Читать книгу Das Geschenk der Psychothriller-Parodie - Bastian Litsek - Страница 14

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7.


Es waren die Augen eines jungen Hundes.

Nicht älter als elf Monate, praktisch noch ein Welpe. Ein Golden Retriever und der schaute ihn flehend mit großen Augen an, wässrig und verzweifelt.

Er presste einen Zettel gegen die Windschutzscheibe. Doch den ignorierte Merlan erst mal. Neben dem Hund saß ein Junge. Er schien kaum älter als zwölf Jahre mit den typischen aufgeschürften Knien. Was nicht so typisch war, war dessen Gesichtsausdruck. Der Junge blickte drein wie ein Vierzigjähriger, der schon so viel erlebt hatte wie ein Siebzigjähriger, sich aber fühlte wie ein Zehnjähriger, obwohl er erst zwölf war.

Merlan kannte diesen Blick.

Er selbst hatte in dem Alter immer doof aus der Wäsche geguckt, wenn man ihn irgendwo hin verschleppt hatte. Zu den Großeltern oder sonst wo. Der Hund musste wohl dem Jungen gehören. Warum war das Tier derart traurig? Wurde es nicht gut behandelt? War der Junge in Wahrheit ein niederträchtiger Miesling, der den Golden Retriever irgendwo gekidnappt hatte? Was steckte hinter der ganzen Sache?

Auf den Vordersitzen konnte er eine Frau am Steuer erkennen. War sie etwa blond, hatte einen Bauch und war in letzter Zeit sehr unsicher, was ihre bisherigen Lebensentscheidungen anging? Neben ihr saß ein Mann mit langen Haaren. Merlan spürte, dass er Angst vor der Frau hatte, ihr verfallen war, aber auch keinen Ausweg wusste. Er war ihr ausgeliefert. Das erkannte Merlan daran, wie der Kerl den Arm nicht auf die Mittelkonsole zwischen den Sitzen legte, die komplett vom Arm der Frau belegt war.

In einer Fernsehdokumentation hatte Merlan einmal eine psychologische Theorie aufgeschnappt, die sich Korrespondenzverzerrung nannte. Dieser Begriff der Sozialpsychologie bezeichnete die Neigung, Persönlichkeitseigenschaften, Meinungen und das Verhalten anderer systematisch zu überschätzen und äußere Faktoren gleichzeitig zu unterschätzen.

Merlan fühlte, dass er etwas mit dem Jungen gemeinsam hatte. Auch er hatte schon immer einen Hund gewollt. Hauptsächlich in der Hoffnung, das Tier würde ein paar der doofen Meerschweinchenweiber seines Vaters auffressen, und so die nächste Wurfwelle verhindern. Natürlich hatte er damals nicht genau gewusst, wie ein Hund funktionierte, sonst hätte er sich einen Waran oder eine Schlange gewünscht.

Tief in seinem Inneren redete sich Merlan ein, dass der Junge wollte, dass er ihm den Hund abnahm. Warum sonst würde das Kind weinend und verheult mit seinen geschundenen Knien auf dem Rücksitz eines Autos sitzen, das nicht mal einen Kindersitz besaß? Der Golden Retriever drehte sich zu dem Knaben um und fletschte die Zähne.

Ein eindeutiges Zeichen

Der Hund wollte von Merlan gerettet werden!

Merlan lenkte seine Aufmerksamkeit auf den Zettel, den der Hund noch immer gegen die Scheibe presste. Die Pfote war leicht schwitzig und hinterließ einen feuchten Abdruck.

Auf dem Zettel stand:



Welch eine in höchstem Maße sonderbare Botschaft! Und was für detaillierte Schriftzeichen das Tier erstellt hatte, gänzlich ohne Daumen nur mithilfe seiner Pfoten. Er musste Stunden, wenn nicht Tage an dieser Botschaft gesessen haben.

Die Bedeutung jedoch blieb ihm ein Rätsel. Auch deswegen, weil er seine Lesebrille nicht dabei hatte.

Dann wieder, was erwartete er von einem Hund, der etwas auf ein Stück Papier geschrieben hatte? Das waren alles Dinge, die sie noch klären konnten, wenn er das Tier in seinen Besitz gebracht hatte.

Ohne weiter nachzudenken, legte er die Hand an den Türgriff und riss ihn auf.

Der Motor des Skoda Fabia schrie mit seinen 105 PS auf wie ein Katzenbaby und brauste über die rote Ampel hinweg, auf und davon. Vollgas. Die Tür wurde vom Fahrtwind wieder zugeschlagen.

Merlan aktivierte die Turbotaste seines E-Rollers, ließ den Hinterreifen durchdrehen und beschleunigte innerhalb von zwei Sekunden auf siebzig Stundenkilometer. Mit einem Affenzahn brauste er dem Kleinwagen hinterher.

Er war fest entschlossen, den Wuffer nicht entkommen zu lassen. Ein Foto des Nummernschilds wäre sicherlich sinnvoll, doch wie er sich kannte, hatte er, bis er es wieder brauchen konnte, längst vergessen, wofür es gut war.

Es galt, den Moment auszuleben.

Die dreckige Berliner Nachtluft strich ihm durch das Haar, und Lichter sausten an ihm vorbei.

Eine wilde Verfolgungsjagd entbrannte.

Das Geschenk der Psychothriller-Parodie

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