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3.3.4 Selbstentmachtung bzw. Notstand erzeugen

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Während bei den bisher beschriebenen Formen von passivem Verhalten ein Notstand die Folge sein kann, werden bei dieser Kategorie Notstände direkt herbeigeführt. Beispielsweise gibt es Chefs, die einen Notstand erzeugen, indem sie lange Zeit keine Führung übernehmen und dann plötzlich gewalttätig herumschreien. Sie tun es dann so heftig, dass andere ersatzweise deren Funktion übernehmen, weil sie fürchten, dass sonst zuviel Schaden entsteht.

Bei der Selbstentmachtung richtet sich die Gewalt nicht gegen andere, sondern gegen sich selbst.

Ein Beispiel:

Ein Mitarbeiter eines Automobilzulieferbetriebes arbeitete an der Entwicklung eines neuen Bustürensystems. Das Projekt war seiner Meinung nach mit zuwenig Mitarbeitern ausgestattet, so dass das System in unverantwortlicher Weise ungetestet auf den Markt gebracht werden müsste. Anstatt die Führungsverantwortlichen in angemessener Weise auf diesen Mangel aufmerksam zu machen, versuchte der Mitarbeiter zunächst durch unzählige Überstunden diesen Mangel auszugleichen. Als immer deutlicher wurde, dass er dadurch den Mangel nicht kompensieren konnte, ließ er sich mit einem Nervenzusammenbruch aufgrund eines Überarbeitungssyndroms in eine psychiatrische Klinik einweisen. Durch diesen Notstand wurde nun die Linie auf den Personalbestand und dessen Folgen im Projekt aufmerksam.

Diese Beispiele zeigen Haltungen und Verhaltensweisen, mit denen andere in symbiotische Beziehungen eingeladen werden. Sie werden ebenso aktiviert, wenn jemand eine symbiotische Beziehung verlassen möchte. Dabei handelt es sich nicht um böswilliges, absichtliches Verhalten. Es sind Mechanismen, die Menschen, aus welchen Gründen auch immer, mobilisieren, um sich einer tatsächlichen oder vermeintlichen Verantwortung zu entziehen – auch irrtümlicherweise. Dabei treten Menschen häufig in solche Beziehungslogiken ein, obwohl sie selbst unter dem Aktualisierungs- oder Entwicklungsmangel leiden.

In der Psychologie naher Beziehungen stellt man sich vor, dass die Angehörigen aus Liebe, Loyalität oder Abhängigkeit von einer Schicksalsgemeinschaft in die Ersatzverantwortung treten. Sie haben nicht so leicht die Wahl, es einfach zu lassen und den anderen die Folgen des eigenen Handelns tragen zu lassen.

Im Gegensatz zu Familienbeziehungen können außerfamiliäre Beziehungen jedoch aufgelöst werden. Im Arbeitsleben gibt es letztendlich immer die Möglichkeit, Beziehungen durch Kündigung von Verträgen zu beenden. Dies hat allerdings einen Preis und es ist günstig, wenn man schon bei der Vertragsgestaltung darauf geachtet hat, dass man diesen Preis bezahlen kann.

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