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2.4. Gibt es ADHS wirklich?

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Insgesamt betrachtet lassen sich zwei Lager in der Diskussion um ADHS stets wiederfinden:

Die Seite, die von der Existenz von ADHS absolut überzeugt ist und Handlungsanweisungen für betroffene Eltern und Lehrer*innen schreibt. Dazu gehört zum Beispiel der amerikamische Psychologe Russel A. Barkley. Barkley ist der Ansicht, dass ADHS eine genetisch bedingte und vererbte Erkrankung ist37 und blendet bei seinen Werken die Rolle der Eltern und der Familie weitestgehend aus. Bereits auf dem Cover von Barkleys Buch „Das große ADHS-Handbuch für Eltern“ entdeckt man den folgenden Kommentar: „Es geht nicht mehr darum, <<Schuldige>> zu finden: ADHS ist primär genetisch bedingt und kann medikamentös beeinflusst werden38. Diese Strömung schließt eine Entwicklung von ADHS durch falsche Erziehung, Ernährung, als Folge von Drogen oder Alkoholkonsum während der Schwangerschaft, als auch durch Traumata, aus39. Diese Bewegung verteidigt in der Regel die medikamentöse Behandlung und blendet die Nebenwirkungen der Medikamente weitgehend aus. Viele Eltern unterstützen diese Theorie und erfreuen sich darüber, wenn ihr Kind wegen ADHS hochintelligent oder besonders kreativ ist, obwohl dafür keinerlei Belege vorliegen40.

Auf der anderen Seite der Debatte stehen die Kritiker des „Konstrukt ADHS“, die daran zweifeln, dass ADHS tatsächlich eine reelle Erkrankung ist und nicht nur ein bequemer Weg, um Kinder mit Medikamenten zu sedieren, damit sie für ihre Umgebung weniger Anstrengung verursachen. Kritik wird hier vor allem auch gegenüber der Diagnose geäußert. Die Fragebögen seien zu vage formuliert und Angaben wie „oft“ oder „exzessiv“ würden einen zu großen Spielraum für den Diagnostiker darbieten. Verhaltensweisen, die für die Eltern und Lehrer*innen als „ärgerlich“ gelten, würden als Grundlage für eine angebliche Hirnstörung hingestellt, während kulturelle, schulische und familiäre Kontexte bei der Diagnose vollständig ausgeblendet werden würden41. Der Kriterienkatalog von ADHS sei eine „Liste von Wertungen von Verhaltensweisen, die für bestimmte Vertreter der Gesellschaft als unerwünscht gelten, was eine normative Setzung und keine medizinische Datenerhebung darstelle42. Diese Strömung in der ADHS-Forschung steht vor allem der Verwendung von Ritalin als präsenteste Behandlungsmethode kritisch gegenüber. Hier wird eher eine multimodale Behandlung oder ein psychotherapeutischer Ansatz ohne Psychopharmaka verfolgt. Zu den präsentesten Vertretern dieser Ausrichtung gehören unter anderem der deutsche Neurobiologe Gerald Hüther und die amerikanische Ärztin Lydia Furman. Moderne Forschungsergebnisse zeigen, dass nur bei einer geringen Zahl der mit ADHS diagnostizierten Kinder und Jugendlichen tatsächlich eine Aufmerksamkeitsstörung vorliegt43. Das, was aus dem Umfeld des Kindes als Aufmerksamkeitsstörung beschrieben wird, sei motivational, durch Über- und Unterforderung und seelische Belastungen zu erklären. Es gäbe überhaupt keine ADHS-typischen Symptome. Alle ADHS-Symptome seien unspezifisch und eigentlich nur normale charakterliche Eigenschaften oder Teil einer anderen Störung, die durch unsorgfältige Ausschlussverfahren nur nicht gefunden wurden44.

Erlebnispädagogik und ADHS

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