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2.5. Methylphenidat - Ritalin und Medikinet 2.5.1. Wirkung, Nebenwirkung und Verschreibung

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Ritalin und Medikinet sind die in Deutschland am häufigsten verschriebenen Mittel zur Behandlung von ADHS45. Der Wirkstoff von Ritalin und Medikinet ist Methylphenidat. Methylphenidat gehört zur Gruppe der substituierten Phenylethylamine und ist ein psychomotorisches, verhaltensbeeinflussendes Stimulans. Die chemische Struktur ist mit der von Amphetamin verwandt. Methylphenidat blockiert den Dopamintransporter, woraufhin eine Wiederaufnahmehemmung von Dopamin aus dem synaptischen Spalt stattfindet46. Methylphenidat ist betäubungsmittelpflichtig, es ist also nur auf Rezept in der Apotheke zu erhalten und nicht frei zugänglich. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Schlafstörungen, Appetitminderung, Tachykardie, Blutdruckerhöhung und Bauchschmerzen. Weiterhin besteht ein gewisses Missbrauchs- und Abhängigkeitsrisiko47. Methylphenidat hat eine Wirkung, die sehr ähnlich zu der von Amphetaminen wie zum Beispiel Kokain ist. Die Wirkung variiert aufgrund der Form des Konsums - Kokain wird in der Regel geschnupft, Ritalin wird als Pille konsumiert48.

Die Barmer GEK stellt im Jahr 2011 fest, dass 44,6% aller mit einer hyperkinetischen Störung diagnostizierten Klienten Methylphenidat zu sich nahmen, während vergleichsweise 9,5% Kontakt zu einem Psychotherapeuten hatten49.

Zu Beginn der Behandlung wird eine Dosis von 5-10mg am Tag verabreicht, diese kann bis auf maximal 60mg am Tag gesteigert werden. Das Medikament wird über den Tag verteilt in ein bis drei Tagesdosen konsumiert. Diese sollten so liegen, dass der Betroffene die „kritischen Tagesanforderungen50 wie Schule oder Hausaufgaben bewältigen kann. Die Wirkungsdauer von Ritalin liegt bei etwa vier Stunden. Damit das Medikament über den gesamten Tag wirkt, gibt es auf dem Markt retardiert wirkende Präparate, die eine langfristigere Wirkstofffreisetzung ermöglichen. Diese erreichen eine Wirkung von bis zu zwölf Stunden. Dazu gehören Ritalin LA (longacting, lange wirkend) und Ritalin SR (sustained release, Freisetzung mit konstanter Geschwindigkeit)51. Stimulanzien werden verschrieben, wenn eine Diagnose nach ICD-10 Kriterien gegeben ist, die Symptomatik ausgeprägt ist und eine psychoedukative oder psychotherapeutische Hilfe nicht umsetzbar oder innerhalb einiger Wochen nicht hilfreich war. Wenn die Symptomatik sich hauptsächlich im schulischen Bereich zeigt, können Therapiepausen, zum Beispiel in den Ferien, eingelegt werden. Wird mit Methylphenidat keine ausreichende Wirkung beobachtet, werden d-l-Amphetamine empfohlen. Falls das Medikament die erwünschte Wirkung zeigt, wird eine mehrjährige kontinuierliche Medikation empfohlen52.

Als Amphetamin-Abkömmling sorgt Ritalin dafür, dass der Benutzer wach bleibt. Gleichzeitig vermindern sich die Aufmerksamkeitsstörungen, Hyperaktivität, Impuls-Kontroll-Störungen und aggressives Verhalten53. Das Stimulans Ritalin erhöht die Verfügbarkeit von Dopamin und Noradrenalin im Gehirn und erhöht somit die Aktivität der Hirnzellen, die wie oben beschrieben, für die Hemmung von Verhalten und Konzentration zuständig sind54. Die Sinne werden geschärft und der Benutzer wird ruhig. Dabei sind die Effekte allerdings nicht nur bei ADHS-Patienten zu beobachten, sondern auch bei Menschen ohne ADHS55. Nach einer Absetzung der Medikation hält die symptomreduzierende Wirkung abgeschwächt weiter an56.

Bei 50 bis 95 % der Kinder und Jugendlichen mit ADHS ist eine Verbesserung in den Bereichen „allgemeines Verhalten“, „schulische Leistung“ und „soziale Integrationsfähigkeit“ als Folge einer Medikation zu beobachten57.

Die Menge an verschriebenem Ritalin ist seit der ursprünglichen Einführung immens gestiegen. In Deutschland bekommen knapp 7% aller elfjährigen Jungen Methylphenidat verordnet58. Aus Abbildung 2 ist zu entnehmen, dass während 1994 noch deutschlandweit 42 kg Ritalin verschrieben wurden, es 2012 schon 1839 kg waren.


Abbildung 2 Abgabe von Methylphenidat durch Apotheken in Deutschland in den Jahren von 1994 bis 2014 (in Kilogramm)59

Quelle: In Anlehnung an Bundesintitut für Arzneimittel und Medzinprodukte (2015)60, zitiert nach de.statista.com


Es ist eine mehr als 40-fache Erhöhung an Ritalinkonsum seit dessen Einführung als Medikament zu beobachten61. Das Jahr 2013 zeichnet das erste Jahr mit rückläufigem Ritalinkonsum seit 199362. Dabei ist es fraglich, ob die Anzahl der ADHS-Diagnosen gesunken ist, oder Familien auf alternative Behandlungsmethoden umgestiegen sind. In Deutschland bestehen starke Unterschiede bezüglich Methylphenidat-Behandlungen. Die Region, in der deutschlandweit am meisten ADHS-Diagnosen und folglich Ritalin-Verordnungen gestellt werden, ist Unterfranken. Bei den Jungen aus Unterfranken in der Altersgruppe zehn bis zwölf erhalten 18,8 % die Diagnose ADHS, während 13,3 % auch Ritalin verschrieben bekommen. Auch hier sind wieder starke regionale Unterschiede zu beobachten, da Unterfranken mit der Menge an verschriebenem Ritalin deutlich über dem deutschen Schnitt von 6,5 % liegt. Es wird vermutet, dass dies einer Ballung von spezialisierten Zentren und ADHS-Experten zu verdanken ist63. Auch wenn der Ritalinkonsum rückläufig ist, wird in Abbildung 3 dargestellt, dass seit 2013 eine steigende Vergabe von Lisdexamfetamin zu beobachten ist64.


Abbildung 3 - Anzahl der Verordnungen von Mehtylphenidat, Atomoxetin und Lisdexamfetamin in Deutschland in den Jahren 2006 bis 2018(in Millionen DDD65)

Quelle: In Anlehnung an Lohse und Müller-Oerlinghausen (2019)66, zitiert nach de.statista.com


Lisdexamfetamin ist ein Abkömmling des Dexamfetamins und wird Kindern ab 6 Jahren verschrieben, die nur unzureichend auf eine Behandlung mit Methylphenidat reagieren. Seit seiner Einführung im Jahr 2013 erfreut sich das Medikament an Popularität - die Anzahl der Verordnungen steigt kontinuierlich an. Neben Ritalin und Lisdexamfetamin wird Kindern und Jugendlichen zudem Atomoxetin (Strattera) verschrieben. Es hat mit gehäuften Leberschäden und Angst, Depressionen und Aggressionen67 im Vergleich zu Ritalin sehr starke Nebenwirkungen, stellt aber auch nur die zweite Wahl bei der ADHS-Behandlung dar68. Im Vergleich zu Methylphenidat und Lisdexamfetamin wird Atomoxetin relativ selten verschrieben. Eine weitere medikamentöse Behandlung stellt die Vergabe von Amphetamin, hierzulande in Form von Attentin, dar. Auf dem amerikanischen Markt findet man außerdem Adderall, ein Gemisch aus Amphetamin-Salzen69.

Erlebnispädagogik und ADHS

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