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4.4 Dilemmadynamik beim Umgang mit Zwickmühlen-Konstellationen

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Wir können Menschen mit Zwickmühlen in unterschiedlichen Phasen antreffen: vorwiegend kämpfend, vorwiegend resignierend oder beides abwechselnd, verzweifelt oder ohne Kontakt zu dem Anliegen, für das nur ein Zwickmühlenmuster zur Verfügung steht (Leugnung).

Für manche Klienten sind Zwickmühlen nur in einzelnen Lebensbereichen von Bedeutung. Andere sind von Zwickmühlen-Erleben und -Verhalten geprägt.

Wird in der therapeutischen Arbeit die Zwickmühle geleugnet, bestimmt sie aber die Dynamik der Transaktionen, dann bietet der Klient ein Problem oder ein Verhalten, das spürbar nicht das gegenwärtig bedeutsame ist. Dann befindet sich der Therapeut in dem Dilemma, entweder mit dem Angebotenen zu arbeiten, wobei der Klient und er selbst möglicherweise unbefriedigt bleiben; oder er forscht nach der Zwickmühlen-Dynamik mit der Gefahr, dass der Klient sich im Vorgebrachten unverstanden fühlt oder die Idee pflegt, ihm solle ein Problem zugeschoben, er solle um seinen Schutz vor Verzweiflung gebracht werden.

Zeigt sich der Klient verzweifelt, resigniert oder kämpfend, so stellt dies häufig eine Reaktion auf die innerlich erlebte Zwickmühle dar. Wir haben es dann oft mit einem vielschichtig verknoteten Zwickmühlen-Bündel zu tun. Die äußerste Schicht dieses Bündels kann darin bestehen, dass der Klient die Erfahrung sucht, in unlösbaren Situationen Hilfe von außen zu erhalten, wobei »die draußen« wissen sollen, worin das Problem besteht und wie es zu lösen ist. Es werden Reaktionen der Umwelt gesucht, die Befreiung von Verzweiflung, Resignation und Kämpfen bringen können. Doch kann dies nicht geschehen, ohne einige der oben beschriebenen Verwechslungen richtig zu stellen. Dies erfordert zuerst Einsicht und Veränderung beim Klienten, ohne die der Therapeut kaum klären oder eingreifen kann. Dem Therapeuten sind die Hände gebunden, da der Klient, obwohl er sich als Opfer erlebt, selbst alle Verknüpfungen der Fäden zu einer Zwickmühle kontrolliert.

Geht der Therapeut mit dem Bezugssystem, ist er selbst gefangen, und der Klient bestätigt sich, dass andere ihm zwar beistehen, aber nicht wirksam helfen können. Distanziert sich der Therapeut hilflos oder ärgerlich, ohne die Zwickmühle erfolgreich zu re-definieren (Fehler im Bezugsrahmen und wirkliche Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen), fühlt sich der Klient allein gelassen und obendrein noch wegen seiner Probleme beschuldigt. Teilt ihm der Therapeut mit, dass er aus seinem Bezugsrahmen nicht erkennen kann, worin das Problem besteht oder warum es unlösbar ist, fühlt sich der Klient unverstanden. Hört er, ihm sei so, wie er sich einbringt, nicht zu helfen, fühlt er sich verurteilt, in der Zwickmühle zu bleiben.

Eine andere Schwierigkeit besteht darin, dass der Klient einen Ausweg sucht, der unmittelbar zu einer Lösung und gutem Beenden führt. Genau dies ist meist unmöglich. Wie schon oben angesprochen führt der Weg aus der Zwickmühle oft über das Spüren von Verzweiflung und Erschöpfung, über das Anerkennen alter Verluste oder das Realisieren von einem unvermeidlichen Verlust heute, über die Einsicht, dass man lange gelitten hat, ohne dafür Wiedergutmachung oder Genugtuung zu erlangen. Oft kann eine real inszenierte Zwickmühle auch gar nicht so leicht verlassen werden, sodass ein vorläufiges Ausharren notwendig ist, was auch dann unangenehm sein kann, wenn man die Situation nicht mehr als unvermeidliche Zwickmühle erlebt.

Der Klient tauscht also vertraute unlösbare Schwierigkeiten gegen neue lösbare, aber ungewohnte Fragestellungen, wobei er zum Teil in seinem Selbsterlebnis erheblich verunsichert wird. Auch sind einige Erlebens- und Verhaltensweisen neu zu lernen, und die damit verbundene Unsicherheit muss ertragen werden.

Im Kern dieses Zwickmühlen-Bündels sind dann einige unlösbare oder auch nur schwierige Situationen im kindlichen Erleben zu finden, die erst jetzt inhaltlich näher definiert und bearbeitet werden können, nachdem der schwierigste Teil der Arbeit, das Verlassen des Dilemmazirkels getan ist. Oft sind diese Schwierigkeiten unter Zuhilfenahme des Erwachsenen-Bewusstseins relativ leicht zu lösen. Die allgemeine Zwickmühlen-Problematik war oft zum größeren Problem worden.

Systemisches Coaching

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