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III. Forschung mit Leichen und Leichenteilen

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Mitunter kontroverse Diskussionen werden in Bezug auf die Forschung mit Leichen und Leichenteilen geführt. Hierbei ist der jeweilige Kulturkreis maßgeblich, wenn es um die Einhaltung der Pietätsgrenzen geht.[321] Besonders kritisch wird beispielsweise der Einsatz von Leichen bei sog. Crash-Tests gesehen, im Rahmen derer die bei Unfällen auf den Körper einwirkenden Kräfte analysiert werden. Daneben werden an Leichen etwa auch neue operative Techniken erprobt, Schussversuche im rechtsmedizinischen Forschungsinteresse durchgeführt oder biomechanische Tests zur Erprobung von Medizinprodukten (z.B. Schrauben oder Klammern) durchgeführt.[322] Ein derartiges Vorgehen wird als unerlässlich angesehen, da artifizielle Ersatzmethoden keine befriedigenden Ergebnisse zu generieren vermögen;[323] die rechtliche und medizinethische Bewertung ist gleichwohl umstritten.[324]

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Die Regelung des Sektions- und des Leichenschauwesens, des Bestattungs- und des Friedhofswesens fällt gemäß Art. 70 Abs. 1 GG in die Gesetzgebungskompetenz der Länder.[325] Dementsprechend existieren divergierende landesrechtliche Regelungen in Bezug auf Sektionen und anderweitige Leichenversuche zu Forschungszwecken. Darüber hinaus finden sich allgemeine Vorschriften zum Umgang mit Leichen auch in bundesgesetzlichen Vorschriften des Straf- und Strafprozessrechts, des Transplantationsgesetzes, des Infektionsschutzgesetzes sowie des Personenstandsgesetzes; hinzu kommen Regelungen im Berufsrecht der Ärzte, Leitlinien und Empfehlungen. Zur Forschung an Leichen und Leichenteilen schweigen die meisten Regelwerke indes.

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Grundsätzlich unproblematisch sind Forschungsmaßnahmen an Leichen dann, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten explizit in die postmortale Verwendung zu Forschungszwecken eingewilligt hat.[326] Möglich ist auch eine Zustimmung durch die totensorgeberechtigten Angehörigen; bei einem Konflikt zwischen deren Willen und dem zu Lebzeiten artikulierten Willen des Verstorbenen kommt allerdings letzterem der Vorrang zu.[327] Voraussetzung für die Durchführung von Forschungseingriffen ist der Abschluss eines Probandenvertrags; die Zulässigkeit entsprechender Eingriffe ergibt sich nicht bereits aus der in den AVB der Krankenhäuser enthaltenen Sektionsklausel oder aus einem strafprozessualen Sektionsauftrag gemäß § 87 StPO.[328]

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Bei eigenmächtig – d.h. ohne wirksame Zustimmung des Berechtigten – durchgeführten Sektionen zu Forschungszwecken kommt eine Strafbarkeit wegen Sachbeschädigung (§ 303 StGB) oder Störung der Totenruhe (§ 168 StGB) in Betracht; darüber hinaus kann auch der nach § 203 Abs. 5 StGB über den Tod eines Patienten hinausgehende strafrechtliche Schutz der ärztlichen Schweigepflicht betroffen sein.[329]

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