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Kapitel 2 Suspicious Minds

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Emily

Ich musste dreimal umsteigen und brauchte den ganzen Vormittag, um zu der Adresse gelangen, die Noah mir gegeben hatte. Mir taten die Füße weh, aber das war mir egal. Dennoch erinnerte mich das leichte Stechen beim Laufen daran, dass ich mir ein paar neue Turnschuhe kaufen müsste. Die hier waren alt und die Sohlen abgelaufen. Ehrlich gesagt, hätte ich mir längst neue gekauft, wenn ich das Geld gehabt hätte. Ich schätzte aber, dass das Leben eben so war.

Egal, wie sehr mir die Füße schmerzten, innerlich strahlte ich. Okay, vielleicht auch äußerlich. Ich konnte nicht anders. Irgendwie fing alles an, sich zu fügen und ich kam aus dem Staunen nicht heraus. Es war aufregend, in Los Angeles zu sein. Ich hatte noch nie etwas in West Hollywood zu tun gehabt, aber hier war ich nun. Lief über den Strip. Es war wie im Film. Mit den Daumen unter den Rucksackgurten eingehakt bestaunte ich alles um mich herum. Leider hatte ich nur ein altes Handy. Ich wollte schon gern ein Smartphone haben, aber die waren so teuer, deswegen sah ich den Nutzen nie ein. Und wirklich, die kosteten ein Vermögen. Also standen mir keine digitalen Karten zur Verfügung. Aber ich hatte einen Stadtplan, den ich mir am Busbahnhof gekauft hatte, und der tat es auch.

Nach fünfzehn Minuten Fußmarsch war ich endlich am Ziel. Das Gebäude war sehr groß, hatte drei Stockwerke und als ich auf das hohe Tor zuging und den Knopf der Gegensprechanlage drückte, atmete ich tief durch, um mich zu sammeln.

„Ja?“

„Ähm …“ Aus irgendeinem Grund lehnte ich mich näher an das kleine schwarze Gerät. „Ich habe einen Termin bei Micah.“

„Emily?“

„Ja“, rief ich viel zu laut in die Gegensprechanlage.

Ich hätte schwören können, dass der Mensch am anderen Ende lachte.

„Ich lass dich rein. Drück richtig fest gegen das Tor, okay?“

Das Tor sah schwer aus. „Okay.“

Ich hörte die Entriegelung und drückte, so fest ich konnte. Das Tor bewegte sich kaum, aber nach einem kleinen Kampf damit schaffte ich es, mich durch die schmale Lücke zu quetschen, die ich aufgedrückt hatte. Als ich das Tor losließ, knallte es laut zu und ich machte einen erschrockenen Satz. Mit der Hand auf der Brust und dem Blick auf das Tor hatte ich die Person hinter mir nicht kommen hören.

„Hallo.“

Erneut machte ich einen Satz und mir entglitt ein überraschtes Quietschen, als ich mich umdrehte und Noah dort stehen sah. Er hatte die Hände in den Hosentaschen und grinste mich an. Ich wurde knallrot und lächelte.

„Hallo.“

Er trug schwarze Jeans, weiße Turnschuhe und ein anthrazitfarbenes T-Shirt. Sein Grinsen wurde breiter und in seinen Wangen kamen Grübchen zum Vorschein. Er legte die Hand vor den Mund und hüstelte lachend.

„Ich wollte dich nicht erschrecken.“

Ich mochte Noah. Mit einem Biss auf die Lippe gab ich zögerlich zu: „Dazu braucht es nicht viel, befürchte ich.“

Sein kehliges Lachen zauberte ein Lächeln auf mein Gesicht und als er eine Weile nichts sagte, blickte ich in seine braunen Augen und sah, dass er auch lächelte. Er atmete aus und fuhr mit der Hand über sein kurz geschorenes Haar.

„Bereit, dein Leben zu verkaufen?“

Klang er absichtlich so Unheil verkündend?

„Klar.“ Mein Magen verkrampfte sich und mein Lächeln erstarb ein wenig. „Wo muss ich hin?“

Als wir das Gebäude betraten, war ich verblüfft. Ich sah mich um. Die Einrichtung entsprach nicht dem, was ich erwartet hatte. Das war nicht einfach nur ein Gebäude. Es war ein Haus. Ein Zuhause. An den Wänden hingen gerahmte Fotos, doch bevor ich sie mir ansehen konnte, kam eine hübsche, hochschwangere Frau barfuß die Treppen herunter. Sie trug ein langes, weites Kleid und umfasste ihren Bauch.

„Oh. Mein. Gott.“ Sie sah zu Noah hinüber. „Ist das Emily?“

Noahs Blick lag weiterhin auf mir. „Das ist Emily.“

„Du lieber Gott.“ Die langen, glatten, blonden Haare gingen ihr bis zum Gesäß. Sie sah mich von oben bis unten an und lächelte breit. „Du bist ja absolut bezaubernd.“ Sie erreichte die unteren Stufen und Noah ging zu ihr, um ihr an der Hand herunterzuhelfen. Ihre blauen Augen strahlten. „Ist sie nicht hinreißend?“

Noah versuchte, nicht zu lachen. „Absolut.“

Warte, war das Noahs Ehefrau? Sie kam auf mich zu, hielt mir die Hände entgegen und ohne darüber nachzudenken, legte ich meine in ihre. Sie umschloss meine Hände und zog mich näher, wobei sie mich genau betrachtete. Ihre Stimme war leise, aber liebenswürdig.

„Du bist so winzig. Wie groß bist du?“

„Eins … sechzig“, stotterte ich. Es klang wie eine Frage.

„Diese Klamotten. Diese Brille. Oh, dieser Rucksack!“ Sie keuchte auf, bevor sie mich an ihre Seite zog. „Ich liebe sie. Darf ich sie behalten?“

„Amber.“ Noah sah die nette Dame tadelnd an. „Sie ist kein Haustier.“

Amber hielt mich noch fester. „Ich werde sie gut behandeln, Noah. Ich schwöre.“

Noah drückte sich mit Daumen und Zeigefinger gegen die Nasenwurzel, aber er grinste. „Herr im Himmel.“

In dem Augenblick kam Micah die Treppen herab. „Liebling“, sagte er vorsichtig. „Warum erwürgst du die arme Miss Emily?“

Oh. Amber war Micahs Frau. Alles klar.

Amber lockerte ihren Griff, aber nur geringfügig. „Ich behalte sie. Ihr müsst jemand anderes für die Jungs finden. Tut mir leid.“

Micah lächelte seine Frau an, als er näher kam. „Okay, Liebling. Ich glaube, das Baby muss sich jetzt ausruhen.“

Sie funkelte ihn an. „Dem Baby geht’s prima.“

„Und du musst Emily loslassen.“

„Ich will Emily aber nicht loslassen.“

Micah versuchte, mich von ihr loszueisen. „Lass Emily los, Liebling.“

Nach etwas Gezerre ließ sie mit einem Seufzen von mir ab. „Na gut.“ Sie sah mich an. „Wir sehen uns nachher, um den Job genauer zu besprechen, okay?“

„Okay“, sagte ich leise. Bei all meiner Unbeholfenheit gelang es mir, zurückzulächeln. Obwohl sie ein wenig eigenartig war, war Amber super herzlich und das berührte mich. Ich sehnte mich nach Zuneigung und mochte sie auf Anhieb. Ich hatte den Eindruck, man könnte viel Spaß mit ihr haben. Micah warf mir einen entschuldigenden Blick zu, als er seine Frau fort führte. Ich zeigte ihm mit meinem Blick, dass alles gut war. Dann sagte Noah die gruseligsten Worte, die ich jemals gehört hatte.

„Möchtest du die Jungs kennenlernen?“

„Die Jungs?“ Ich schluckte. „Die Band?“ Mein Mund war trocken und ich hatte Atemschwierigkeiten. „Sie sind hier?“ Oh nein. Mein Magen verknotete sich.

„Moment mal.“ Noah verschränkte die Arme vor der Brust und sah mich fassungslos an. „Willst du mir etwa sagen, dass du keine Recherche betrieben hast, wer Left Turn ist?“

Mein Schulterzucken war schwach. „Ich wollte schon, aber …“ Ich gab zu viel preis. „Ich habe kein Internet.“

Noahs Augenbrauen hoben sich. „Du hast kein Internet?“ Er klang entrüstet.

Ich wusste, dass das eigenartig war in unserer Zeit. „Nein.“

Ich konnte mir kein Internet leisten. Das war der Grund, warum ich alle paar Tage in die Bibliothek ging, um meine E-Mails abzurufen. Manchmal, wenn ich wirklich verzweifelt war, was in letzter Zeit öfter vorkam, benutzte ich Jims Computer.

„Okay.“ Noah zog das Wort in die Länge. „Warum nicht jetzt. Ich denke, es ist wichtig, zu sehen, ob ihr harmoniert. Schließlich ist diese Tour ein großes Ding für die Jungs.“

Tour.

Hatte er gerade Tour gesagt? Mein Körper wurde ganz steif. Das Blut gefror mir in den Adern. Herrje, worauf hatte ich mich bloß eingelassen? Mein Herz pochte so sehr, dass ich mich fragte, ob Noah es aus meiner Brust springen sah. Oh nein. Oh nein. Oh nein. „Klar“, krächzte ich. „Ich würde mich sehr freuen, sie kennenzulernen.“

„Na, dann komm.“

Noah führte mich den langen Flur entlang und sowie ich die männlichen Stimmen hörte, verkrampfte ich mich innerlich.

„Was?“ Einer der Männer lachte. „Du willst mich wohl verarschen, Lee. Nie im Leben.“

„Wenn ich’s doch sage“, sagte ein anderer.

Ein Dritter schaltete sich ein. „Und dann? Sie hat ihren Verlobten einfach mit eingeladen?“

„Ich schwöre, ehrlich, Mann. Der Typ war total durchtrainiert. So sehr, dass ich fast schon schiss hatte abzulehnen. Was aber noch schlimmer ist …“ Er machte eine kleine Pause. „Mein Schwanz war irgendwie total begeistert davon.“

Oh mein Gott. Ich weitete die Augen. Das hätte ich wahrscheinlich nicht mit anhören sollen.

Noah trat in den Türrahmen und rief: „Yo. Benehmt euch. Eine Dame ist anwesend.“

Ich versteckte mich hinter Noah, beruhigte meinen Herzschlag und beleckte mir die Lippen. Noah ging hinein und ließ mich hier allein stehen. Mein Mund öffnete sich, aber nichts kam heraus. Stattdessen formte ich dümmlich mit den Lippen ein stummes Hallo. Noah betrachtete mich genau und um seine Augen bildeten sich Lachfältchen. Als ob er genau sah, wie gern ich mich mit einem Fingerschnippen weggezaubert hätte.

„Das ist Emily. Ich hab euch von ihr erzählt.“ In seinen Worten lag Humor. „Sie ist schüchtern.“

Ich konnte den Puls an meinem Hals spüren und das Blut rauschte in meinen Ohren. Der Druck wurde immer stärker. Ich versuchte es noch mal, räusperte mich und betrat den Raum.

„Hallo“, sagte ich leise, dicht gefolgt von einem ungelenken, robotermäßigen Winken.

Der Mann, der am nächsten war, stand auf. Er war groß, schlank und hatte die Figur eines Schwimmers. Sein hellbraunes Haar war durcheinander. Ich sah, dass er sich nicht rasiert hatte. Seine sanften braunen Augen waren gütig und als er mir die Hand entgegenstreckte, wusste ich seine Bemühung zu schätzen.

„Hi, ich bin Lee.“

„Lee“, wiederholte ich mit einem dankbaren Lächeln. Wir schüttelten uns die Hände. Ich betete im Stillen, dass er nicht bemerkte, wie feucht meine Handfläche war. Ich war mir sicher, dass er es bemerkte. Er war nur zu höflich, um etwas zu sagen.

Ein anderer Mann stand auf und dieser war ziemlich muskulös. Das lange, aschblonde Haar trug er zu einem Man-Bun geknotet auf dem Kopf und mit dem langen Bart sah er aus wie ein Wikinger. Und weil ich so seltsam war, entschloss ich mich, ihm genau das zu sagen.

„Du siehst aus, wie ein Wikinger.“

Er grinste und seine grünen Augen strahlten. „Nett. Ich bin Helmer, aber du kannst mich Hell nennen. Das macht jeder.“

Mein Mund klappte auf und ich keuchte ein wenig. „Das passt aber gut, ich bin mir fast sicher, Helmer bedeutet tatsächlich Zorn des Kriegers.“

Seine Augenbrauen schossen in die Höhe. „Ohne Scheiß?“

„Ohne …“ Meine Stimme wurde zu einem Wispern. „Scheiß.“ Fluchen war nicht damenhaft, das hatte mir meine Nanna jedenfalls so beigebracht.

Der Letzte in der Runde stand nicht auf, sondern nickte mir mit dem Kinn zu. „Was geht?“

Das war unhöflich. Die Art, wie er auf dem Sessel saß, sein Desinteresse und seine knappe Begrüßung sprachen Bände. Ihm war egal, wer ich war. Und das war für mich völlig in Ordnung. Unsichtbar zu sein fiel mir leicht. Aber er sah unheimlich gut aus und das machte seltsame Dinge mit meinem Magen. Er flatterte. Was sollte das denn? Der Mann trug schwarze, enge Jeans, ein schwarzes T-Shirt mit V-Ausschnitt und man sah eine Fülle von Tattoos unter dem Halsausschnitt hervorschauen. Seine Turnschuhe gingen bis zu Knöcheln und waren ebenfalls schwarz. An der Seite der Jeans hing eine Stahlkette und am Mittelfinger der rechten Hand trug er einen silbernen Ring. Mit einem Totenschädel.

Was meine Aufmerksamkeit aber am meisten erregte, war der kleine Dolch, der auf dem rechten Wangenknochen tätowiert war. Schnell wurde mir bewusst, dass ich ihn anstarrte, und ich sank in mich zusammen. Ich wiederholte dümmlich sein „Was geht“, nur, dass es bei ihm vollkommen selbstbewusst klang, während meine Stimme bebte.

Noah trat dem Mann gegen das Schienbein und der Typ gab einen verdrießlichen Laut von sich. „Was sollte das denn?“

Noah sah ihn finster an. Der Mann schnalzte mit der Zunge und blickte dann zu mir. So richtig. Oh Gott, bitte nicht. Ich spürte einen Kloß im Magen. Als er sprach, klang es gezwungen.

„Ich bin Connor. Schön, dich kennenzulernen, Emily.“

So wie er meinen Namen aussprach, klang es, als wäre ich die Plage seiner Existenz.

„Gleichfalls“, murmelte ich so leise, wie es ging.

Es fühlte sich an, als würde jeden Moment eine unangenehme Stille entstehen, als Lee mich direkt ansprach. „Wie alt bist du, Emily?“

„Dreiundzwanzig.“

„Siehst aber aus wie zwölf“, sagte Connor und starrte mich demonstrativ von oben bis unten an.

Der Blick aus seinen hellbraunen Augen war übergriffig. Es war ehrlich gesagt nervenaufreibend. Ich mochte nicht, wie sich seine Lippen hoben, bis seine Zähne sichtbar waren. Ich hatte nichts gegen Zähne und seine waren gerade, weiß und perfekt.

„Tut mir leid“, sagte ich aus irgendeinem Grund.

Hell sah ihn vom Sofa aus finster an. „Nein, das tut es ihr nicht.“ Der liebe Wikinger drehte sich zu mir und sagte: „Das tut es dir nicht.“

Na prima. Ich merkte, wie meine Nerven zusammenschrumpften.

Lee lächelte sanft. „Bist du schon aufgeregt?“ Seine Frage verwirrte mich und sein Gesichtsausdruck verlor jegliche Emotionen. „Wegen der Tour?“

Oh, das. Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Was wahrscheinlich der Grund dafür war, dass ich sagte, was ich sagte. „Das wird sicher gut.“

Noah grinste.

Hell sah mich eine Sekunde an, bevor er den Kopf in den Nacken legte und herzhaft loslachte. Er lachte eine ganze Weile und es sah nicht so aus, als würde er irgendwann damit aufhören. Als sein Gelächter etwas sanfter wurde, sagte er: „Das wird sicher gut.“ Und dann legte er wieder los. „Ich glaube, ich mag dich, Emily.“

Noah, der Verräter, entschied sich, sie alle über meine Torheit aufzuklären. „Emily hat noch nie von Left Turn gehört.“

Die Ruhe, die im Raum entstand, war zäh und erstickend. Meine Brust tat mir weh und als sie mich weiterhin alle so ansahen, formte sich in meinem Hals ein Kloß. Ich sah sie der Reihe nach an. „Tut mir leid.“

Der Gemeine, Connor, starrte mich skeptisch an. Lee sprach zuerst und sagte leise: „Und es ergibt alles einen Sinn.“

„Das sagt nichts über euch aus, ehrlich. Ich … ich habe nur kein Radio und lese keine Klatschblätter, ich sehe noch nicht einmal viel fern“, beeilte ich mich zu sagen und kam ins Schwitzen. Und begann zu hyperventilieren. „Ich bin mir sicher, ihr seid großartig.“ Ich bekam eine Panikattacke. „Einfach großartig.“

„Das sind wir“, sagte Connor.

„Ach, mach dir keinen Kopf, kleines Vögelchen“, sagte Hell. „Alles gut.“

„Das ist irgendwie erfrischend, finde ich“, sagte Lee.

Okay? Sie waren also nicht wütend? Ich betrachtete mir jeden einzelnen. Okay. Sie waren nicht sauer. Mein Herzschlag beruhigte sich wieder. Was für eine Erleichterung. Ich versuchte, meine Atmung in den Griff zu bekommen, und als ich die silberne Schallplatte an der Wand sah, schob ich mir den Rucksack von den Schultern.

„Ist das eure?“, fragte ich und trat langsam näher an die Auszeichnung.

„Ja“, sagte Lee.

Ich las laut vor. „Left Turn. Black Death.“ Aber dann las ich weiter. „Platin Album. Für über eine Million Verkäufe.“ Ich riss die Augen auf und drehte mich dann blinzelnd zu ihnen um. „Eine Million?“

Sie grinsten. Außer Connor.

„Wow“, sagte ich zittrig. „Das ist ganz außerordentlich.“

Oh nein. Diese Jungs waren eine Riesensache. Diese Tournee war eine Riesensache. Nicht nur, dass sie schöne Menschen waren, sie waren auch noch prominente schöne Menschen. Mein Herz schlug wieder heftiger, in einem Jazz-Rhythmus, den nur ich zu hören schien. Ich betrachtete das Foto neben der Schallplatte an der Wand und mein Magen machte einen Satz. Es zeigte die Band von hinten auf der Bühne und das Publikum, vor dem sie spielten. „Das sind eine Menge Menschen“, sagte ich kleinlaut.

„Wembley Stadium“, erklärte Hell. „Das erste Konzert war so schnell ausverkauft, dass wir noch ein zweites geben mussten.“

Es lag so viel Stolz in seinem Tonfall, aber ich war zu sehr damit beschäftigt, innerlich auszuflippen, um darauf einzugehen. Mein Bauch schmerzte und ich merkte, wie ich blass wurde. „Das ist sehr cool“, sagte ich und meine Stimme wackelte. Meine Atmung wurde schwerer. Ich hob den Finger zu einem anderen Foto. „Noah?“, fragte ich atemlos. „Das bist du.“ Ich spürte Schweißperlen auf der Stirn und an den Schläfen.

„Hey.“ Er stand sofort neben mir. „Geht es dir gut?“

Meine Hände zitterten, als ich wisperte. „Ich glaube, ich muss mich kurz hinsetzen.“

Er führte mich zum Sofa und ich setzte mich, versuchte meine Atmung wieder in den Griff zu bekommen. Ein Glas Wasser wurde mir in die Hände gedrückt. Ich trank es in einem Zug aus, wobei mir ein paar Tropfen das Kinn hinabliefen. Als ich da saß und auf den glänzend weißen Couchtisch blickte, sagte ich leise: „Ihr seid eine große Sache. Also, berühmt.“

Und dann wurde mir schlagartig einiges klar. Ich stöhnte auf und legte die Hände vors Gesicht. „Oh mein Gott. Ihr müsst denken, dass ich die größte aller Idiotinnen bin.“

Noah setzte sich neben mich und rieb mir über den Rücken. „Ach was.“

Connor lachte auf. „Doch.“ Ich sah zu ihm. „Du hast es eben erst begriffen, oder? Du befindest dich in prominenter Gesellschaft und jetzt weißt du nicht, wie du dich fühlen sollst.“

Es war mir peinlich und weil ich nicht mochte, wie ich mich fühlte, sah ich Noah zornig an. „Du hast mich angeschwindelt.“

Er sah mir direkt in Augen. „Genau wie du uns im Bewerbungsgespräch?“

Mein Gesichtsausdruck verriet mich, bevor ich etwas sagen konnte. „Woher wusstest du das?“

„Eine simple Nachfrage ergab, dass du von keiner Agentur kamst, die mit uns zusammenarbeitet.“ Sein Blick forderte mich heraus, zu widersprechen, aber als ich es nicht tat, lächelte er. „Du hättest eigentlich gar nicht da sein sollen.“

„Aber …“ Scham breitete sich in meiner Brust aus und saß dort wie ein Stein. „Warum hast du dann das Gespräch mit mir geführt?“ Und noch wichtiger. „Warum hast du mich eingestellt?“

„Weil du nicht nur besser geeignet bist, als alle anderen.“ Er hielt inne und grinste dann. „Sondern weil es mutig war, zu tun, was du getan hast. Ich dachte mir, dass du verzweifelt genug warst, in die Party reinzuplatzen und ein Einstellungsgespräch für einen Job zu führen, ohne etwas darüber zu wissen. Du brauchst Arbeit.“

Ehrlich gesagt war ich froh, dass die Wahrheit ans Licht gekommen war. Dennoch fühlte ich mich nicht besser über das, was ich getan hatte. Es lag nicht in meiner Natur, unehrlich zu sein. Mein innerer Rückzug überraschte mich selbst. Ich knetete meine Finger und entschuldigte mich. „Ich wollte das gar nicht. Ich habe wirklich nicht damit gerechnet, dass du mich einstellst.“

„Möchtest du den Job noch haben?“

Noah wartete geduldig auf meine Antwort. Gott, ich wollte den Job nicht. Aber ich brauchte ihn. So sehr. Ich sah zu ihm hoch und nickte. „Ja“, sagte ich leise.

„Großartig“, sagte Noah und half mir aufzustehen. „Dann lass uns oben die Papiere fertig machen. Amber wird dir erklären, was alles zu deinem Aufgabengebiet als Assistentin gehört. Klingt das gut?“

Tat es das? Ich zwang mich, zu lächeln. „Das klingt gut.“

Noah bot mir seinen Arm an und ich nahm die Stütze gern. Ich wollte mich nach meinem Rucksack bücken, aber er sagte: „Lass ihn einfach liegen, der kommt hier nicht weg.“

Als ich den Raum verließ, rief Helmer: „Bis dann, Emily.“

Ich lachte überrascht auf. „Bis dann, Helmer. Bis dann, Lee.“

„Wir sehen uns“, sagte Lee.

Und das erste Mal in meinem Leben hatte ich nach einer Lüge kein schlechtes Gewissen. Denn dieses Mal hatte sie mir einen Job eingebracht.

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