bei mir bleiben will, um mir die Zeit zu vertreiben. Dafür bekommt es alle Tage satt Brotkrümchen. Wenn der böse Wind gar zu arg schnaubt, dann kriecht es in meine Kapuze. Es hat mir neulich ins Ohr gesagt, dass es nächstes Frühjahr sein Nestchen darin bauen wolle; aber ich will es mir doch noch überlegen.
Nun müsst ihr nicht spotten und sagen: Der alte Waldbruder hat bloß geträumt. Die Träume, liebe Kinder, sind oft das Beste im Leben; aber das versteht ihr noch nicht. So, nun erzählen wir uns Geschichten und singen ein Lied, und dann bekommt ihr zum Abschied eine Handvoll Nüsse, damit ihr nächstens gerne wiederkommt.