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Gedankenkarussell

Wenn mir noch vor vier Jahren jemand gesagt, dass ich einmal hier landen würde, hätte ich ihn nur mitleidig belächelt. Dieser Gedanke schießt mir durch den Kopf, während ich auf dem Weg von dem kleinen Strand zu meinem derzeitigen Zuhause bin. Als ich die Straße entlang gehe, blicke ich auf die Grundstücke, an denen ich vorbeigehe. Saftige grüne Wiesen, auf denen Häuser und Bäume von beträchtlicher Größe stehen. Ich nehme den Duft von frisch gemähtem Gras war und versuche die Ruhe, die ich wahrnehme, auf mein Innerstes zu übertragen. Alles scheint so friedlich hier, aber in mir drinnen sieht es ganz anders aus. Gedanken kreisen durch meinen Kopf, meine Gefühle sind ein Gemisch von Liebe, Frieden, Wehmut, Trauer, Wut, und Angst. Während ich weiter die Häuser an der Straße passiere, frage ich mich, welches Innenleben sie haben. Welche Menschen wohnen dort, sind sie glücklich und zufrieden mit ihrem Leben, oder haben sie auch mit Konflikten zu kämpfen, sowohl mit sich selbst als auch mit ihren Mitmenschen? Ich selbst bin ein einziger Konflikt, so scheint es mir. Nach nunmehr über einem halben Jahr in Kanada weiß ich immer noch nicht, wie es weiter gehen soll. In einem Monat werde ich wieder nach Hamburg fliegen, sofern denn alles glatt läuft. Gerade noch zähle ich die Tage bis zu meinem Abflug, und im nächsten Moment denke ich, dass ich es sehr schön hier finde und lieber hier bleiben möchte. Ich befinde mich sowohl gedanklich als auch gefühlsmäßig zwischen zwei Welten. Mein Leben in Hamburg, so wie es noch vor einem Jahr war, kommt mir manchmal Lichtjahre entfernt vor, und dennoch sehne ich mich nach meiner gemütlichen Zwei-Zimmer-Wohnung, meinen Freunden, meinem Sport und ab und zu auch danach, allein zu sein. Mein derzeitiges Leben in Kanada ist komplett anders. Manchmal finde ich es schön, und manchmal nervt es mich. Wo gehöre ich hin? Wo ist mein Zuhause? Was wird die Zukunft für mich bringen? Ich suche im Internet nach Jobmöglichkeiten, sowohl in Hamburg als auch hier in Kanada, wobei ich bei letzterem nicht einmal weiß, ob ich in die Suche Saint John oder Halifax eingeben soll.

Die Corona-Krise hat uns weltweit im Griff und meine Pläne, die ich hatte, komplett durchkreuzt. Ich wollte das Leben hier ausprobieren, mich nach Jobs umsehen, ehrenamtlich arbeiten, und im Land herumreisen. Kanada ist riesig, und es gibt soviel zu sehen, aber ich bin momentan auf einen kleinen Teil des Landes beschränkt, von dem vermutlich viele Menschen noch nie in ihrem Leben gehört haben. New Brunswick ist nicht gerade ein Touristenmagnet, und Quispamsis sucht man im Reiseführer vergebens. Aber genau das ist der Ort, auf dem sich mein Leben zur Zeit beschränkt. Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich in meinem Arbeitszimmer, sehe aus dem Fester in den Garten und frage mich zum hundertsten Mal: Wie geht’ s weiter?

Zwischen Fernweh und Heimweh

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