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3. Grundsätzliche Zulässigkeit von Leichenversuchen?
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Wie bereits dargelegt, sind die Voraussetzungen und Grenzen der Forschung mit Leichen und Leichenteilen gesetzlich nur unzureichend geregelt; die landesrechtlichen Vorschriften zum Leichen-, Friedhofs- und Bestattungswesen weisen insofern eine sehr unterschiedliche Regelungsdichte auf. In Hamburg und in Mecklenburg-Vorpommern existieren explizite Regelungen zu Experimenten mit Leichen; andere Landesgesetze regeln ausschließlich die Sektion, die indes nicht die hier in Rede stehenden Versuchskonstellationen erfasst.[343] Nach § 10 Abs. 5 S. 1 HmbBestattG dürfen Leichen wissenschaftlichen Zwecken nur zugeführt werden, wenn eine schriftliche Zustimmung des Verstorbenen vorliegt und die Voraussetzungen für eine Erd- und Feuerbestattung vorliegen (ähnlich § 5 Abs. 3 BestattG MV). Fehlgeburten und Ungeborene dürfen nach § 30 Abs. 4 S. 2 BestattG BW nur nach vorheriger Zustimmung beider Elternteile wissenschaftlichen Zwecken zugeführt werden. Verstöße hiergegen können gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 14 BestattG BW als Ordnungswidrigkeit geahndet werden; den übrigen erwähnten Zustimmungserfordernissen kommt hingegen lediglich eine appellative Ordnungsfunktion zu.[344] Ein zu Lebzeiten getroffener, entgeltlicher Vertrag mit dem Inhalt, dem anatomischen Institut oder einem Forschungsunternehmen das Totensorgerecht zu übertragen, wird unter der Prämisse als zulässig angesehen, dass die schuldrechtliche Vereinbarung keine uneingeschränkte Bindungswirkung entfaltet und der sich zur Überlassung Verpflichtende im Falle des Widerrufs keine Inanspruchnahme wegen Vertragsverletzung zu gewärtigen hat. Für den Vertragspartner birgt dies allerdings das Risiko, dass der Vertrag nach dem Tod nicht durchgeführt und auch eine unter Umständen bereits gezahlte Vertragssumme möglicherweise nicht bei den Erben beigetrieben werden kann.[345] Abschließend bleibt festzuhalten, dass eine weniger fragmentarische Regelung in Bezug auf die Forschung mit Leichen(teilen) wünschenswert wäre.[346]