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11.


Zurück in der Gefängnisbücherei


„Warum glaube ich, dass diese Geschichte sehr freizügig ausgeschmückt wurde?“, sagte Hermes fragend.

„Genau so ist es passiert“, beteuerte Merlan. Seine Augen zuckten ungläubig hin und her.

„Du hast dich in einen Werwolf verwandelt und gegen den Weihnachtsmann und dreißig Kampfroboter gekämpft?“

„Ja, genauso war es“, sagte Merlan. „Und ich habe gewonnen. Und wenn ich nicht die Wahrheit sage, soll Gott mich hier und jetzt niederstrecken.“

Merlan blickte nach oben an die Decke der Gefängnisbücherei. Hermes und Candy machten vorsichtig einen Schritt zur Seite. Alle drei erwarteten insgeheim, dass Donner zu hören war, und ein Blitz durch die Decke fahren würde, um Merlan zu grillen. Doch nichts dergleichen geschah.

Die Glühbirne über ihm begann zu flackern und erlosch.

„Huh“, machte Merlan. „So was … Ihr wollt also sagen, dass ihr Wert auf die Wahrheit legt?“

„Vielleicht nicht unbedingt die Wahrheit“, bemerkte Candy, „aber zumindest einen Hauch von Realismus. Wir sitzen eine ganze Zeit zusammen ein. Wie sollen wir uns besser kennenlernen, wenn du uns behandelst wie deine dritte Liebhaberin in einem anderen Land?“

„Genau!“, sagte Hermes.

„In Ordnung“, sagte Merlan und kratzte sich am Leberfleck neben seinem rechten Ohr.1

„Dann will ich weitererzählen“, fuhr Merlan fort, „sofern ich mich erinnern kann. Oder auch nicht. Lasst mir etwas kreative Freiheit, ja? Ich frage ja auch nicht ständig nach, warum ich im Gefängnis sitze. Was mich wirklich interessieren würde.“

Seine beiden Mitinsassen schauten verlegen in verschiedene Richtungen. Candy pfiff vor sich hin, Hermes kontrollierte mit ausufernder Sorgfalt die Uhrzeit an seiner Armbanduhr, welche er sich beim Frühstück aus Haferflocken und einem defekten Löffel gebastelt hatte. Richtige Armbanduhren waren im Gefängnis nicht erlaubt.

„Gut“, sagte Merlan. „Dann wollt ihr bestimmt wissen, was in dem Geschenk war.“

„Geschenk?“, fragte Hermes. „Ach das Paket, welches der Weihnachtsmann dir geben wollte.“

„Richtig. Ich hab es natürlich genommen. Wer in einer Frittenbude arbeitet, die davon träumt, ein richtiges Restaurant zu sein, sollte nicht zu wählerisch sein, was Geschenke angeht. Egal, wer sie verteilt.“

Die Luft um die drei Insassen begann zu wabern und in einer Art Hitzeschlieren zu verschwimmen. Das Bild wurde unscharf, Musik ertönte und der Übergang zur nächsten Rückblende war da.2

Doch mit einem Mal war das Bild wieder scharf.

Merlan hatte noch etwas zu sagen.

„Bevor es weitergeht, kommt noch eine klitzekleine andere Szene.“

„Muss das sein?“, fragte Hermes.

„Hey, wollt ihr ein spannendes Buch oder eines, das nur albern ist?“

„Eines, das sich schnell ausliest …“, lästerte Candy kleinlaut.

„Ruhe auf den billigen Plätzen“, fuhr Merlan ihn an. „Also, wo waren wir?“

Hitzeschlieren. Flimmern. Unschärfe!

1 Wieder wird ein literarisch sträflich vernachlässigtes Körperteil von eurem Bastian Litsek ins Rampenlicht gerückt. Betrachtet man den Lesestoff unserer Zeit, sollte man meinen, Leberflecken würden gar nicht existieren. Mein ganzer Rücken ist voll davon! Auch Merlan hat welche. Und ich bin mir sicher, auch Sie verstecken ein oder zwei. Sehen Sie, das ist es, was einen guten Autor ausmacht. Sie entdecken sich in meiner Figur wieder. Gut möglich, dass auch Sie ein vergesslicher Mann sind, der hin und wieder lügt und irgendwo Leberflecke am Körper trägt. Und wenn sie keiner sind, befindet sich zumindest einer in Ihrer näheren Umgebung. Vielleicht sogar abends im Bett neben Ihnen?

Wenn Sie jemanden sehen, auf den diese Beschreibung passt, stecken Sie ihm ein Stück Schokolade in den Mund (Männer muss man nicht fragen, bevor man sie anfasst, die mögen das) und streicheln Sie ihm mit einem „Ei-di-dei“ über den Kopf. Wenn er schnurrt, dumm dreinschaut oder Sie fragt: „Was soll das?“, haben Sie alles richtig gemacht und können weglaufen.

2 Seufz …

Das Geschenk der Psychothriller-Parodie

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