Читать книгу Tod in Amsterdam - Ben Kossek - Страница 16
Оглавление10.
Seit seinem „konspirativen Treffen“ mit dem Journalisten hatte Klaus Behrends ständig das Gefühl, beobachtet und verfolgt zu werden. Er war es gewohnt, die Augen offen zu halten und hatte immer noch dieses sensible, unbestimmte Gefühl für Dinge oder Situationen, die nicht in Ordnung zu sein schienen. Das brachte seine damalige Arbeit als Hauptkommissar bei der Kripo so mit sich. Und dieses Gefühl war auch in den letzten Jahren, seitdem er dem Polizeidienst den Rücken gekehrt hatte und als privater Ermittler arbeitete, nicht verschwunden. Im Gegenteil – es war eher noch stärker geworden, wohl in dem Wissen, dass er jetzt nur noch auf sich alleine gestellt war, wenn es Mal darauf ankam. Es gab noch nichts Konkretes, was er bemerkt und was dieses ungute Gefühl in ihm bestätigt hätte, aber er wusste, dass er sich auf sein inneres Alarmsystem und seine feinen Antennen verlassen konnte!
Möglicherweise war es ja der schwarze Mercedes-SUV, den er in den letzten vierundzwanzig Stunden schon zum zweiten Mal beobachtet hatte, aber vielleicht war es auch nur Einbildung. Er konnte noch so sehr nach Erklärungen suchen und sich einreden, er habe sich getäuscht. Dieses verräterische Kribbeln in der Magengrube wollte einfach nicht mehr aufhören!
Klaus Behrends nahm sich vor, auch weiterhin besonders wachsam zu sein. Er hatte zur Sicherheit Kopien von allen Ermittlungsunterlagen angefertigt, die er dem Journalisten übergeben hatte. Schließlich musste er sicherstellen, dass diese überaus wichtigen Informationen nicht verloren gingen oder aber den falschen Leuten in die Hände fielen. Das durfte auf keinen Fall passieren!
Also hinterlegte er schon vor Tagen, lange vor dem Treffen mit diesem Brandstetter, einen zweiten Koffer mit allen Kopien bei einem Notar in Düsseldorf. Sollte ihm etwas zustoßen, würde der Notar den Aktenkoffer in die richtigen Hände weiterleiten. Für diesen Fall hatte er klare Anweisungen hinterlassen. Klaus Behrends würde es nicht zulassen, dass der hinterhältige Mord an seinem langjährigen Freund Wolfram Brosenius ungesühnt bleiben würde! Und er würde es nicht zulassen, dass die Sache als tragischer Unfall abgetan und vertuscht wurde. Dafür war nun in zweifacher Hinsicht gesorgt. Er hoffte nur, dass seine bisherigen Ermittlungen am Ende nicht umsonst gewesen waren. Er würde leider nicht mehr die Zeit haben, sich zu vergewissern, dass alles seinen rechten Weg ging. Er musste sich nun einfach auf die Fähigkeiten des Journalisten verlassen. Aber da hatte er ein gutes Gefühl …
Zufrieden, aber innerlich zugleich beunruhigt, betrat er nun das Lokal in der Düsseldorfer Altstadt, um hier wie so oft sein Mittagessen zu sich zu nehmen. Gerade wollte er die Tür öffnen, um hineinzugehen, als ihm der schwarze Mercedes-SUV auffiel, den er jetzt schon zum dritten Mal bemerkte. Also doch! Er wurde wohl beschattet, das stand jetzt für ihn zweifelsfrei fest! So sehr konnte er sich nicht täuschen! Die Bande war ihm auf die Spur gekommen! Er überlegte kurz, tat dann so, als hätte er nichts bemerkt und ging in das Lokal. Drinnen setzte er sich in die Nähe eines der Fenster, sodass er das fremde Fahrzeug gut im Blick behalten konnte, dass etwa vierzig Meter vor dem Lokal auf der anderen Straßenseite parkte.
Das Lokal seines Freundes Bodo Vollmer war fast leer. Behrends winkte der Bedienung und bestellte zunächst wie gewöhnlich sein Essen. „Bitte richten Sie Bodo aus, dass er mir das Essen nachher persönlich bringen soll. Würden Sie das für mich tun?“
„Ja, natürlich, wie Sie wünschen“, antwortete die junge Frau, nicht ohne sich ein wenig zu wundern. „Entschuldigen Sie habe ich etwas falsch gemacht?“
„Nein, um Gottes willen! Nein, Sie haben alles richtig gemacht. Er ist ein guter Freund von mir, und ich muss ihn ganz dringend sprechen – sofort bitte, wenn es geht. Sagen Sie ihm nur, Klaus Behrends sei da.“
„Alles klar“, antwortete die junge Frau erleichtert und ging in Richtung Küche, um das Essen zu bestellen und ihrem Chef Bescheid zu sagen.
Behrends musste einerseits Zeit gewinnen und andererseits eine Möglichkeit finden, unbemerkt von hier zu verschwinden. Und da konnte Bodo ihm helfen. Die Bedienung brachte ihm das bestellte Altbier, und kurz darauf erschien Bodo Vollmer, der Besitzer des Lokals. Vollmer und sein Stammgast Behrends kannten sich schon seit Jahren, und Bodo fragte sofort: „Was ist los, Klaus?“
„Du musst mir helfen, Bodo, ich stecke etwas in der Klemme. Siehst du den schwarzen Mercedes-SUV dort drüben auf der anderen Straßenseite? Scheint so, als werde ich beschattet.“ Bodos Blick suchte das erwähnte Fahrzeug.
„Sehe ich. Wie kann ich dir helfen?“
„Ich müsste mal wieder durch den Hinterausgang verschwinden, so wie früher, Bodo. Kannst Du das organisieren und deinen Wagen in den Innenhof fahren? Du musst mich unbedingt von hier wegbringen.“
„Kein Problem. Jetzt sofort?“
„Nein. Ich werde jetzt ganz normal essen. Ich bin sicher, dass einer der Kerle entweder von draußen durch die Scheibe sieht oder kurz reinkommt, um sich zu vergewissern, dass ich da bin. Ich tue so, als würde ich nichts bemerken. Er wird dann wieder zurück zu seinem Wagen gehen. Dann komme ich zu dir nach hinten und wir hauen ab.“
„Alles klar! Carolin bringt dir jetzt erst mal dein Essen. Ich hole in der Zwischenzeit meinen Wagen und warte dann hinten an der Küche auf dich. Nur keine Angst, Klaus, das kriegen wir schon gebacken.“
„Du hast was gut bei mir, Bodo, danke!“
„Keine Ursache.“ Bodo Vollmer verschwand wieder nach hinten in Richtung Küche, nicht, ohne noch einmal einen Blick auf den schwarzen Mercedes auf der anderen Straßenseite zu werfen. Wenig später brachte die junge Frau namens Carolin das Essen, und Behrends begann ganz normal seine Mahlzeit.
Er hatte recht mit seiner Vermutung. Nach etwa fünf Minuten sah Behrends durch die Fensterscheibe, dass sich die Beifahrertür des Mercedes-SUV öffnete und ein Mann im Laufschritt zur hiesigen Straßenseite herüberkam. Kurz verschwand er am rechten Fensterrand, dann öffnete sich die Tür, und er betrat das Lokal. Er tat so, als würde er sich bei Carolin nach etwas erkundigen. Sie nickte und zeigte mit einer Hand ein Stück die Straße nach rechts hinunter. Er bedankte sich höflich und ging wieder hinaus. Doch während er mit der jungen Bedienung sprach, tasteten seine Augen schnell und unauffällig die Räumlichkeit ab. Er ließ sich durch nichts anmerken, dass er Behrends entdeckt hatte, der scheinbar völlig ahnungslos und unbeteiligt sein Mittagessen verzehrte, ohne auch nur einmal aufzublicken. Doch Klaus Behrends hatte den Mann aus dem Augenwinkel heraus genau beobachtet. Der Kerl war ihm gänzlich unbekannt. Jedenfalls konnte er sich nicht erinnern, ihn schon einmal gesehen zu haben.
Kaum hatte der Unbekannte den Gastraum verlassen, erhob sich Behrends und ging unauffällig aber zügig nach hinten zur Küche. Bodo Vollmer wartete bereits und winkte ihn zur Hintertür. Es war ja nicht das erste Mal, dass er bei seinem Freund „Fluchthelfer“ spielte. Draußen stand der dunkelblaue BMW 520 des Lokalbesitzers. Vollmer öffnete die Hintertür und sagte: „Schnell rein mit dir, und bleibe unten. Wo willst Du hin, nach Hause?“
„Nein. Nach Hause kann ich jetzt nicht. Zu gefährlich.“ Für Behrends war es mehr als naheliegend, dass seine Wohnung beobachtet wurde. Die Kerle waren ihm mit aller Wahrscheinlichkeit bereits von zu Hause gefolgt.
„Gut, dann bleibst du erst mal ein paar Tage bei mir. Kein Problem! Wir werden schon ein Bett und ein paar Klamotten für dich finden.“
Der BMW Bodo Vollmers verließ den kleinen Innenhof, der die Rückseite des Lokals begrenzte, durch eine Einfahrt auf der gegenüberliegenden Seite des Blocks. Eine Viertelstunde später war Klaus Behrends unentdeckt entkommen und erst einmal in Sicherheit. Er hatte seine Verfolger abgeschüttelt, doch darüber war er alles andere als beruhigt. Wie hatten sie ihn entdeckt? War er bei seinen Recherchen unvorsichtig geworden? Jedenfalls hatten sie es eindeutig auf ihn abgesehen, und vermutlich sogar auf sein Leben, denn er konnte ihnen mit den Beweisen und Informationen, die er gesammelt hatte, äußerst gefährlich werden. Er kam zu dem Schluss, dass diese Leute ihn beseitigen wollten …