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Kapitel 5 Getting To Know You

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Emily

In meiner Koje hörte ich, wie sich die Jungs unterhielten.

„Mir ist langweilig“, beschwerte sich Connor.

Lee lachte leise. „Wir sind erst zwölf Stunden unterwegs.“

„Ich hab dir gesagt, dass das passieren wird“, sagte Noah angefressen.

„Ach kommt schon, lasst ihn. Er kann nichts dafür. Er hat ADHS“, sagte Hell, aber eindeutig amüsiert.

„Wenn ich nicht aus diesem verfickten Bus rauskomme, raste ich aus.“

Connors Gereiztheit in der Stimme war ein wenig erschreckend, aber ich musste mit diesem Eindruck allein sein, denn als ich aus meiner Koje den Gang entlang linste, sah ich, wie Noah zur Tür des Fahrers ging. Er öffnete sie und sprach einen Moment mit Craig. Noah kam zurück und der Lautsprecher ging an. Craigs Stimme klang bissig.

„Was versteht ihr kleinen Bitches nicht an dem Wort Nonstop? In einer Stunde kommen wir zu einer Raststätte. Wir machen dort eine kurze Pause. Und wenn ich sage kurz, dann meine ich verfickt noch mal kurz. Craig over and out.“

Connors Kinn sah verkrampft aus, als sich Noah wieder hinsetzte. „Danke, Mann“, sagte Connor und starrte dabei auf den Tisch.

„Du weißt, dass ich immer für dich da bin“, sagte Noah.

Ich konnte mir nicht helfen, aber ich fand diesen Austausch süß.

Eine Stunde später parkte der Bus auf einem Rastplatz. Jemand klopfte an meine Koje und ich zog den Vorhang auf.

Noah stand da und lächelte zaghaft. „Geht’s dir gut da drinnen?“

Ich nickte.

„Ehrlich?“

„Ja“, nickte ich noch mal. „Warum?“

Er setzte sich auf die Bettkante. „Du hast dich nur noch nicht blicken lassen.“

Oh, das. „Ich wollte euch nicht im Weg sein.“

„Bitte? Du bist nicht im Weg“, sagte er und lächelte aufmunternd. „Versteckst du dich etwa hier drin? Ist es das, was du hier tust?“

Na klar. „Nein.“ Das Wort kam zu schnell und zu laut heraus.

„Ich denke doch.“

Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah mich mit einem Blick an, der mich aufforderte, zu widersprechen. Das tat ich nicht. Ich hoffte, er verstand mich.

„Die Jungs“, fing ich an und schob mir die Brille hoch. „Ich möchte, dass sie mich mögen.“

Das verwirrte ihn offensichtlich. „Und du denkst, das könntest du am besten hinbekommen, indem du ihnen aus dem Weg gehst?“

Ja. Ich nickte ernst.

Er sah mich einen Moment an. „Vorschlag. Lass uns einen Deal machen. Du kommst auf der Teilstrecke für eine Stunde aus deinem Versteck und ich verrate niemandem, dass das St. Judes beim Label angerufen hat, damit sie für den Betreuungsplatz deiner Nanna bürgen, da du dir ihre Pflege kaum leisten kannst.“

Ich fühlte, wie mir jegliche Farbe aus dem Gesicht wich und der Puls höher schlug. Oh Gott. Noah musste bemerkt haben, dass mir das Atmen nicht leicht fiel und legte eine Hand auf meine Schulter.

„Das geht in Ordnung. Micah hat die Papiere unterzeichnet. Alles ist gut.“ Sein Blick wurde sanft. „Ich wünschte, du hättest mir davon erzählt.“

Ich versuchte meine trockenen Lippen zu benetzen und mied seinen Blick. „Bitte, sag niemandem etwas davon.“

„Das ist nichts, wofür man sich schämen muss, Emmy. Was du da versuchst, ist bewundernswert.“

Er verstand es nicht. Niemand tat das. Das hier war mein eigener Kampf und den musste ich selbst kämpfen. Genau wie Nanna es getan hatte, als meine Mutter starb. Ich wiederholte meine Bitte und Noah seufzte leise.

„Ich würde es nie jemandem sagen. Ich bitte dich nur, uns eine Chance zu geben. Lerne uns kennen. Komm heraus und unterhalte dich mit uns. Wir werden jetzt drei Monate lang jeden Tag zusammen sein. Wir möchten dich auch gern näher kennenlernen. Ich weiß, dass die Jungs ein wenig ungehobelt daherkommen. Aber ich versichere dir, dass du nie ehrlichere Menschen kennenlernen wirst.“

Oh nein. Ich war extrem unschlüssig.

„Na komm schon“, sagte Noah. „Was sagst du?“

Noah war ein lieber Kerl und ich war dankbar für sein Taktgefühl. Ehrlich gesagt, fürchtete ich mich vor den anderen. Sie waren so weit abseits der Norm, dass mir jetzt schon klar war, dass ich nichts mit ihnen gemein hatte. Es war weder deren noch meine Schuld. Es war einfach so. Aber ich konnte es versuchen. Und das würde ich auch.

„Okay. Ich werde sie kennenlernen“, sagte ich lächelnd.

Noah knuffte mich sanft an der Schulter. „Prima. Gutes Mädchen.“ Er hielt mir die Hand entgegen und ich betrachtete sie einen Augenblick, bevor ich sie ergriff. Noah half mir aus meinem Versteck und legte die Hände auf meine Schultern, um mich nach vorn zu schieben. „Nutze die Chance, Emmy. Nutze sie und halte sie mit beiden Händen fest, hörst du mich? Es könnte dein Leben verändern.“

Es könnte mein Leben verändern.

Eine Prophezeiung. Eine, die keiner von uns beiden als solche realisierte, bis unsere Welten so hart beben würden, dass unsere Köpfe wackelten.

Draußen vor dem Bus reckte und streckte ich mich. Ich wusste nicht, wo wir uns befanden, aber ich musste zugeben, dass es schön war, aus meiner kleinen Koje herauszukommen. Noah ging zu dem Laden der Raststätte und ich folgte ihm hinein. Ich nahm mir Zeit, die Regale abzulaufen und entschied mich für eine Packung Twizzlers, da ich nur fünfzehn Dollar im Geldbeutel hatte. Das Geld musste mir wenigstens bis zum nächsten Gehaltsscheck reichen. Ich konnte es ein wenig strecken, aber zwei Wochen? Das war ein bisschen lang. An der Kasse stand Connor und sprach mit dem Kassierer.

„Ja, ich nehme diesen ganzen Kram hier.“ Er legte ein paar Schokoriegel, Getränke und Kaugummi auf den Ladentisch. „Und was für Erwachsenenmagazine habt ihr hier? Ich meine Pornos.“

Ich weitete die Augen und drehte mich um, um zu gehen. Aber eine Hand zog mich an der Schulter zurück. Connor zog mich an sich, nahm mir die Twizzler-Packung ab und legte sie zu seinen Sachen dazu. Der Kassierer kam mit einem Stapel Magazine zurück, die in Plastikfolie eingezogen waren. Mein Herzschlag ging von null auf hundert und ich wurde so schnell rot, dass ich befürchtete, vor Blutmangel ohnmächtig zu werden.

Connor ging die Magazine durch. „Welches würden Sie denn empfehlen, mein Lieber?“

Der reifere Herr zeigte auf ein Magazin mit dem Namen Lux und als ich den Mund öffnete, um etwas zu sagen, legte Connor den Finger auf meine Lippen. „Pst, Baby. Die Erwachsenen unterhalten sich gerade.“

Connor sah sich die Magazinempfehlung durch und wägte ab. „Ich weiß nicht recht. Ich meine, klar, sie ist heiß und so, aber ich suche nach etwas mit dem gewissen Etwas, wenn Sie verstehen, was ich meine.“

Der Kassierer verschwand kurz, um dann mit einem weiteren Magazin wieder aufzutauchen. Er legte es auf den Tisch. Es hieß Moi.

„Das ist es“, sagte Connor und tippte auf das Cover unter der Plastikfolie. „Sie ist es.“ Er nahm dem Verkäufer das Magazin ab. „Sie sieht wie ein nettes Mädchen aus. Hilfsbereit. So, als würde sie immer ihr Bett machen, obwohl die Sachen, die sie darin anstellt, ihre Mutter sicherlich enttäuschen würden. Genau.“ Er nickte und legte es zu den Sachen auf dem Ladentisch. „Das nehme ich.“

Der Mann addierte alles auf und nannte den Preis. Connor griff in den Kühlschrank neben uns und legte noch etwas dazu, während er mich frech angrinste.

„Und eine Schokomilch fürs Baby.“

Ich vermute, ich hätte beleidigt sein sollen. Das ging aber nach hinten los, denn ich liebte Schokomilch.

Der Kassierer packte alles in eine Papiertüte und überreichte sie Connor, der sie mir in den Arm drückte. Ich hielt sie in den Armen, aber als wir aus der Tür gingen, hielt er mich zurück.

„Das ist ein Basketballkorb. Wir brauchen einen Ball.“

Er eilte wieder in den Laden und ließ mich mit einer Tüte voller Unsinn und einem Titti-Magazin hier stehen. Ich stellte die Tüte ab. Als er wieder herauskam, hielt er einen alten, verkrusteten Basketball in den Händen.

Er lächelte, tippte den Ball ein paarmal auf und nickte. „Wollen wir eine Runde?“

War das sein Ernst? „Ich weiß nicht, wie man spielt.“

„Hm. Okay.“ Er sah sich um. „Hey Lee“, rief er. Lee drehte sich um und Connor zeigte auf mich. „Emmy will eine Runde Basketball spielen. Sie sagt, sie ist echt gut darin. Machst du mit?“

Okay. Es sah so aus, als ob mich alle jetzt Emmy nannten. Außerdem, was? Ich hatte nichts dergleichen gesagt. Ich blinzelte ihn an. Er grinste nur und zwinkerte mir zu.

Herrgott, was ein Arsch.

Lee kam herüber gejoggt und Hell folgte ihm.

„Ich … kann überhaupt nicht spielen“, stotterte ich.

Connor lachte leise tief im Hals und legte den Arm um mich, zog mich an seine Seite und meinen Kopf an seine Brust. „Du bist so ein Scherzkeks, Emmy.“ Er schüttelte mich langsam an den Schultern. „Hört nicht auf das, was sie sagt. Emmy hat es voll drauf.“

Lee lächelte. „Du weißt wirklich nicht, wie man spielt, oder Kleines?“

Ich schüttelte den Kopf und Connor riss den Mund auf. „Lügnerin. Ich hab’s gesehen, sie ist gut, ich schwöre.“

Hell grinste und wusste ganz genau, dass Connor Blödsinn redete. „Na dann, wollen wir? Wir müssen gleich wieder in den Bus steigen.“

Offenbar spielten wir etwas, das Half Court hieß. Als es Lee gelang, Connor den Ball abzunehmen, warf er ihn mir zu. Ich hielt ihn fest und rannte.

„Warte, du machst Schrittfehler“, rief Lee lachend.

Ich hielt den Ball weiter fest und sah ihn an. „Ich mache was?“

„Du musst den Ball prellen während du rennst. Wenn du das nicht tust, zählt das als Schrittfehler und das andere Team erhält den Ball.“

Ach so. „Okay.“ Ich blickte zu ihm hoch. „Kann ich noch mal anfangen?“

„Nein“, rief Connor.

„Du machst das super, versuch es noch mal“, sagte Hell.

„Danke, Hell.“ Aber sowie ich den Ball einmal auftippte, nahm Connor ihn mir ab. Ich blieb stehen und zeigte mit dem Finger auf ihn. „Hey, das ist unfair.“ Ich drehte mich zu Lee um. „Er hat ihn mir einfach abgenommen.“

Lee grinste. „Das darf er.“

„Das ist erlaubt“, bestätigte Hell lächelnd.

Echt?

Connor grinste frech und zeigte mir den Mittelfinger. Ich war sauer. Eigentlich mehr verlegen, aber dennoch sauer. Mein Wettkampfgeist war geweckt und ich verfolgte Connor. Jedes Mal, wenn ich versuchte nach dem Ball zu greifen, wich er mir aus. Wieder und wieder hielt er den Ball für mich außer Reichweite und als ich einen frustrierten Laut von mir gab, lachte er.

„Yo, gib es auf.“

Niemals. Ich sah Rot und rammte meinen Körper in Connors Seite, was ihn überraschte, und es gelang mir, den Ball zu schnappen. Ich machte einen aufgeregten Laut und rannte mit dem Ball tippend zu Lee. Ich hörte, dass jemand hinter mir war und warf mich panisch auf den Boden über den alten Ball und schützte ihn mit meinem Leben. Lee und Connor lachten auf, als Hell mich an der Taille hochhob und schüttelte.

„Lass los“, sagte er lachend.

Ich musste losprusten und rief: „Nein!“ Er schüttelte mich ein weiteres Mal, ich hielt den Ball aber in meinem Kung-Fu Griff und kicherte.

„Ach komm schon Hell, lass sie werfen“, rief Lee, eindeutig hochgradig amüsiert.

Hell seufzte und trug mich wie ein Surfboard zu dem Netz, während ich immer noch den Ball umklammerte. Dort stellte er mich auf die Füße und machte eine einladende Geste.

„Na dann los.“

Wirklich?

Ich wartete kurz, ob mich wieder einer anspringen wollte, aber keiner rührte sich. Ich hob den Ball an und sah mich um. Drei große muskulöse Männer grinsten mich an. Ich warf. Daneben. Ich seufzte.

„Lasst es mich noch mal versuchen.“

Lee warf den Ball zu mir zurück, ich konzentrierte mich, ließ mir Zeit und warf erneut. Zu kurz. Ich stieß die Luft aus.

„Das ist viel zu hoch, ich bin einfach zu klein.“ Plötzlich befand ich mich in der Luft. Ich quietschte, als Hell mich an den Oberschenkeln hochhob. Lee bracht mir den Ball. Connor betrachtete alles stumm und abschätzend. Ich griff nach Hells Armen und klammerte mich an seine starken Muskeln. „Oh Gott, lass mich runter.“

Hell lachte nur. „Entspann dich. Ich lass dich nicht fallen. Du bist winzig, kleines Vögelchen.“

„Nimm den Ball, Emmy“, sagte Lee sanft.

Nachdem ich wieder zu Atem gekommen war, nahm ich den Ball entgegen. Dann hob ich ihn hoch und warf.

Daneben.

Lee fing den Ball und gab ihn mir erneut. Ich versuchte es noch einmal. Er rollte auf dem Rand herum und fiel daneben herunter. Ich gab einen enttäuschten Laut von mir. Dann grinste ich die Jungs an. Das war knapp gewesen. „Diesmal hat es fast geklappt.“

Lee gab mir den Ball erneut und klatschte in die Hände. „Auf geht’s. Noch einmal, Emmy.“

Ich holte tief Luft.

„Wann immer du bereit bist“, sagte Hell.

Ich hatte die Jungs gehört. Sie glaubten an mich. Ohne zu zögern, hob ich den Ball und warf ihn. Er segelte durch das Netz. Überrascht ließ ich einen Schrei fahren und reckte die Arme in die Luft. Ich jubelte und klatschte über meine großartige Leistung. Hell stellte mich wieder ab und streckte mir die Hand zu einem High Five entgegen. Lee ebenfalls und als ich mich zu Connor umdrehte, war er bereits wieder in den Bus gestiegen.

Lee brachte den Ball zurück, holte unsere Tüte und ich ging mit Hell zurück zum Bus. An Bord sah ich, das Noah vor seinem offenen Laptop in der Nische saß und mich zu sich winkte.

„Es sah aus, als hättest du da draußen Spaß gehabt.“

Ich setzte mich ihm gegenüber und holte tief Luft. „Das stimmt.“

„Gut.“ Noah sah erleichtert aus. „Leistest du uns jetzt also öfter Gesellschaft?“

„Das würde mir sehr gefallen“, sagte ich, aber meine Stimme war zaghaft.

Und mit diesem simplen Zugeständnis begann eine Freundschaft.

„Siehst du das Haar hier?“ Hell zeigte auf ein lockiges Haar an seinem Unterarm. Ich lehnte mich näher und betrachtete es. Er nahm es zwischen die Finger und zog daran. Es war außergewöhnlich lang. „Ich nenne es den Goldjungen. Er ist so was wie ein Nationalheiligtum.“

„Das verstehe ich.“ Ich lehnte mich wieder zurück und versuchte, über diese alberne Unterhaltung nicht zu grinsen. „Es ist wunderschön.“

Der Bus war schon lange unterwegs und kurz nachdem es dunkel geworden war, krochen die Jungs wie die Nachteulen, die sie waren, aus ihren Betten. Und aus Gründen, die ich nicht benennen konnte, waren sie gesprächig.

„Mein Gesicht war ganz aufgedunsen und bald waren meine Augen so zugeschwollen, dass ich nichts mehr gesehen habe. Ich sah aus wie Buddha“, sagte Lee. „Und von da an war klar, dass ich auf Krustentiere allergisch bin.“

Er beendete seine Aussage mit einem Grinsen und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich hatte das Gefühl, ich wusste, was hier los war und alles deutete auf Noah hin. Ich war nicht aufgebracht darüber, dass er eingegriffen hatte. Ehrlich gesagt, war ich das Gegenteil davon. Ich begann eine andere Seite an diesen Männern kennenzulernen und je mehr ich erfuhr, desto weniger gruselig waren sie mir. Ihre Geschichten zeigten, dass sie menschlich und fehlerbehaftet waren, genau wie der Rest der Menschheit. Und sowie das offensichtlich wurde, konnte ich nicht mehr aufhören zu lächeln.

Noah erzählte gerade recht lebhaft eine Geschichte. „Und ich sagte, im Leben nicht.“ Er stöhnte und fuhr mit der Hand über das Gesicht. „Aber am Ende war es nicht einmal mein Auto.“ Er fing an zu lachen. „Ich hatte es auf der anderen Seite des Parkplatzes abgestellt. Ich war nur zu besoffen, dass ich das vergessen hatte.“

Ich weiß nicht, was ich von Connor erwartet hatte, aber es war nah dran an dem, was ich hörte. „Ich sag ja nur. Sex klingt, wie wenn man in Flip-Flops durch den Regen rennt.“

Er sah mich total unschuldig an. Ich stellte mir kurz vor, wie sich das anhörte und mir wurde leicht übel. Igitt. Er grinste und ich merkte, dass ich es laut gesagt hatte.

Ich lehnte mich nach vorn und hörte mir jede noch so dumme kleine Kleinigkeit an, die sie mit mir teilten.

„Ich hab es seither sicher schon zehnmal gewaschen“, sagte Hell feierlich. „Es stinkt immer noch nach Kotze.“

Mehr Geschichten wurden erzählt.

„Als ich wieder zu mir kam, war ich im Krankenhaus und mein Arm in Gips und am Kinn hatte ich eine Platzwunde.“ Lee zeigte auf die Narbe an seinem Kinn. „Siehst du?“

Ich sah es. Die Geschichten schienen kein Ende zu nehmen.

„Keiner hatte auch nur angedeutet, dass es ein elektrischer Zaun war.“ Noahs Lippen waren dünn und er schüttelte den Kopf.

Das waren alles Geschichten von kleinen Jungs, keinen erwachsenen Männern. Ich versuchte es zu unterdrücken, aber es gelang mir nicht. Ich legte die Hand vor den Mund, um mein Lachen aufzuhalten. Leider gelang mir das nicht und ich musste nur noch mehr lachen.

Connor sah mich unentwegt an und lächelte über meine hemmungslose Fröhlichkeit. Auf einmal versiegte sein Lächeln und er nickte mit dem Kinn zu mir. „Was ist mit dir?“

Meine Fröhlichkeit schwand. „Mit mir?“

„Ja. Dir.“ Seine Augen verengten sich und er leckte sich über die Lippen. „Was ist deine Story?“

Hatte ich überhaupt eine? Wenn, dann war da nicht viel. Man konnte sie definitiv nicht mit einer von ihren vergleichen. Aber die erwartungsvollen Blicke der vier Männer sagten mir, dass ich an der Reihe war, zu erzählen.

„Ich schätze, ich war ein ganz normales Kind. Ich wuchs in Bakersfield auf, mit meiner Mom. Meinen Vater habe ich nie kennengelernt. Meine Mutter beharrte darauf, dass sie ihn geliebt hätte, aber später hat mir meine Nanna verraten, dass er verheiratet gewesen war und sie war seine Geliebte. Also, ja.“ Sie hörten mir gebannt zu. „Mom wurde krank, als ich sieben Jahre alt war. Sie starb bald darauf, also zog ich zu meiner Nanna. Ich ging auf die Marshall High und machte meinen Abschluss ein Jahr früher. Gleich darauf ging ich aufs College und machte dort meinen Bachelor.“ Oder auch zwei. „Ich verließ das College.“ Mit Auszeichnung. „Dann suchte ich nach einem Job, aber meine Nanna wurde auf einmal sehr vergesslich, und ein paar Wochen später stellten wir fest, wie schlimm es eigentlich war. Ich bekam einen Anruf von der Polizei.“ Schlimmster Tag meines Lebens. „Sie konnten mir nicht viel sagen, nur dass ich sie abholen kommen sollte. Dort angekommen war sie desorientiert und dachte, ich wäre meine Mutter. Sie nannte mich June. Als ich sie fragte, warum sie nicht nach Hause gekommen war, erklärte sie, dass sie sich nicht mehr an den Heimweg erinnert hatte.“ Ich räusperte mich. „Ich suchte nicht mehr länger nach Arbeit, sondern entschied mich dafür, für sie zu sorgen. Das war vor drei Jahren.“

„Das ist echt Scheiße, Kleine“, sagte Lee.

„Echt“, sagte Hell. „Was fehlt ihr denn?“

„Sie hat Demenz.“ Es war nicht leicht, darüber zu sprechen. „Sie lebt jetzt in einem Pflegeheim. Im St. Judes. Dort ist es schön.“ Ein kostspieliger Ort, den ich mir ohne diesen Job nicht leisten könnte. „An manchen Tagen erinnert sie sich an alles, an manchen nicht. Meistens erinnert sie sich gar nicht mehr an mich.“ Was mir das Herz brach. „Leider braucht sie ununterbrochene Pflege von geschultem Personal. Das kann ich ihr nicht geben.“ Ich war mir nicht sicher, warum das so verteidigend klang.

„Natürlich nicht“, sagte Noah. „Das wäre von jedem sehr viel verlangt. Ganz besonders für jemanden in deinem Alter.“

Connor setzte sich aufrecht. „Wie alt ist sie?“

„Sehr alt. Als meine Mutter geboren wurde, war sie schon über vierzig.“ Ich lächelte leise. „Meine Mom war ihr Wunderkind.“ Ich hatte genug von dieser Unterhaltung und fragte: „Darf ich ein Foto von euch machen?“

„Klar“, sagte Noah sofort.

Es wäre das erste Foto auf meinem Smartphone, das ich vom Label bekommen hatte. Sie posierten für mich und ich machte eine Aufnahme. Ich sah sie mir an. „Cool“, sagte ich.

„Das landet jetzt sofort auf deinen Social-Media-Kanälen, stimmt’s?“, fragte Connor kühl.

„Oh, äh …“ Ich sah ihn an. „So etwas habe ich nicht.“

Hell runzelte ungläubig dir Stirn. „Was? Wieso?“

Mir war klar, dass das ziemlich außergewöhnlich war.

„Wie bleibst du denn mit deinen Freunden in Kontakt?“, fragte Lee und klang total verdutzt.

Welche Freunde? Die folgende Stille war schneidend und mein Magen zog sich wieder zusammen. Mein Lächeln verschwand und in meinen Ohren baute sich Druck auf. Ich wurde langsam rot. Dann biss ich mir auf die Lippe. Hart. Ich hatte das nicht laut sagen wollen. Es war zu viel. Die Stille wurde fast unerträglich.

„Na dann.“ Ich stand auf, räusperte mich und hielt das Telefon hoch. „Vielen Dank noch mal dafür.“ Ich wich den Blicken aus, die ich auf mir spürte, und wünschte ihnen freundlich eine gute Nacht.

Du lieber Himmel. Da hatte ich mich ja komplett bloßgestellt. Ich fühlte mich emotional entblößt und kletterte in mein Bett. Nachdem ich den Vorhang geschlossen hatte, legte ich mich hin und warf mir ein Kissen aufs Gesicht. Vielleicht half das, mein großes, dummes Mundwerk zu schließen.

Clash

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