Читать книгу Mein innerer Käfig - Azin Heidari Nejad - Страница 11

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Die Freitagnachmittage sind eine Art Konfrontation. Als ob man plötzlich einen Spiegel vor den halboffenen Augen aufstellt, die wie von Krankheit gezeichnet aussehen, wie gerade aus einer Klinik entlassen. Man sieht sich im Spiegel. Man ist dieselbe, die in der Woche mit sich und der Welt zufrieden ist und ihr Dasein in vollen Zügen genießt. Man ist dieselbe, die während der Woche ihren Schmerz und ihre Probleme als winzige Tropfen hinuntergeschluckt hat, damit sie verschwinden. Damit sie nicht vorhanden sind. Auf einmal kommt der Freitagnachmittag und der Mensch wird gläsern. Alle diese Tröpfchen kann man dann im Spiegel sehen. Wie sie kreisen und im Innern einen Tanz aufführen. Plötzlich kommt eine Hand und verbindet mit scharfer Spitze all die schön blinkenden, kleinen Schmerzen miteinander, die klar wie Wasser sind. Jetzt ist der Mensch durchsichtig geworden, sodass man in ihm die Spuren des Schmerzes sehen kann. Und die kleinen Kümmernisse, die nun keine Tropfen mehr sind, beginnen ineinanderzufließen, gehen in das Blut über, steigen auf bis in die Kehle und schnüren einem die Luft ab.

Man sehnt sich danach, dass diese Höllenqualen enden. Dass wieder eine neue Woche beginnt und man vergisst. Dass der Wecker klingelt und die Zeit das Regime übernimmt und die Spuren des Schmerzes und des Kummers unter dem Montag begräbt. Dass alles wieder winzig, ganz winzig wird, und in meinem Ich bis zum nächsten Martyrium kreist. Bis der nächste Freitag kommt.

Immer freitags wirft man einen Blick zurück auf den Kummer, den man an den vergangenen Tagen hinuntergeschluckt hat. Es ist eine Art Wiederbegegnung. Man muss die Freitage begraben unter den Samstagen, unter Partys und Vergnügungen am Wochenende.

Mein innerer Käfig

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