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Fernbeziehung

Meine Sorgen sind unbegründet. Nur ein paar Wochen später landet Daniel erneut in Hamburg und bleibt diesmal gleich drei Wochen. Er ist zeitlich flexibel, da er nicht mehr arbeitet. Ich hingegen muss dieses Mal arbeiten, aber in der Freizeit bleibt genug Zeit, die wir gemeinsam verbringen können. Daniel möchte meine Familie kennen lernen, und auch hier ist er wieder sehr aufgeregt. Wir planen ein Familientreffen in Celle bei meinem Bruder. Da ich es doch ein bisschen viel finde, wenn Daniel gleich die geballte Ladung meiner Familie zum ersten Mal trifft, gehen wir vorher einmal mit meinem Vater zusammen essen und an einem Abend mit meiner Schwester auf einen Drink. Dann fahren wir an einem Wochenende mit meinem Vater nach Celle. Daniel wird von allen herzlich aufgenommen, und da meine Schwester englisch studiert, mein Bruder mit seiner Familien drei Jahre in London gelebt hat und sogar mein Vater aus beruflichen Gründen englisch spricht, ist auch die Verständigung kein Problem. Ohnehin ist Daniel angenehm überrascht, dass fast jeder hier englisch spricht, aber ich lege Wert darauf, dass er zumindest die zwei wichtigsten Wörter lernt, die man in Hamburg kennen muss. So kann der Kanadier schon nach einigen Tagen einwandfrei „Moin“ und „Tschüß“ sagen.

Bei unserem nächsten Zusammentreffen ist es dann an mir, mich auf die Reise zu begeben. Im Juli 2017 reise ich das erste Mal nach Kanada. Ich fliege nach Halifax, Nova Scotia, wo Daniel mich abholen will, um dann weitere vier Stunden mit dem Auto nach New Brunswick zu fahren. Bei der Ankunft halte ich einen Reisepass und das Visa, das ich für die Einreise benötige, parat und zeige es dem kanadischen Grenzbeamten. Er stellt mir sehr viele Fragen. Weshalb will ich nach Kanada einreisen? Wo werde ich wohnen? Wo und wann hätten Daniel und ich uns kennen gelernt? Mein Englisch ist zu diesem Zeitpunkt noch ausbaufähig, so dass mir dieses Verhör ein wenig Stress macht. Ich bin erleichtert, als ich endlich durchgelassen werde und die Ankunftshalle des Flughafens betrete. Ich sehe mich suchend um, aber von Daniel fehlt jede Spur. Mir sackt das Herz in die Hose, bis ich Daniels Bruder Stephen und dessen Lebensgefährtin Julia entdecke. Kurze Zeit später erscheint auch der Mann, für den ich in dieses Land gereist bin. Wir gehen in die Flughafenbar, um auf unser Wiedersehen anzustoßen. Julia und Stephen leben in Halifax und nach etwas einer Stunde verabschieden wir uns und fahren mit dem Auto in Richtung Quispamsis. Im Gegensatz zu Hamburg, wo der Sommer mal wieder durch Abwesenheit glänzt, ist es hier sonnig und warm, und ich genieße die Aussicht auf den klaren, blauen Himmel, während wir auf der sehr leeren Autobahn fahren. Nach ungefähr vier Stunden erreichen wir unser Ziel, wo ich sogleich freudig von Schäferhundmischling Cu, begrüßt werde. Auch Kater Marty lässt nicht lange auf sich warten, und ich genieße mit den drei Jungs und einem Glas Wein meinen ersten Abend in Kanada auf Daniels Terrasse. Ich atme die frische Luft ein und bin beeindruckt, wie ruhig es hier ist. Das Haus liegt zwar direkt an einer Straße, aber es kommt so gut wie kein Auto vorbei. Ich spüre sofort, dass sich diese Ruhe auch auf mich überträgt und sich eine angenehme Entspannung in mir ausbreitet . Wir verbringen die erste Woche meines Urlaubs in Quispamsis, gehen spazieren, machen Ausflüge, besuchen Nachbarn und treffen Daniels Tochter Patricia, die mit ihrem Partner Tom in Saint John wohnt. In der zweiten Wochen fahren wir nach Prince-Edward-Island in Nova Scotia und verbringen dort ein paar Tage in Charlottetown. Wenn es irgendeinen Platz auf der Welt gibt, den ich mit absolutem Frieden verbinden würde, dann ist es Prince-Edward-Island. Die kleinste aller kanadischen Provinzen überzeugt durch unendliche grüne Wiesen, Felder und weitläufige Strände. Manche Menschen würden sagen, die Insel besteht nur aus Kartoffeläckern und Sandstränden, aber für mich war es weit mehr als das. Und dann ist da ja auch noch das Haus von Anne Green Gable in Cavendish! Das in Kanada sehr populäre Kinderbuch von Lucy Maud Montgomery handelt von einem Waisenmädchen mit roten Haaren, das ein Zuhause bei einem älteren Geschwisterpaar auf Prince-Edward-Island findet. Sie ist sehr aufgeweckt, gesprächig, fantasievoll und gilt als ein Vorläufer von Pippi Langstrumpf. Die Geschichte wurde verfilmt , und in Cavendish kann man den Schauplatz, an dem der Film gedreht wurde, besichtigen. Für romantisch veranlagte Menschen, die sich gerne in eine frühere Zeit zurückversetzen lassen, ist es ein Besuch wert.

Nach unserem Abstecher auf Prince-Edward-Island fahren wir nach Halifax, wo Daniel geboren und aufgewachsen ist. Ich mag diese Stadt von Anfang an, denn sie ist genau wie Hamburg eine Hafenstadt und hat viele schöne grüne Ecken. Am Abend von Daniels Geburtstag gehen wir mit seiner Familie essen. Ich bin ein wenig aufgeregt, aber ich werde sehr herzlich begrüßt, und wir haben einen unterhaltsamen Abend.

Wie im Nichts sind meine zwei Wochen Urlaub vorbei, und wir sind wieder am Flughafen in Halifax. Der letzte Kuss ist lang und intensiv. Bevor ich zu der Sicherheitskontrolle gehe, drehe ich mich ein letztes Mal um. Er steht noch da, und ich winke ihm zu.

Zwischen Fernweh und Heimweh

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