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Halloween

Eine Woche nach meiner Ankunft steht einer der für Kanadier bedeutendsten Tage an. Der 31. Oktober ist zwar kein offizieller Feiertag, aber es ist hier fast so bedeutungsvoll wie Weihnachten oder Silvester. Ich lebe hier mit einem passionierten Halloween-Fan zusammen, der über etliche selbst gebastelte Grabsteine verfügt. Es hat einen gesamten Tag gedauert, den Vorgarten in einen Friedhof von Frankenstein, Graf Dracula und ähnlichen Monstern zu verwandeln, aber es hat sich gelohnt, und ich betrachte nun voller Stolz unser verbrachtes Werk. Das Wetter zeigt sich heute von seiner trübsten Seite, grau, dunkel und nass. Einerseits passt es zur Stimmung von Halloween, andererseits lädt es die Kinder nicht gerade dazu ein, draußen herum zu laufen. Wir sind daher ein wenig besorgt, ob überhaupt jemand kommt. Für mich hat Halloween zwar keine so große Bedeutung, da es dies zur Zeit meiner Kindheit noch gar nicht gab und ich es eigentlich nicht mag, wenn all die amerikanischen Gebräuche nach Deutschland eingeführt werden, aber ich liebe es, mich zu verkleiden und in eine andere Rolle zu schlüpfen. Ich gebe mir daher sehr viel Mühe mit meiner Kostümierung. Als die Dämmerung hereinbricht, sind Graf Dracula und seine Gemahlin bereit, die Gäste zu empfangen. Unsere Sorge, dass niemand kommt, ist unbegründet. Schon bald ertönt das erste Türklingeln, und der Spaß kann beginnen. Ich verstecke mich in dem selbst gebastelten Sarg, der im Flur direkt vor der Haustür aufgestellt ist, und Daniel setzt die Nebelmaschine in Gang. Während er die Tür öffnet, zieht er gleichzeitig an der Schnur, die den Sarg öffnet, und ich trete hinaus und gehe auf die Kinder zu. Manche sind ein wenig ängstlich, halten aber doch die Hand auf und nehmen die Süßigkeiten in Empfang. Da es immer noch regnet, werden die meisten von ihren Eltern gefahren, die im Hintergrund stehen. Ich komme auf die Idee, mit den Kindern deutsch zu reden, was, so hoffe ich, noch ein wenig gruseliger wirkt. Daniel und ich wechseln uns ab. Mal ist er im Sarg, und ich öffne die Tür, und das nächste Mal bin ich diejenige, die aus dem Kasten hinaussteigt. Ich bin voll in meinem Element und merke, wie viel Spaß mir die Schauspielerei macht. Insgesamt haben wir Besuch von etwa 40 Kindern, von denen der Großteil Mädchen sind. Ich frage mich, woran das wohl liegt, kann aber nur Vermutungen anstellen. Vielleicht gibt es einfach mehr Mädchen in der Nachbarschaft. Das glaube ich allerdings nicht und vermute eher, dass die Jungen weniger Interesse an Halloween haben, was ich sehr schade finde, denn hier in Kanada ist es eine lange Tradition.

Zwischen Fernweh und Heimweh

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